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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht
Autoren: Kai Meyer
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frisiert war. Auch Zoes Make-up war mit einiger Raffinesse aufgetragen, sehr dezent, aber wirkungsvoll. Nicht mal ein Hauch von Schweiß war auf ihrer Stirn und ihren Wangen zu sehen, trotz der Hitze.
    Rosa selbst hatte das Gefühl, in einer Pfütze zu stehen, so sehr schwitzte sie. »Du bist dünn geworden«, stellte sie fest. Mager wäre das richtige Wort gewesen.
    »Das sagst ausgerechnet du?« Zoe lächelte und blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Rosa hatte den Eindruck, dass sie das nur tat, um ihre hohlen Wangen zu füllen. Aber es gab anderes zu bereden. Den Flug, den Jetlag, den kaputten Koffer.
    Zoe hatte ihrer Mutter schon immer sehr ähnlich gesehen und nun als Zwanzigjährige bestätigte sich die Vermutung, dass Gemma Alcantara – oder Gemma Farnham, wie sie sich heute wieder nannte – eine Doppelgängerin zur Welt gebracht hatte. Bei Rosa war die Ähnlichkeit längst nicht so ausgeprägt wie bei ihrer Schwester. Keine der beiden war besonders stolz darauf und als Kinder hatten sie sich oft gewünscht, dass der väterliche Anteil, das Italienische, stärker durchgeschlagen wäre. Wie sie überhaupt ihre Wurzeln im fernen Sizilien gern und immer wieder heraufbeschworen hatten, in Träumereien von eigenen Pferden und Ausritten zwischen Palmen und Kakteen, prachtvollen Festen in marmornen Ballsälen und Ausflügen auf Segeljachten.
    Im Parkhaus führte Zoe sie zu einem gelben Nissan, den ein Aufkleber an der Heckscheibe als Mietwagen kennzeichnete. Rosa war zu geschafft, um sich darüber zu wundern. Sie warf ihre Reisetasche auf die Rückbank, ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und streckte ihre Beine aus, so gut es eben ging.
    Ein Mann in einer scheußlichen Schlangenlederjacke zog einen Koffer an ihnen vorbei und verschwand zwischen den geparkten Fahrzeugen. Als Rosa ihm amüsiert nachblickte, schüttelte Zoe den Kopf und sagte leise: »Wahre Schlangen tragen ihre Schuppenhaut nach innen.«
    Ein paar Minuten später rasten sie auf der Autobahn nach Süden. Links von ihnen erhoben sich schroffe Felsen und Weinberge, rechts schimmerte hinter dem flachen Ufer das Tyrrhenische Meer. Zwischen den Leitplanken auf dem Mittelstreifen wucherte Oleander. Es war früher Nachmittag, die Sonnebrannte steil vom klaren Himmel herab und die fehlenden Schatten raubten dem Land alle Konturen. Palmen und haushohes Schilf rauschten hinter den Scheiben vorüber, flossen verschwommen ineinander.
    Zoe redete unablässig davon, wie gut es ihr hier gefiel, aber schon bald nickte Rosa ein. Sie träumte, dass sie verfolgt wurden und Zoe mit waghalsigen Überholmanövern versuchte den anderen Wagen abzuhängen. Als sie erwachte, vielleicht nur ein paar Minuten später, fuhr der Nissan auf der linken Spur. Zoe wirkte noch immer gelöst und glücklich über ihr Wiedersehen.
    »Hier«, sagte sie, als sie bemerkte, dass Rosa aufgewacht war, »das ist für dich.« Sie reichte ihr eine kleine Schachtel mit einer Schleife. Darin lag ein vergoldetes Handy. In die Tasten waren winzige Edelsteine eingelassen.
    »Dein altes kannst du hier nicht benutzen«, erklärte Zoe. »Andere Frequenzen als in den Staaten. Und dass du nur ja angemessen beeindruckt bist – ich hab es selbst für dich ausgesucht.«
    »Und so stilsicher.« Erst als Rosa das sagte, wurde ihr klar, dass Zoe es ernst meinte: Sie fand dieses Ding tatsächlich schön. Mit einem Anflug von Reue beugte sie sich zu ihrer Schwester hinüber und küsste sie auf die Wange. »Danke. Lieb von dir.«  
    Sie nahm das Handy aus der Schachtel, schaltete es ein und entdeckte, dass Zoe ein Foto ihres toten Vaters als Hintergrundbild gespeichert hatte. Er war ein attraktiver Mann gewesen, schwarzhaarig, sehr südländisch.
    »Danke«, wiederholte sie.
    »Da ist noch was drin«, sagte Zoe.
    Rosa schob das Handy in ihre Jackentasche und fand am Boden der Schachtel einen Personalausweis und einen Führerschein. Beide waren auf ihren Namen ausgestellt. Als sie Zoe mit erhobener Braue einen Seitenblick zuwarf, lächelte ihre Schwester. »Das Geburtsdatum«, sagte sie.
    Einunddreißigster Januar, das stimmte. Nur das Jahr war falsch. Beide Dokumente machten sie ein Jahr älter. Damit war sie volljährig.
    »Das haben hier alle«, sagte Zoe lachend. »Ist nichts Besonderes. Auto fahren kannst du doch, oder?«
    Rosa hatte ihren Führerschein kurz nach Zoes Abreise gemacht, mit sechzehn, wie es üblich war in Amerika. »Ich kann auch Autos klauen.«
    »Das überlassen wir hier
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