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Apartment in Manhattan

Apartment in Manhattan

Titel: Apartment in Manhattan
Autoren: Wendy Markham
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mit ihr telefonierte, machte er keinen Versuch, das Telefonat zu beenden. Wenn er schließlich aufgelegt hatte, dann sagte er ganz locker: „Oh, das war Helene.“ Wenn er mehr in mir gesehen hätte als eine Bekanntschaft (wie er es nannte), mit der er rumschmuste, wenn er sie zufällig abends in einer Disco traf, dann wäre er wohl nicht so offenherzig über seine Beziehung mit Helene gewesen.
    Sie hieß also Helene, und bei diesem Namen stellte ich mir etwas Exotisches, Rassiges vor.
    Dann fuhr Will über Weihnachten nach Hause und vertraute mir den Schlüssel zu seinem Apartment an, damit ich seine Pflanzen gießen konnte. Ja, er hatte Zimmerpflanzen. Nicht Marihuanapflanzen, wie sie häufig in den Studentenwohnheimen auf unserem Campus zu finden waren. Auch nicht so einen Kaktus, den man irgendwo als Gratisgeschenk bekommt, oder eine dieser robusten dickblättrigen Pflanzen, die man ohne einen Tropfen Wasser in den Schrank stellen kann und die trotzdem munter weiterwachsen.
    Nein, Will hatte ganz normale Zimmerpflanzen, die Sonnenlicht, Wasser und eine gelegentliche Düngergabe brauchten.
    Diese Schlüsselgeschichte fand jedenfalls statt, bevor wir miteinander schliefen, aber bereits nachdem er so oft an meinem BH-Verschluss rumgefummelt hatte, dass ich beschloss, in leichter zugängliche Wäsche zu investieren. Mein normaler BH war eine bodenständige Angelegenheit, sehr stabil mit vier Haken und Ösen, die an einem elastischen Streifen festgenäht waren, der ungefähr so breit wie ein Klebeband war.
    Ich war sehr erstaunt, dass er mir nicht nur das Gießen der Pflanzen, die er im September im nahe gelegenen Wal-Mart gekauft hatte, überließ, sondern mit der Schlüsselübergabe praktisch den gesamten Bestand seines Apartments, das er sich mit zwei anderen teilte, anvertraute.
    Vermutete er wirklich nicht, dass ich stundenlang durch die Kisten in seinem Schrank schnüffeln würde, um alle Briefe von Helene zu lesen und nach Fotos von ihr zu suchen?
    Ich weiß es nicht – wahrscheinlich hegte er den Verdacht. Vielleicht wollte er sogar, dass ich herumschnüffelte. Es war ganz leicht, die Fotos zu finden. Sie lagen vorne in einem in Stoff gebundenen Buch, zusammen mit einer Notiz von Helene, die lautete: „Benutze es als Tagebuch, während du fort bist, so dass wir es eines Tages zusammen lesen können und ich das Gefühl habe, ich wäre mit dir zusammen weg gewesen.“
    Schadenfroh stellte ich fest, dass noch alle Seiten leer waren.
    Aber noch hämischer wurde ich, als ich schließlich die Fotos der geheimnisvollen Helene betrachtete. Ich wusste, dass sie blond war, denn das hatte Will oft genug erzählt. Und okay, ich gebe zu, sie hatte ganz hübsches Haar, lang und glänzend. Sie trug es mit einem Mittelscheitel. Aber davon mal abgesehen war sie völliger Durchschnitt. Ihr Gesicht war sogar runder als meines, und ihre rot karierten Bermudashorts sahen bei ihren breiten Hüften und Oberschenkeln ausgesprochen unvorteilhaft aus. Dazu hatte sie ein rotes Poloshirt an, das sie in die Hose gesteckt hatte.
    In meinem ganzen Leben habe ich noch nie ein Shirt in die Hose gesteckt, aber wenn ich es jemals tun sollte, dann gewiss nicht in rotkarierte Bermudashorts.
    Nachdem ich dieses Foto von Helene gesehen hatte, hörte ich auf, mir Sorgen über sie zu machen.
    Als Will dann zurückkam, seine Pflanzen bei bester Gesundheit, seinen Schrank offensichtlich völlig unberührt und leckere selbst gebackene Kekse in der Küche vorfand, informierte er mich, dass er und Helene am Silvesterabend Schluss gemacht hätten. Ich in meiner „nicht nur ein Freund, aber nicht sicher Was-mehr-Rolle“ wusste nicht genau, wie ich reagieren sollte. Ich erinnere mich, dass ich Will gegenüber Mitgefühl zeigte, während ich mir insgeheim selbst begeistert auf die Schulter schlug, weil ich gewonnen hatte. Ich hatte Helene besiegt. Die schattenhafte Heimatfreundin war nicht länger im Wettbewerb.
    Doch es war ein hohler, kurzlebiger Sieg, denn ich entdeckte schnell genug, dass ich noch lange nicht am Ziel war. Sogar jetzt, drei Jahre später, ist die Ziellinie nirgends in Sicht.
    Kate fragt: „Glaubst du nicht, du solltest Will sagen, dass du kündigen willst, um mit ihm in die Adirondacks zu gehen?“
    „Ich habe nicht gesagt, dass ich es wirklich tue. Ich habe nur gesagt, dass ich es gern tun würde.“
    Verdammt. Kate schaut mich an, als hätte ich erzählt, ich würde erwägen, jeden Gast in diesem Starbucks-Restaurant mit einer
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