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Apartment in Manhattan

Apartment in Manhattan

Titel: Apartment in Manhattan
Autoren: Wendy Markham
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Body bis auf meine dicken Oberschenkel herausragten, wirklich anmachte. Ich würde gern glauben, dass er mich unwiderstehlich fand, bin mir jedoch nicht sicher, ob das tatsächlich der Fall war.
    Als wir zum ersten Mal miteinander schliefen, geschah das, nachdem wir zwei Flaschen Rotwein getrunken hatten. Die beiden anderen Typen, mit denen Will sich das Apartment teilte, waren bei Proben zu dem Stück
Guys and Dolls.
Will war nicht engagiert worden. Er war fest davon überzeugt, dass das die Schuld von Geoff Jefferson, dem heterophobischen (meinte jedenfalls Will) Professor für Theaterinszenierungen, war. Wir tranken Wein, und er zog über Geoff Jefferson her, und dann tranken wir noch mehr Wein, und schließlich hatten wir Sex auf dem Bett, das am dichtesten stand, und das war das von seinem Mitbewohner André. Da verlor ich also meine Jungfräulichkeit, auf italienischen Importlaken aus bester ägyptischer Baumwolle. Dabei starrte ich über Wills verschwitzte Schulter auf das berühmte Poster von Marilyn Monroe, das sie auf dem Gitter eines U-Bahnschachtes zeigt, als ihr weißes Kleid hochgeweht wird.
    Apropos U-Bahn: Ich steige am Times Square aus, verlasse den Bahnhof und finde mich auf der überfüllten Straße wieder. Ein Spezialitätenrestaurant reiht sich an das andere, dazwischen haben sich Klamottenläden verschiedener Ketten eingemietet. Früher gab es hier nur Pornoläden und -kinos, Peepshows und jede Menge Obenohne-Bars. Im engen Schulterschluss mit Einwanderern jeder Hautfarbe, übergewichtigen Touristen mit diagonal umgehängten Taschen und einer Schulklasse, die fasziniert die MTV-Studios am Broadway anstarrt, laufe ich in Richtung Nordwest: zwei kurze Straßenblöcke in der Längsrichtung Manhattans, zwei lange Straßenblöcke quer dazu.
    Ich kaufe meine Zigaretten und eine „Post“ an dem vertrauten Zeitungsstand an der Ecke, an dem mich der pakistanische Besitzer an manchen Tagen wie eine alte Bekannte begrüßt, während er mich an anderen Tagen gar nicht zu kennen scheint. Was mich ziemlich nervt.
    Heute grinst er mich an. Wir sind wieder alte Freunde, die sich bloß aus den Augen verloren hatten.
    „Hallo!“ ruft er mir zu, wie es so seine Art ist. „Wie geht’s heute?“
    Ich lächele zurück. „Ganz gut. Und Ihnen?“
    Er schüttelt den Kopf und deutet nach oben. „Dieses Wetter. Zu kalt. Zu grau.“
    Ich nicke. Abgedroschene Phrasen sind ganz nach meinem Geschmack. „Dieses Jahr will es einfach nicht Sommer werden.“
    „Oh, wird schon kommen“, sagt er so überzeugt, wie ein Kellner einem ein Gericht auf der Tageskarte anbietet. „Und wenn kommt, dann du beschwerst dich.“
    Ich frage mich, ob er damit die New Yorker generell meint, oder ob ich es als Omen betrachten soll, dass ich mich in diesem Sommer schrecklich fühlen werde, nicht nur, weil es von Juni bis September in der Stadt so gottverdammt heiß ist, sondern weil Will nicht bei mir sein wird.

2. KAPITEL
    W ills Studioapartment liegt im sechsundzwanzigsten Stock eines mehrstöckigen Gebäudes, in dem es eine in Marmor gehaltene Lobby und drei Aufzüge gibt. Es kommt dem am nächsten, was ich mir mit meiner kleinstädtischen Fantasie immer unter einer typischen New Yorker Unterkunft vorgestellt habe. Das Gebäude, meine ich. Das Apartment hingegen ist eine ziemliche Enttäuschung. Aber ist das nicht meistens so?
    Da ich in Brookside aufgewachsen bin, saß ich früher natürlich sehr häufig vor dem Fernseher. Am liebsten sah ich mir Sitcoms an, und die meisten spielen eben in New York. Folglich war ich an geräumige Wohnungen mit übergroßen Fenstern und einer riesigen Feuerleiter gewöhnt, oder an das ausgeklügelte Brownstone-Haus der Huxtables in Brooklyn Heights mit einem echten Garten oder an Jerry Seinfelds geräumiges Ein-Zimmer-Apartment inklusive seiner schrulligen Nachbarn.
    Ha.
    Meine Wohnung kennen Sie ja bereits.
    Wills Wohnung würde ich als einen einigermaßen großen quadratischen Raum mit einem büroartigen Fenster auf der einen und einer abgetrennten Küche von der Größe der Treppe, die in das viktoriansche Haus meiner Eltern führt, auf der anderen Seite. Sein Bett steht unter dem Fenster; Nerissas Futon und Schrank befinden sich hinter dem vorhin erwähnten Wandschirm in der Nähe der Küche. Dazwischen hat eine nicht sonderlich geschmackvolle schwarze Ledercouch Platz gefunden, die Will seinem Vormieter, dessen Verlobte sich weigerte, das gute Stück zu behalten, abgekauft hat. Außerdem
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