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Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen

Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen

Titel: Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
Autoren: Jeanne C. Stein
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stehen ein Mädchen und ein Esel. Die Kleine kann höchstens zwölf sein. Sie trägt Jeans und T-Shirt, redet dem burro zu und streichelt ihn, bereitet ihn auf die Darbietung vor.
    Es dreht mir den Magen um, und ich wende den Blick ab. Ich glaube, ich muss mich übergeben. Gleich, nachdem ich Culebra umgebracht habe.
    Kapitel 4
    Ich flüchte in ein Hinterzimmer, das ebenso schmuddelig und schlecht beleuchtet ist wie die Bar, doch es ist immerhin eine Erleichterung, die Szene auf der anderen Seite der Tür nicht mehr sehen zu müssen. Hier ist der Boden mit Sägespänen bestreut, und vier Tische stehen im Raum.
    Culebra sitzt allein an einem Tisch an der hinteren Wand. Er blickt nicht auf, als ich eintrete. Er spürt meine Anwesenheit nicht. Seltsam, als Gestaltwandler kann er meine Gedanken lesen und ich seine. Außer er hat die Verbindung zwischen uns blockiert, so wie jetzt. Das erlaubt mir, meine Stimme zu benutzen. Meine sehr laute Stimme. »Hast du den Verstand verloren? Was tust du hier?«
    Seine Schultern zucken. Er blickt auf. Ich kann seine Gedanken zwar nicht lesen, aber die Emotionen, die sich auf seinem Gesicht spiegeln, sagen mir ebenso viel. Er ist zuerst erschrocken, dann kurz verwundert über meinen Wutausbruch, und leicht zerknirscht, als er den Grund dafür begreift. Er schiebt seinen Stuhl zurück und steht höflich auf. Mit ausgestrecktem Arm weist er zum Hauptraum.
    »Herrgott, das tut mir leid, Anna. Ich hätte einen anderen Treffpunkt wählen sollen. Ich bin in letzter Zeit ein bisschen abgelenkt.« Er sieht auf seine Armbanduhr. »Ich kenne den Manager hier, und ich wollte etwas mit ihm besprechen. In einer Stunde muss ich am Flughafen sein. Aber meine Gedankenlosigkeit tut mir aufrichtig leid. Bitte setz dich. Ich habe dir viel zu erzählen und sehr wenig Zeit.«
    Als ich nicht sofort zu ihm an den Tisch komme, fügt er stumm hinzu: Ich weiß, das macht es nicht besser, aber die Kleine da draußen ist sechzehn und verdient in einer Woche mehr Geld, als ihr Vater auf den Feldern in einem Monat erwirtschaften kann. Sie kümmert sich nur um den Esel.
    Kümmert sich nur um den Esel? Ich habe gesehen, wie sie sich um den Esel kümmert .
    Culebra verzieht das Gesicht, als er meinen Zorn spürt . Sie und ihr Bruder ernähren eine zwölfköpfige Familie.
    Der Bruder muss der Bursche sein, der draußen auf mein Auto aufpasst . Und wer ist dann die Frau? Ihre Mutter?
    So ist nun mal die Welt, Anna. Das weißt du besser als die meisten anderen Leute. Er lässt einen Herzschlag verstreichen, ehe er hinzufügt: Sie ist nicht Trish.
    Dass er meine Nichte erwähnt, die von Freunden ihrer Mutter missbraucht wurde, lässt meinen Ärger erst recht aufflammen. Mit schmalen Augen starre ich ihn an. Im Moment ist es keine gute Idee, sich in meinem Kopf herumzutreiben. Laut sage ich: »Hier bleibe ich nicht.«
    Culebra ist vernünftig genug, mir nicht zu widersprechen. Er sammelt Unterlagen von dem Tisch ein. »Auf der anderen Straßenseite ist ein Café. Gehen wir da hin.«
    Die Musik hat aufgehört, die Show ist offenbar vorbei. Als wir die Bar betreten, gehen die Männer gerade schwankend zur Tür, zweifellos auf der Suche nach einer anderen unterhaltsamen Perversion. Der Drang, sie aufzuhalten, jedem einzelnen das Genick zu brechen und sie dann in einem Müllcontainer zu entsorgen, ist stark. Aber noch stärker ist der Drang, die Frau zu erwürgen, die verstreute Dollarscheine und Pesos von der kleinen Bühne aufhebt. Als sie fertig ist, sagt sie etwas auf Spanisch und wirft dem Mädchen einen Dollar zu, ehe sie hinter der Bühne verschwindet.
    Das Mädchen bürstet den Esel, redet sanft auf ihn ein und ignoriert den zerknüllten Dollarschein auf dem Boden. Die Kleine ist hübsch auf diese spanisch-indianische Art, mit dunklem Haar und dunklen Augen. Sie ist schlank und zierlich gebaut. Ihre Haut wirkt ungesund blass. Sie verbringt zu viel Zeit in diesem Dreckschuppen.
    Ich fische meinen Geldbeutel aus der Handtasche. Ich habe zweihundert Dollar in Zwanzigern dabei, die ich ihr in die Hand drücke. »Nimm dir den Rest des Tages frei.« Sie betrachtet das Geld, dann mich. Ihr Gesichtsausdruck verändert sich überhaupt nicht. In ihrem Blick liegt weder warme Dankbarkeit noch Interesse. Sie nimmt mir die Scheine aus der Hand, steckt sie ins Halfter und fährt fort, den Esel zu striegeln.
    Das wird an ihrer Situation nichts ändern, Anna. Das hast du dir hoffentlich nicht eingebildet . Culebras Tonfall ist
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