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Apartment in Manhattan

Apartment in Manhattan

Titel: Apartment in Manhattan
Autoren: Wendy Markham
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dreißigster Geburtstag.“
    Ich muss warten, bis Will ein großes Glas Wasser leer trinkt, etwas, das er acht Mal am Tag tut, bevor er antwortet. „Ich weiß, und ich habe Milos auch gebeten, mir heute Abend frei zu geben, aber ich muss einspringen. Jason ist gestern beim Schlittschuhlaufen hingefallen und hat sich den Knöchel verstaucht.“
    Jason, einer der Kellner, ist Jason Kenyon, ein Eiskunstläufer, der früher sogar an den olympischen Spielen teilgenommen hat. Ich interessiere mich zwar nicht sehr für Sport, doch sogar ich habe schon von ihm gehört – ich glaube, er hat vor ein paar Jahren eine Bronzemedaille in Japan gewonnen. Nun will er hier in New York Schauspieler werden, und vermutlich ist er genauso pleite wie alle anderen, oder warum sonst ist er bereit, in ein schwarzes Jackett gekleidet monströse Tabletts durch die Gegend zu schleppen und das Geschirr von reichen Leuten abzuräumen? Nicht dass es sich nicht lohnen würde, schließlich verdienen sie zwanzig Dollar die Stunde plus Trinkgeld.
    „Kann Milos nicht einen anderen finden, der einspringt?“ frage ich.
    „Er will nicht einfach irgendjemanden. Es handelt sich um eine große Promi-Hochzeit in den Hamptons, und er will nur besonders gute Kellner dabei haben.“
    „Wie schmeichelhaft für dich, aber wo bleibe ich dabei?“
    Will stellt sein Glas ins Waschbecken, beugt sich dann zu mir und küsst mich auf die Wange. „Tut mir Leid, Trace.“
    Ich schmolle, dann frage ich: „Was für Promis?“
    „Das darf ich nicht verraten.“
    „Das darfst du nicht verraten?“ Ich starre ihn an, oder vielmehr seinen Rücken, denn er hat sich in die andere Ecke des Zimmers verdrückt. „Nicht einmal mir?“
    „Ich habe absolute Diskretion versprochen“, sagt er sanft, zieht sein langärmliges Thermo-Shirt aus und wirft es in den Wäschekorb. „Morgen wirst du es allerdings wissen. Alle Zeitungen werden darüber berichten.“
    „Sag es mir jetzt schon, bitte. Ich sterbe vor Neugier.“
    „Ich kann nicht. Schau mal, ich weiß nicht einmal, wo genau die Hochzeit stattfinden wird. Sie wollen nicht, dass jemand die Presse benachrichtigt. Ich soll dem Fahrer, der mich am Bahnhof abholt, ein bestimmtes Codewort sagen, und dann bringt er mich dort hin. So geheim ist das Ganze!“
    Völlig genervt von diesem lächerlichen Geheimagenten-Getue sage ich: „Du lieber Himmel, Will, was glaubst du, werde ich tun? Der New York Post einen Tipp geben?“
    Er lacht und zieht seine Flanell-Unterhosen aus. „Du wirst morgen alles erfahren.“
    „Zusammen mit dem Rest der Welt“, brumme ich und beobachte ihn, wie er die Unterhose in den Wäschekorb schmeißt.
    Im Gegensatz zu mir fühlt er sich nackt absolut wohl. Ich könnte niemals vor anderen ohne Klamotten herummarschieren, nicht einmal vor Will.
Vor allem
nicht vor Will. Mir wäre viel zu bewusst, wie meine Schenkel ihren kleinen Wackeltanz vollführen und meine Brüste irgendwo auf Höhe meines Bauchnabels herumschaukeln. Wobei ich auch dann nicht nackt herumlaufen würde, wenn ich einen perfekten Körper hätte.
    Allerdings heißt es ja, das würde sich ändern, sobald man ein Baby bekommt. Meiner Schwester Mary Beth, die zwei Kinder hat, behauptet, eine Geburt bringe das mit sich, schließlich liegt man mit weit gespreizten Beinen in einem Raum, wo absolut Fremde vorbeikommen und einem den Arm bis zum Ellbogen in die Scheide stecken. Sie sagt, danach sei es völlig egal, wer einen nackt sieht. Das muss wahr sein, schließlich ist Mary Beth gerade erst einem Fitness-Verein beigetreten, wo sie sich massieren lässt und Dampfbäder nimmt. Das muss man sich mal bei einem Mädchen vorstellen, dessen Mutter permanent Entschuldigungen für den Schwimmunterricht geschrieben hat, damit es sich beim Duschen nicht nackt zeigen musste.
    Für mich war es selbstverständlich ähnlich traumatisch. Doch als ich in die fünfte Klasse kam, hatte meine Mutter bereits meine drei Brüder großgezogen, die so hemmungslos waren, dass sie ihre Hosen vor mir und meinen Freundinnen fallen ließen, sich nach vorne beugten und pupsten. Als ich also an der Reihe war, bescheiden um die Entschuldigungsschreiben zu bitten, war meine Mutter nicht mehr in der Stimmung, jemanden zu verhätscheln.
    „Du kannst nicht vor allen anderen duschen? Dann musst du es eben lernen!“ war alles, was sie dazu sagte.
    „Wie auch immer, ich kann das Geld wirklich brauchen“, informiert Will mich. „Ich reise in ein paar Wochen ab, und im Sommer
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