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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza
Autoren: Alexander Borell
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Katastrophe wird eine Explosion angenommen.«
    Nach Überlebenden wird mit Flugzeugen und Marineeinheiten, trotz geringer Hoffnungen, gesucht.«
    Die YPSILON gesunken? Die Jacht, auf der Monika...?
    Die Nachricht nahm Robert sekundenlang den Atem und jeglichen klaren Gedanken. Er zog sich einen Stuhl heran, setzte sich, und vergrub das Gesicht in seinen Händen.

    *

    Die Oberschwester war eingetreten. Robert hatte ihr leises Klopfen überhört.
    »So, Herr Doktor, da ist Ihr Koffer, alles fix und fertig.« Ihre Stimme klang betont mütterlich. »Hoffentlich haben wir nichts vergessen.«
    Robert Berckheim saß wie versteinert vor dem Radio. Sein leeres Gesicht war der Oberschwester zugewandt, doch ging sein Blick durch sie hindurch, er sah sie gar nicht. Seine Hand tastete nach dem Knopf am Radio, mit dem man das Gerät abschalten konnte.
    Die Oberschwester hob den Koffer mit einem Schwung auf den Tisch. »Ihre Frau Mutter erwartet Sie und freut sich, daß Sie schon heute abend kommen. Und die lieben Kleinen dürfen solange aufbleiben. Es gibt zum Abendessen Krautwickel, nur schade, daß nicht auch Ihre Frau...«
    Er sprang auf, daß sie erschrocken zurückfuhr. Der Koffer fiel polternd vom Tisch.
    »Halten Sie doch endlich Ihren Mund. Ich brauche Blitzgespräche mit... mit... ich weiß nicht, mit wem. Herrgott, glotzen Sie mich doch nicht so an! Rufen Sie alle Hafenämter an. Alle am Mittelmeer. Und Nizza!«
    Schreckensbleich stand die Oberschwester vor ihrem Chef, den sie noch nie so erlebt hatte.
    Sie stotterte: »Bitte, ich... ich verstehe nicht recht... um Gottes willen, was ist denn geschehen? Was sollte ich tun, die Hafenämter anrufen?«
    Langsam sackte Robert in den Drehsessel hinter seinem Schreibtisch, als könne er sich so vor dem Unbegreiflichen verschanzen. Seine Hände griffen nach dem Silberrahmen mit dem Foto seiner Frau.
    »Verzeihung, Mathilde«, murmelte er. »Sie ist tot. Monika ist tot. Sie war an Bord der YPSILON... Großer Gott...«

    *

    Wolfgang Rothe hob den geschliffenen Sektkelch. »Der allerletzte Schluck, Monika, und die allerletzte Minute. Es war lieb von dir, daß du mir nicht einfach davongelaufen bist, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.« Er trank ihr zu, sie leerten ihre Gläser, und Wolfgang nahm ihr das leere Glas aus der Hand und drehte es zwischen seinen Fingern.
    Sie stand auf und schaute auf ihre Armbanduhr. »Jetzt ist es doch viel später geworden.« Ihr Lächeln traf ihn mit aller Wärme. »Ach Wolf, mir ist gar nicht nach Scherzen zumute, aber wenn ich jetzt nicht alberne Reden führte, würde ich wahrscheinlich heulen.«
    Sie streckte ihm die Hand hin. »Zum zweiten Mal. Leb wohl. Und höre auf, eine passende Frau zu suchen. Wer sucht, der findet ganz bestimmt nicht. Oder die falsche.«
    Er begleitete sie in die Diele und half ihr in den leichten Staubmantel. In diesem Augenblick klingelte im Wohnzimmer das Telefon.
    »Einen Augenblick«, sagte er. »Ich bringe dich gleich zu deinem Wagen hinunter.«
    »Nicht nötig, Wolf.« Noch ein kurzer Blick, dann wandte sie sich entschlossen um und verließ die Wohnung.
    Wolfgang nahm den Hörer ab und meldete sich ärgerlich. Sein Ärger verwandelte sich in Überraschung.
    »Was?« rief er. »Nizza? Ja, hallo! Brigitte? Was ist... Monika? Ja, sie ist gerade zur Tür hinaus... wie? Moment mal...«
    Er warf den Hörer auf den Tisch, rannte aus seiner Wohnung zum Lift und hatte Glück: er erreichte Monika in dem Augenblick, als der Aufzug oben ankam.
    »Moni! Rasch... Brigitte ist am Apparat, sie ruft aus Nizza an. Sie scheint total aus dem Häuschen, es geht angeblich um Leben und Tod oder sonstwas so Theatralisches.«
    Monika folgte ihm schweigend.
    Zögernd nahm sie den Hörer auf. »Hallo? Wo brennt’s denn, Gitta?«
    Wolfgang stand neben ihr. Er sah, wie ihr junges Gesicht plötzlich grau wurde vor Entsetzen.
    Endlich sagte Monika mit erloschener Stimme: »Ja, ja, ich habe alles verstanden. Wie? Ich weiß nicht, ich weiß noch nicht, was ich tun werde... danke, ja, ich lasse von mir hören...«
    Ihre Hand mit dem Hörer sank langsam herab. Wolfgang legte ihn auf die Gabel des Apparats.
    »Was ist passiert, Moni? Kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Eine Katastrophe«, flüsterte sie. »Schrecklich... die YPSILON ist gesunken. Brigitte sagt... sie sagt, es sei niemand gerettet worden.«
    »Die YPSILON gesunken? Wie entsetzlich! Himmel, bin ich froh, daß wir nicht mitgefahren sind.«
    Monika ließ sich in einen Sessel
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