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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann
Autoren: Michaela Thewes
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trockenen Serviette ab.
    Kai kam näher und näher. Mist, langsam wurde es eng. Gerade machte er sich mit Verena bekannt. Hoffentlich gab sie ihm außer einem warmen Händedruck ein paar Magen-Darm-Viren als kleines Willkommensgeschenk mit auf den Weg.
    Dann stand Kai mir plötzlich gegenüber.
    »Melina Müller«, knurrte ich, weil mir nichts Besseres einfiel, was ich sonst hätte sagen können.
    Na bitte, ging doch. Meine Stimme hatte weder piepsig noch zitterig geklungen. Dass meine Knie die Konsistenz von Wackelpudding angenommen hatten, brauchte ich ja niemandem zu verraten. Nur widerwillig nahm ich die Hand, die Kai mir entgegenstreckte, und drückte sie fester, als notwendig gewesen wäre. Dabei zwang ich mich, ihm in die Augen zu schauen.
    »Ach, Sie sind die Dame, mit der ich mich duellieren muss.« Kai tat, als würde er blitzschnell eine Pistole ziehen, pustete in Cowboymanier kurz in den Lauf und steckte die Waffe schließlich fröhlich grinsend in das imaginäre Halfter zurück. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Wie, das war’s schon?!? Mit allem hatte ich gerechnet, aber ganz bestimmt nicht damit, dass er mich wie eine Fremde behandeln würde.
    »Freuen Sie sich mal lieber nicht zu früh«, erwiderte ich kühl.
    In Kais Gesicht suchte ich nach einem Zeichen des Erkennens. Doch Fehlanzeige! Kein Blick und keine Regung deuteten darauf hin, dass wir uns schon mal über den Weg gelaufen waren. Von weitaus persönlicheren Dingen ganz zu schweigen …
    Einerseits war ich unglaublich erleichtert, dass Kai sich nicht an mich zu erinnern schien. Gleichzeitig machte es mich aber auch wütend. Das sah diesem ignoranten Mistkerl ähnlich! In Kais Welt gab es nur Platz für drei Personen: Kai, Kai und nochmals Kai. Ich hingegen hätte Kai selbst aus einem Kilometer Entfernung wiedererkannt. Er hatte sich in den vergangenen dreizehn Jahren kaum verändert. Die dunklen Haare trug er ein wenig kürzer als früher. Auch der Dreitagebart war der Karriere und dem Rasierapparat zum Opfer gefallen. Obwohl sein Gesicht zumindest von Weitem so weich und glatt wie ein Babypopo aussah, wirkte er männlicher, als ich ihn in Erinnerung hatte. Daran konnte auch sein spitzbubenhaftes Grinsen nichts ändern, das er wie eine Taschenlampe auf Knopfdruck an- und ausknipste. Gerade bedachte er damit Isabell, die sich sogleich revanchierte, indem sie ihm freundlich lächelnd einen Stuhl anbot.
    Bevor Kai sich setzte, drehte er sich noch einmal zu mir: »Ich kann mir nicht helfen, aber ich könnte schwören, dass wir uns schon mal irgendwo begegnet sind.«
    »Und ich könnte schwören, diesen Spruch schon mal irgendwo gehört zu haben. Von einem Marketingprofi wie Ihnen hätte ich eigentlich etwas Originelleres erwartet.«
    Ups, das war mir einfach so herausgerutscht. Gar nicht mal schlecht – ein Jammer, dass uns niemand zuhörte. Ich gratulierte mir innerlich zu dieser schlagfertigen Erwiderung, denn eigentlich hatte ich befürchtet, dass meine Zunge in Totenstarre verfallen würde, sobald ich Kai gegenüberstand.
    »Um Gottes willen, das sollte keine plumpe Anmache sein. Ich meine es ernst. Sie kommen mir irgendwie bekannt vor.«
    Ich tat, als würde ich angestrengt überlegen. »Waren Sie vielleicht der Kerl, der mir vor ein paar Tagen bei Aldi die letzte Tüte Milch vor der Nase weggeschnappt hat? Nein? Dann muss ich leider passen.«
    »Kai wird offiziell erst morgen seine Arbeit hier im Hotel aufnehmen«, verschaffte Ilka sich in das allgemeine Geschnatter hinein wieder Gehör. »Damit Sie ihn vorher schon mal ein wenig kennenlernen und sich gegenseitig beschnuppern können, hat er sich netterweise bereit erklärt, heute an diesem Meeting teilzunehmen.«
    Welch noble Geste! Wirklich überaus selbstlos, seine kostbare Freizeit zu opfern! Wo er doch sicher so viel Besseres zu tun hatte – ein paar leichtgläubige Frauen verarschen zum Beispiel. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er ruhig daheimbleiben können oder besser noch: da, wo der Pfeffer wächst! Ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, mich mit Kai Hoffmann zu befassen. Und schon gar nicht, ihn zu beschnuppern! Ich wusste auch so, dass ich den Kerl nicht riechen konnte. Allein der Duft seines penetranten Rasierwassers hatte bei mir akuten Brechreiz ausgelöst. Oder waren das womöglich die ersten Anzeichen einer Magen-Darm-Grippe?
    Ilka ließ mir keine Zeit, mich weiter mit meinem Gesundheitszustand zu befassen. Stattdessen holte sie bereits zum nächsten
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