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Aristoteles: Grundwissen Philosophie

Aristoteles: Grundwissen Philosophie

Titel: Aristoteles: Grundwissen Philosophie
Autoren: Wolfgang Detel
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gleichlautende Wörter nicht als bedeutungsgleich und bedeutungsgleiche Wörter nicht als notwendig gleichlautend ansehen. Damit macht Aristoteles klar, dass wir in dialektischen Gesprächen sorgfältige Bedeutungsanalysen voraussetzen müssen, weil für gute Schlüsse semantische Konsistenz unabdingbar ist, wie bereits Sokrates in Platons Dialogen demonstriert hatte.
    Nun kann eine dialektische Argumentation (a) von Prämissen ausgehen, denen die jeweiligen konkreten Gesprächspartner zustimmen, oder (b) von Prämissen, die zusätzlich auch von allen oder den meisten Menschen oder doch zumindest von allen oder den meisten Weisen als zutreffend angesehen werden (Top. I 1, 100a–b). Der Fall (b) stellt eine weitaus schärfere Bedingung für die Akzeptanz einer Prämisse dar. Wir können [12] daher von zwei Formen der Dialektik sprechen, einer
Dialektik ad hominem
(a) und einer
allgemeinen Dialektik
(b).
    Wer die Technik der dialektischen Diskussion lernen will, muss nach Aristoteles auch ein metaphysisches Basiswissen haben, das für die Bestimmung der logischen Örter relevant ist. So bestimmt er beispielsweise (Top. I 4–5):
    Jeder prädikative Satz der Form »A ist B« oder, invers formuliert, »Das B kommt dem A zu« hat eine von vier möglichen Formen: (a) B ist Definiens von A; (b) B ist Gattung oder spezifische Differenz von A; (c) B ist Proprium von A; (d) B ist Akzidenz von A. Diese Formen werden genauer bestimmt: B ist Definiens von A, wenn B das A identifiziert (z. B. »vernünftiges Lebewesen« für »Mensch«). B ist Gattung von A, wenn B dem A notwendigerweise zukommt; und A ist spezifische Differenz von B, wenn A der engste Unterbegriff ist, der zusammen mit der Gattung von B das Definiens von B bildet (z. B. »Lebewesen« ist Gattung von »Mensch«, und »vernünftig« ist spezifische Differenz von »Mensch«, wenn »Mensch« sich durch »vernünftiges Lebewesen« definieren lässt). B ist Proprium von A, wenn B zwar nicht essenziell ist für A, wenn aber B stets allen und nur den As zukommt (z. B. »fähig zu lachen« für Menschen). B ist Akzidenz von A, wenn B den As zukommen oder auch nicht zukommen kann, also eine kontingente Eigenschaft der As ist (z. B. »musikalisch« für Menschen). 3 Jetzt können wir uns einige Beispiele für logische Örter ansehen 4 :
    (a) Behauptet der Proponent »A ist B« in der Weise, dass B Akzidenz von A ist, dann kann der Opponent versuchen zu zeigen, dass B Proprium oder Gattung oder spezifische Differenz von A ist (und umgekehrt). Das kann u.a. so geschehen: Ist B Akzidenz von A, so auch C, wenn C Gegensatz von B ist; der Opponent könnte also zu zeigen versuchen, dass ein Gegensatz von B etwa Gattung eines Dinges ist (Top. II 2, 109b–110a).
    (b) Behauptet der Proponent »A ist B« in der Weise, dass B Gattung von A ist, so kann der Opponent nachzuweisen [13] suchen, dass es As gibt, die nicht B sind, denn wenn B Gattung von A ist, kommt B allen As zu (Top. II 3, 110a).
    (c) Man darf nicht Gattung und Differenz verwechseln. Wer z. B. behauptet, das Staunen sei ein Übermaß an Verwunderung, setzt sich dem Einwand aus, dass Staunen nicht eine Art von Übermaß, sondern eine Art von Verwunderung ist – nämlich eine übermäßige Verwunderung. Man sollte auch nicht Gattung und Materie von Dingen verwechseln. Wer z. B. sagt, Wind sei bewegte Luft, liegt falsch, denn Luft ist nicht Gattung, sondern materieller Träger von Wind – Wind ist eine Bewegung der Luft (Top. IV 1, 121a).
    (d) Behauptet der Proponent »A ist B« in der Weise, dass B Proprium von A ist, dann kann der Opponent zu zeigen versuchen, dass es As gibt, die nicht B sind, oder dass es Bs gibt, die nicht A sind (Top. II 4, 111b).
    Oft stellen Proponenten oder Opponenten in ihren Diskussionen Definitionen auf. Aristoteles macht daher in der
Topik
auch einige allgemeine Bemerkungen zu angemessenen Definitionen, die aus Gattung und spezifischer Differenz bestehen (Top. I 8, 103b) und natürlich ebenfalls als logische Örter verwendet werden können; auch diese Bemerkungen setzen Einsichten der frühen essenzialistischen Metaphysik voraus (Top. VI 1–2):
    (i) Eine Definition ist angemessen, wenn ihr Definiens (a) deutlich ist, (b) keine überflüssigen Zusätze enthält, (c) Proprium für das Definiendum ist, (d) die Essenz des Definiendums angibt, (e) zur Erkenntnis des Definiendums beiträgt, (f) nicht zirkulär ist, (g) mindestens Gattung und spezifische Differenz angibt.
    (ii) In (i) ist (d) –
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