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Anschlag auf die Achterbahn

Anschlag auf die Achterbahn

Titel: Anschlag auf die Achterbahn
Autoren: Stefan Wolf
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und tätschelte ihm die Wange.
    »Du bist süß. Dein Schätzchen
hat doch nur noch einen kurzen Rundgang auf dem Jahrmarkt gemacht, bevor morgen
das ganze Fußvolk anrückt.« Sie log, ohne rot zu werden. »So ein menschenleerer
Festplatz hat beinahe etwas Meditatives an sich.«
    »Sag mir aber trotzdem das
nächste Mal Bescheid, wohin du gehst«, entgegnete er freundlich. »Vor allem
wenn du dein Handy ausgeschaltet hast.«
    »Oho... bisher dachte ich, dass
du stets nur um deinen Sohn besorgt bist.« Rita Möller konnte sich diese Spitze
nicht verkneifen. »Woher kommt denn dieser plötzliche Sinneswandel?«
    Für einen Moment sah Werner
Rüter seine Liebste irritiert an. »Was soll denn das jetzt? Klingt da etwa ein
Hauch von Eifersucht durch? Ich liebe dich, mein Schatz! Und daran soll sich
auch nie mehr etwas ändern. Wir sind doch glücklich, oder?«
    Für eine Sekunde durchfuhr Rita
Möller ein Zucken. Innerlich schüttelte sie den Kopf, doch äußerlich nickte
sie. Statt eine Antwort zu geben, drückte sie Stefans Vater einen Kuss auf die
Stirn.
    »Wie war es denn heute Morgen
in der Schule?«, wechselte sie geschickt das Thema. »Hast du Stefans
Klassenlehrerin kennengelernt? Meinst du, dass dein Sohn dort gut aufgehoben
ist?«
    »Ich denke schon.« Herr Rüter
lächelte. »Eine nette Person. Sie heißt Frau Klamm. Ich war mir bei unserem
gemeinsamen Zusammentreffen im Lehrerzimmer ziemlich sicher, dass sie und
Stefan gut miteinander auskommen werden. Aber es ist ja eh nur für vier
Wochen.«
    Rita Möller war äußerst nervös
und verspürte den starken Drang, sich noch eine Zigarette anzustecken. Doch
Stefans Vater war überzeugter Nichtraucher. Deshalb herrschte in seinem
Wohnwagen striktes Rauchverbot. Und so zwang sie sich zu innerer Disziplin und
griff stattdessen in eine Schale mit Erdnüssen. »Vorhin bei meinem Rundgang bin
ich übrigens Gunnar begegnet«, gab sie kauend von sich.
    »Gunnar Steppke?«, fragte Herr
Rüter kurz nach.
    »Ganz recht.« Rita Möller
genehmigte sich eine weitere Portion Erdnüsse. »Dem armen Kerl scheint es
ziemlich dreckig zu gehen.«
    Werner Rüter horchte
interessiert auf. »Wie meinst du das?«

    »Na ja...«, gab Rita Möller
zögernd von sich. »Er hatte ganz schön einen getankt. Als er mich begrüßte,
konnte ich seine Fahne schon von Weitem riechen. Ziemlich eklig!«
    Werner Rüter zeigte keine
Gemütsregung. »Dafür kann ich nichts.«
    »Das habe ich ja auch nicht
behauptet«, entwich es ihr etwas zu aufbrausend. In derselben Sekunde bereute
sie es schon. »Ich meine ja nur, dass du ihm gegenüber vielleicht ein bisschen
zu hart warst.«
    »Zum Trinken gibt es immer
einen Grund«, entgegnete er knapp. »Und ich habe ihm für die Achterbahn und die
Schiffsschaukel einen vernünftigen Preis gezahlt. Es ist doch nicht mein
Problem, wenn Menschen mit ihrem Geld nicht vernünftig haushalten können.«
    Rita Möller wollte darauf noch
etwas erwidern. Doch dann entschied sie, dass es vernünftiger sei, das Thema
nun rasch zu beenden. Ihr war nur eines wichtig: Jeder sollte glauben, dass ihr
heimlicher Geliebter — Gunnar Steppke — mit einem Alkoholproblem zu kämpfen
hätte. Das gehörte zu ihrem Plan, den sie gemeinsam mit Steppke ausgeheckt
hatte. Und das bereits vor Monaten. Seitdem ließ sie keine Gelegenheit aus, die
anderen Schausteller auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Je mehr Leute
davon wussten, umso besser.
    »Was hältst du eigentlich
davon, wenn ich Stefan heute zum Mittagessen sein Leibgericht koche:
Königsberger Klopse mit Reis und Roter Bete?«, schwenkte Rita Möller auf ein
vollkommen anderes Thema um.
    Ein Lächeln huschte über Werner
Rüters Gesicht.
    »Nach seinem ersten Tag in der
neuen Schule wirst du ihm damit gewiss eine große Freude machen.«
    »Na ja«, gab sich Rita Möller
scheinbar selbstkritisch. »Du weißt sehr wohl, dass mich dein Sohn nicht
besonders gut leiden kann. Aber ich habe mir jetzt fest vorgenommen, diesen
Zustand zu ändern. Was meinst du, wie viel leichter unser zukünftiges
Zusammenleben wäre, wenn diese dumme Fehde zwischen uns beiden endlich begraben
wäre? Ich für meine Person werde jedenfalls alles dafür tun, dass er mich
endlich akzeptiert und zumindest ein bisschen gern hat.«
    Werner Rüter blickte seine Frau
stolz an. »Das hast du schön gesagt.«
    Rita Möller triumphierte. Sie
hatte genau die richtige Gefühlstaste gedrückt, um Stefans Vater zu
manipulieren. Sie und Gunnar Steppke waren fest
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