Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park
Autoren: Lauren Willig
Vom Netzwerk:
aus. Es ist die Hitze, nicht? Ja, am Anfang ist man nicht auf sie vorbereitet.»
    Bea war offensichtlich bestens vorbereitet; sie wirkte kühl und frisch. Aber sie trug ja auch keinen Koffer, der in den letzten zehn Minuten immer schwerer geworden war. Und sie hatte auch nicht die vergangenen vierundzwanzig Stunden in einem stickigen Eisenbahnabteil verbracht.
    «Keine Sorge, Liebes», sagte sie, «wir sind gleich beim Wagen. Oh, schau. Da ist Alice de Janzé.» Lässig winkte Bea einer Frau zu, die mit der elegantesten Pariserin hätte konkurrieren können. «Amerikanerin, mit einem Franzosen verheiratet. Ich frage mich, was sie in Nairobi zu tun hat. Gewöhnlich ist sie drüben in Slains.»
    Das gesellschaftliche Gerede ging Addie auf die Nerven. Als wären sie zurück in London, in dem Jahr, als sie in die Gesellschaft eingeführt wurden, Bea ständig von Leuten umgeben war und Tag für Tag mühelos neue Freundschaften knüpfte. Was war aus dem ‹ruhigen Leben auf unserer kleinen Farm› geworden?
    Addie fragte atemlos: «Wo sind denn deine kleinen Töchter?»
    Bea ging schneller. Addie musste praktisch laufen, um mitzuhalten. «Auf der Farm. Da sind sie glücklich. Wie Dodo mit ihren Ställen. Na ja, jeder nach seiner Fasson.»
    Addie spürte die Gereiztheit eines schwelenden Streits, der mit ihr nichts zu tun hatte. Unsicher, wie sie darauf reagieren sollte, sagte sie nur: «Dodo schickt dir liebe Grüße.»
    Dodo war Beas ältere Schwester, die Einzige des Clans, die offiziell noch mit ihr redete. Allerdings machte es bei Dodo kaum einen Unterschied, ob sie redete oder nicht, weil ihr einziges Thema ihre Pferde waren. Sie kam einmal im Monat nach London, wohnte stets im Ritz, wo ihr ramponierter Reiterlook sich kurios von den Schneiderkostümen und Pariser Modellkleidern der anderen Frauen abhob. Das war vielleicht das Sympathischste an Dodo, sie verstellte sich nie.
    «Bares wäre mir lieber gewesen», sagte Bea flapsig. «Du hast keine Ahnung, was der Betrieb einer Kaffeefarm an Geld verschlingt. Nicht den blassesten Schimmer. Die ersten vier Jahre keine Erträge, und dann hängt alles vom Markt ab. Es ist zum Verrücktwerden.»
    «Ist Frederick auf der Farm?» Kein Grund, sich zu sorgen, dass ihr Ton etwas verraten könnte, denn sie konnte ohnehin nur in keuchenden Stößen sprechen.
    Bea bemerkte es und bremste barmherzig ihr Tempo. «Nein, er ist beim Wagen. Er wollte eigentlich mit an den Bahnsteig, aber Dee ist ihm dazwischengekommen.»
    «Dee?» Addies Phantasie zeigte ihr einen Vamp mit langen, blutroten Fingernägeln.
    «Lord Delamere. Ein grässlicher alter Langweiler.»
    Addie lachte kurzatmig. «Keiner von den Gesegneten?»
    So hatten sie in Kindertagen Leute bezeichnet, die sie mochten, ein Ausdruck aus ihrer Geheimsprache. Er lag ihr rostig und spröde auf der Zunge.
    Impulsiv drehte sich Bea um und umarmte sie so stürmisch, dass sie beinahe den Boden unter den Füßen verloren hätte. Staub und Schweiß gingen in einer Wolke teuren französischen Parfüms unter. «Ach, hast du mir gefehlt! Hast du Hunger?»
    Addie kam schwankend wieder ins Gleichgewicht und stellte mit einem Aufprall ihren Koffer ab. Ja, sie war hungrig, hungrig und ein wenig benommen von der Hitze und der Sonne.
    «Sie haben uns in Makindu etwas serviert.» Es hatte ein englisches Frühstück mit Eiern und Porridge geben, das sich einigermaßen bizarr ausgenommen hatte vor dieser Kulisse fremdartiger gestreifter Tiere, die in der Ferne grasten. Mit gekrauster Nase versuchte Addie, sich zu erinnern, wie lange das her war. Es kam ihr schon jetzt vor, als wäre es in einem anderen Leben gewesen. «Aber das war vor, ach, es müssen Stunden sein. In aller Frühe.»
    «Keine Sorge, du bekommst etwas zu essen, sobald wir dich aus diesem grässlichen Kleid heraushaben.»
    Addie fühlte sich augenblicklich angegriffen. «Was ist so grässlich daran? Wenn es gewaschen und gebügelt ist?»
    Bea musterte sie mit dem Blick der Expertin. «Nein, meine Liebe, wirklich nicht.»
    Addie sah sich plötzlich mit Beas Augen: zerknautscht und zerknittert, in einem Fähnchen von der Stange, das höher hinaus gewollt, es aber nicht geschafft hatte. Bea hatte sich immer durch eine mondäne Eleganz ausgezeichnet, die sie ohne jede Anstrengung erzielte. Und so war es immer noch. Sie schaffte es, in einer simplen Herrenhose auszusehen wie in einem Abendkleid von Worth. Addie zweifelte keinen Moment, dass sich dieses erbärmliche kleine Reisekostüm an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher