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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove
Autoren: Nola Nesbit
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Journalistin war Sandy Hills für mich eine annehmbar gute Station zwischen all den größeren Städten in der Region, an deren Online-Magazine ich meine gelegentlichen Artikel und Interviews verkaufte. Außerdem bot es großen Abstand zu meiner Familie. Mom und Dad wohnten immer noch am Stadtrand von Las Vegas. Wir telefonierten meistens sonntags und beschränkten uns auf ein bis zwei Besuche pro Jahr. Meinen Bruder Neal hatte ich seit Jahren nicht gesehen. Bis dato sah ich keinen Grund, das zu ändern.
    Während ich Hose und Shirt auszog und unter den tröpfelnden Strahl der Filterdusche stieg, stellte ich fest, dass meine Vorstellung von Ethan Waterman wenig schmeichelhaft war. Auf den zwei Bildern, an die ich mich unscharf erinnerte, sah er ernst aus. Zu chic, zu jung, zu reich, zu schlau. Aber was wusste ich schon über ihn? Ich stieg wieder aus der Dusche heraus, verzichtete auf die Schnelltrocknung, um mein Mob anzumachen, und hinterließ kleine Wasserlachen auf dem Parkett. Gedankenverloren schleifte ich mit den Zehen meine Schlafanzughose über den Boden, um halbherzig die Pfützen aufzuwischen.
    Wasserverschwendung – als hätte ich ein paar Dollar einfach weggewischt.
    Mob – die Mobile Operationsbasis. Mich erinnerte der Name dieser Ansammlung von Chips und Dioden immer noch an ein militärisches Geheimunternehmen aus den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Tatsächlich war das Mob der Stein der Weisen, das universelle technische Gerät. Das Mob konnte alles. Ich war Neuheiten gegenüber immer skeptisch eingestellt, aber ohne Mob ging gar nichts mehr. Ich telefonierte, las, schrieb, hörte und dachte mit dem Mob. Ich war das Mob, denn es enthielt meinen Bankzugang und meinen digitalen Personalausweis. Es hatte gerade die Größe einer Zigarettenschachtel und brachte mich direkt ins Netz.
    Ethan Waterman hatte immerhin vierzehn Millionen fünfhundertdreiundvierzigtausend Einträge bei Google. Er hatte sein Geld mit Soft- und Hardware gemacht, die er an Stadtverwaltungen, Krankenhäuser in den USA und international verkaufte, um deren DNA-Datenbanken zu aktualisieren und leistungsfähiger zu machen.
    Es gab tatsächlich nur diese zwei Bilder von ihm. Ich stellte fest, dass nicht nur meine Erinnerung, sondern auch die Aufnahmen unscharf waren. Was hatte der Typ nur für eine PR-Abteilung?! Auf beiden Fotos lächelte er nicht. Das blonde Haar war modisch geschnitten, dunkler Anzug, keine Krawatte – immerhin. Die Gesichtszüge: unscharf. Auf der Forbes-Liste der reichsten Männer stand er auf Platz 12. Womit konnte man mit knapp dreißig schon so viel Geld verdient haben? Mit DNA – das war heutzutage der Stoff, aus dem die Träume gemacht wurden. Der Mann hatte Zugang zu den vertraulichsten menschlichen Daten überall auf der Welt gehabt und damit jede Menge Geld verdient. Garantiert ein Arschloch. Ich musste mich locker machen. Warum war ich neidisch, missgünstig? Was auch immer ich heute aus Ethan Watermans Haus mitnahm, ein vernünftiges Bild musste auch in seinem Interesse sein.
    Ich druckte mir Watermans Privatadresse aus, die wahrscheinlich schon allein ein paar Hunderter bei den entsprechenden Stellen wert war, und griff mir den übersichtlichen Stadtplan von Sandy Hills. Mittlerweile fror ich an Händen und Füßen, schnappte mir meine alte Jeans, frische Unterwäsche aus der Kommode und ein eisblaues Shirt aus dem Schrank. Die blöde Tür klemmte immer noch. Ich war bekennender Verächter schwedischer Möbelhäuser. Wie bei so manchem Prinzipienbruch zuvor hatte mich auch diese Überzeugung nicht davon abhalten können, meine kleine Wohnung mit deren wunderbarem Möbel-Fast-Food einzurichten. Es war so einfach: Man verbrachte einen Tag in einem schlecht klimatisierten Möbelhangar. Mit etwas Glück konnte man schon am nächsten Tag eine komplett weiße Einrichtung bewohnen. Das war praktisch. Man war nervlich am Ende und musste garantiert mehrere Monate lang beim Anblick von Schraubenschlüsseln weinen oder schreien. Aber es war schnell und für ein paar Jahre gut. Ich drückte mich schon seit Wochen darum, der klemmenden Tür mit einem Werkzeug zu Leibe zu rücken. Lieber regte ich mich bei jeder Benutzung über das Manko auf.
    Mist. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es schon Viertel vor zehn war. Mit noch nassen Haaren schlüpfte ich in meine Sneakers, schnappte mir meine blaue Lederjacke und lief zur Tür. Tasche, mein Mob, Geldbeutel, Stift und Block lagen auf dem Stuhl. Der
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