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Anleitung zur Selbstorganisation

Anleitung zur Selbstorganisation

Titel: Anleitung zur Selbstorganisation
Autoren: Fredmund Malik
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Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann, bleibt er im kapitalistischen Spiel. Kann er das nicht, fällt er aus dem Spiel hinaus. Woher das Geld für die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen kommt, ist für den Gläubiger belanglos.
    Ein letzter Punkt sei bezüglich des Gewinnes erwähnt, nämlich die Meinung – ebenfalls ein unbewiesenes Postulat –, Gewinn sei das dominierende Motiv unternehmerischer Tätigkeit. Was die Motive wirtschaftlich tätiger Menschen sind, weiß niemand. Es gibt solche, die tatsächlich gewinnmotiviert sind – viele von ihnen sind nach kurzer Zeit bankrott. Es gibt andere, die zwar behaupten, gewinnmotiviert zu sein, wenn man sie fragt, die aber dann ganz anders handeln, was den verbreiteten Irrtum bestätigt, Menschen seien sich ihrer Motive im Klaren.
    Zwei Motive kommen in der Diskussion nicht vor, die man leicht erkennen kann, wenn man mit realen Menschen in realen Situationenspricht und nicht die Auswertung von Fragebögen heranzieht. Das erste Motiv ist der Wille zur Unabhängigkeit: Niemals einen Chef haben wollen – dafür nehmen Menschen gerade im Bereich der Klein- und Mittelunternehmen fast jedes Opfer auf sich, und es ist ihnen gänzlich egal, ob es sich ökonomisch rechnet oder nicht.
    Das zweite Motiv ist die tiefe Überzeugung, etwas besser zu können als andere – und der Wille, dies zu beweisen. Unter anderem sieht man das bei scheinbar erzkapitalistischen, ausschließlich gewinnorientierten Unternehmern wie John D. Rockefeller, wenn man nicht genau genug hinschaut. Rockefeller war zutiefst, fast pathologisch, davon überzeugt, vom Öl-Geschäft mehr zu verstehen als jeder andere. Den Beweis dafür hat er zu seiner Zeit glanzvoll erbracht.
    Nach fast 40 Jahren Erfahrung stelle ich in der Zusammenarbeit mit solchen Menschen rundweg die These auf, dass kein einziger erfolgreicher Unternehmer und kein einziger erfolgreicher Unternehmensführer gewinnmotiviert ist, sondern dass sie ausnahmslos im Dienst einer Sache, einer Idee und einer Überzeugung handeln – und für ihre Freiheit und Unabhängigkeit.
    Kundennutzen richtig verstehen: Zwei Fixpunkte für die Navigation
    Die zwei »Fixsterne« für die Lenkung des Unternehmens sind
Kundennutzen
und
Wettbewerbsfähigkeit
.
    Im Umwandeln von Ressourcen in Nutzen liegen der ökonomische und gleichzeitig der gesellschaftliche Beitrag des Unternehmens. Darin liegt das Schaffen von Werten, die weit über den
Value-Added
hinausgehen, der heute so gut wie ausschließlich finanzwirtschaftlich verstanden wird. Man sieht aber auch, dass der gesellschaftliche Beitrag des Unternehmens bei dieser Lösung nicht in irgendwelchen Zielen sozialer Wohlfahrt bestehen kann.
    Das Schaffen von Werten kann und soll finanzielle Werte mit einschließen, wenn es das ist, was Kunden wollen. Im Finanzbereich ist das der Fall. Außerhalb des Finanzbereiches sind es aber nicht bloßeGeldwerte, die Nutzen in der Form von Problemlösungen stiften. Es sind Werte für Kunden im Sinne all der Produkte und Dienstleistungen, die täglich gekauft werden. Wohlstand für die Gesellschaft und den Einzelnen liegt nicht im Besitzen von Geld, sondern in dem, was man mit Geld kaufen und tun kann. Mit der heutigen eindimensional finanzwirtschaftlichen Perspektive tut man sich bei diesem Gedanken schwer. Selbst wenn aber – als Gedankenexperiment – Banken und Börsen geschlossen würden, müssten Menschen noch immer leben, essen, trinken und sich kleiden, ihre Kinder zur Schule gehen, die Kranken gepflegt und Babys zur Welt gebracht werden. Leben ist nicht durch Geld definiert, schon gar nicht eine funktionierende Gesellschaft.
    Wertsteigerung
im finanziellen Sinne des Börsenkurses oder potenziellen Verkaufspreises als Kriterium für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und die Performance-Beurteilung des Managements zu verwenden, ist eine groteske Verdrehung ökonomischer Logik. Es gibt nur zwei Fälle, wo ein Unternehmen
wertvoll
im finanziellen Sinne sein soll: nämlich dann, wenn man es verkaufen will und dann, wenn eine feindliche Übernahme über die Börse abgewehrt werden soll.
    Im ersten Falle hört der Unternehmer auf, als Unternehmer zu wirtschaften. Dass er einen möglichst hohen Preis für seine Firma herausschlagen will, ist legitim. Das echte Wirtschafts-Problem verschiebt sich dann einfach auf den Käufer, der nun ein zu teuer erworbenes Unternehmen so konkurrenzfähig machen muss, dass es wiederum genügend Kunden findet, denen es Nutzen
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