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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove
Autoren: Nola Nesbit
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überhaupt noch etwas von den Menschen übrig war, grenzte an ein Wunder. Die Todesursache war noch unklar – man hatte hohe Konzentrationen von Umweltgiften in den körperlichen Überresten gefunden.
    Umweltverschmutzung. Das Übel unserer Zeit. Ich kannte niemanden mehr, der ohne Filter duschte. Filter, die Einfachlösung für die Probleme unserer Zeit. Wir duschten durch Filter, wir pinkelten hinein. Jeder Tropfen Wasser wurde gespart und wiederverwendet. Baden – ein Luxus für die oberen Zehntausend. Todesfälle durch Ertrinken hatten sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht. Niemand würde heute noch freiwillig in einem offenen Gewässer schwimmen. In den letzten zwanzig Jahren des neuen Jahrtausends waren mehr Menschen beim Schwimmen in Flüssen und Seen gestorben als bei Verkehrsunfällen. Das behauptete zumindest die Statistik. Man musste weit reisen, um noch saubere Küsten anzutreffen, und die Urlaubsanbieter ließen sich das gut bezahlen.
    Der 18. Dezember 2018 hatte sich in das kollektive Gedächtnis eingeprägt wie die Terroranschläge vom 11. September 2001. Der Tag, an dem Mutter Erde nach Ansicht der Verschwörungstheoretiker zurückgeschlagen hatte. Erdbeben im Atlantik und Pazifik hatten Tsunamis ausgelöst. An Weihnachten hatten alle das Ausmaß der Jahrhundertkatastrophe verstanden: Die seit Jahren in den Ozeanen dümpelnden Dreckwolken aus Müll, Dioxinen und Kunststoffen – jede für sich so groß wie Australien – waren in ihren feinen Einzelteilen über die Küsten und Meere verteilt worden. Auch die gigantische chemische Industrie von Tokio war damals binnen Minuten vom Meer verschluckt worden. Ihre Gifte und die anderer zerstörter Chemie-Großanlagen an den Küsten verteilten Ebbe und Flut noch heute über den gesamten Planeten.
    Die Klimakatastrophe, die durch den Treibhauseffekt und die Gletscher- und Polareisschmelze vorangetrieben wurde, hatte allein schon gereicht, um die Nationen dieser Welt in große Schwierigkeiten zu stürzen: Die rapide wachsende Weltbevölkerung hatte immer weniger Trinkwasser zur Verfügung. In Südamerika gaben die Andengletscher kein Wasser mehr her – die Kraftwerke produzierten als Folge davon weniger Strom. Der Himalaja konnte mit seinen schwindenden Gletscherseen immer weniger Chinesen versorgen. Die Permafrostböden in Russland waren abgeschmolzen. Anstieg des Wasserpegels in den Küstenregionen, Dürre und Versandung im Landesinneren aller Kontinente. Und während all dies unter den Augen der Weltbevölkerung und der Regierungen dieser Welt geschah, hatten die USA sich weiterhin stur geweigert, verbindliche Treibhausgas-Richtlinien zu unterzeichnen.
    Trinkwasser verdiente seit Jahren den Namen nicht mehr. Nur Wasser in versiegelten Flaschen zertifizierter Firmen war noch sicher. PET-Regen, überall da, wo die Luft am meisten verschmutzt war. Die Schwermetalle, Weichmacher und Hormone wanderten über die kranken Bäume ins Grundwasser, und die Zuflüsse versauten die großen Gewässer. Dann begann der Kreislauf von Neuem. Die Kosten für die Aufbereitung verschmutzten Wassers überstiegen mittlerweile locker jeden Rüstungsetat.
    Ich bedankte mich für meinen Kaffee und überlegte, ob er vor meiner Geburt wohl anders geschmeckt hatte. Während ich in mein Croissant biss, öffnete sich die Tür ein weiteres Mal. Drei Personen betraten den Raum. Es war, als hätten sie einen ganzen Schwung kalte Morgenluft mit hereingebracht. Sie grüßten kurz und gingen direkt auf einen der zwei Tische zu. Einer der drei setzte sich mit dem Rücken zur Wand, die anderen nahmen gegenüber Platz.
    Mein Blick hatte sich an dem Kleinen festgesaugt, der mit dem Rücken zur Wand saß. Gerade lachte er leise über etwas, das sein Gegenüber gesagt hatte. Mann, der Typ war riesig: mindestens ein Meter fünfundneunzig! Ich hätte neben ihm ausgesehen wie ein Schulkind. Er hatte dunkle, kurze Haare und einen großen Mund. Dunkle Augen. Hundeaugen. Die Nase war griechisch gebogen. Eine schöne Nase. Eine Hand des Riesen lag auf seinem Oberschenkel. Demnach hätte der Mann Möbelpacker sein können. Bestimmt konnte er rohe Kartoffeln in seiner Hand zerquetschen ... oder Walnüsse einhändig knacken. Das karierte Hemd spannte an seinen Oberarmen. Trotzdem fand ich ihn wohlproportioniert; er war kein aufgeblasener Bodybuilder. Aber kein Fall für mich. Ich stand nicht auf griechische Götter. Mein Blick schweifte zu dem Mann, der den beiden anderen gegenübersaß. Seine
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