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Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad

Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad

Titel: Anne - 03 - Anne - 03 - Anne, der beste Lebenskamerad
Autoren: Berte Bratt
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Verlangen hatten, die Restaurantgabel mit einem Taktstock zu vertauschen, und daß er darauf brannte, seine eigene Auffassung einem großen, hellhörigen Orchester mitzuteilen.
    Sie mußten sehr bald aufbrechen, wenn sie ihren Autobus erreichen wollten. Als sie sich erhoben, bemerkte keiner von ihnen einen alten Herrn, der in der Ecke im Schatten saß, eine staubige Weinflasche und ein hochstengeliges Glas vor sich, und sie scharf beobachtete.
    Als sie gegangen waren, winkte der alte Herr den Kellner heran.
    „Wissen Sie zufällig, wer die jungen Leute waren, die hier eben fortgegangen sind?“
    Der Kellner schüttelte bedauernd den Kopf.
    „Leider nein, mein Herr. Das heißt, ich glaube sicher, daß es Skandinavier waren. Jedenfalls der junge Mann, der immer so mit der Gabel gefuchtelt hat, und die junge Dame. Der andere war offenbar Franzose.“
    „Aha, nun ja. Vielen Dank. Ich möchte gern zahlen.“ Der alte Herr nahm seinen Stock und ging ebenfalls. Er pfiff ganz leise vor sich hin. Es war die Arie des Alfonso aus dem letzten Akt von „Cosi fan tutte“.
    Jess und Anne gingen durch den schmalen, weißgetünchten Flur des vierhundert Jahre alten Hauses in der Getreidegasse. Die alte, ausgetretene Treppe hinauf, bis zum obersten Stockwerk des Hauses.
    Andächtig gingen sie von Raum zu Raum. Hier standen Glasvitrinen mit vergilbten Papieren - Mozarts eigene Handschrift in Briefen und auf Notenmanuskripten. Hier stand sein Spinett. Hier war - „Ach, sieh doch mal, Jess!“
    Anne zeigte auf ein Schild, das in einer leeren, weißgetünchten Ecke an der Wand hing. Jess las es und lächelte. „Hier stand Mozarts Wiege.“
    Sie gingen weiter, ein Stockwerk tiefer. In einem langen, schmalen Raum mit gedämpfter Beleuchtung schauten sie sich die vielen Wandnischen an. Jede einzelne war erleuchtet. Sie zeigten in kleinster Ausführung die Dekorationen der verschiedenen Bühnen zu den Mozartopern. „Was ist das, Jess?“
    „Das da? Das muß ,Figaros Hochzeit’ sein - erinnerst du dich noch an die Ouvertüre? Mozart liebte wahnwitzige Tempi für seine Ouvertüren, und die vom Figaro, die ist presto vom Anfang bis Ende.“ Jess pfiff leise, und Anne nickte. Ja natürlich, die kannte sie. Die hatte sie einmal in einem Schulkonzert gehört mit Jess zusammen - damals.
    „Ich weiß noch genau, ich saß da und schaute auf deine Hände“, sagte sie lächelnd. „Ich glaube, du hattest keine Ahnung davon, daß deine rechte Hand sich die ganze Zeit bewegte? Als wolltest du beim Dirigieren helfen.“
    „Das hast du gemerkt? Nein, davon hatte ich keine Ahnung. Aber ich glaub’s dir gern.“
    Sie gingen von einer Nische zur andern. Jess pfiff Motive aus den verschiedenen Opern, er erzählte und erklärte, und seine Hände unterstützten die Erklärungen - seine Rechte hielt dabei einen unsichtbaren Taktstock.
    Touristen aller Nationalitäten drängelten sich im Museum. Anne und Jess bemerkten sie gar nicht. Sie waren mit dem beschäftigt, was sie sahen, mit dem, was Anne fragte und worauf Jess Antwort gab, und sie waren miteinander beschäftigt.
    Keiner von ihnen merkte, daß ein alter Mann, einen altmodischen Stock mit goldenem Knauf in der Hand, ihnen mit den Blicken folgte. Keiner von ihnen ahnte, daß ein Augenpaar, das ihnen schon am Abend vorher in „St. Peters Stiftkeller“ aufmerksam gefolgt war, wieder mit Wohlgefallen auf ihnen ruhte. Alte Augen suchen immer gern helle und glückliche Jugend. Jess sah auf die Uhr.
    „Wenn ich Gräbners Sekretär sprechen will, muß ich jetzt gehen, Anne! Vielleicht kann ich wenigstens erfahren, ob Gräbner in absehbarer Zeit zurückkommt, oder ob. Kommst du mit, oder willst du dir noch mehr ansehen?“
    „Ich möchte gern noch ein wenig hierbleiben, Jess! Können wir uns nicht um zwei Uhr am Bus treffen?“
    „Natürlich. Am Mirabellgarten. Weißt du den Weg?“
    „Na, weißt du, ich bin doch kein neugeborenes Kind! Viel Glück ich mache drei Kreuze hinter dir - toi toi toi!“
    Anne war allein und ging weiter an den Wänden mit den kleinen, erleuchteten Nischen entlang. Sie blieb stehen, holte den Katalog hervor, blätterte und zog die Brauen zusammen.
    Da hörte sie eine Stimme dicht an ihrem Ohr: „Kann ich Ihnen behilflich sein, Madame? Ich bin über diese Opern ziemlich gut im Bilde - und Ihr netter Fremdenführer hat Sie im Stich gelassen, wie ich gesehen habe.“ Anne drehte sich halb um und schaute in ein zerfurchtes Antlitz mit buschigen grauen Brauen über einem
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