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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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mein Leben an Systeme, Konzepte, Vorurteile, vorgefasste Meinungen, fremde Entscheidungen gebunden. Das alles war viel zu autoritär und vertikal. So konnte ich nicht reifen. Ich lebte in einem Käfig, wie ein Baby, das geschützt und isoliert wird, damit seine Muskeln und sein Gehirn sich nie entwickeln können. Alles vor mir brach zusammen. In meinem Innern. Mit großem Getöse. Ich war am Rande des Selbstmords, oder des Wahnsinns. Ich musste in mir selbst etwas ändern. Andernfalls würde ich noch verrückt oder als Leiche enden. Und ich wollte leben. Einfach leben. Ohne Qual. Vielleicht mal einen Tag lang glücklich sein. Und mit weniger Ängsten. Das ist unabdingbar: die Ängste abbauen. Vielleicht ist es nur eine Frage der Sichtweise. Man muss immer dort, wo man sich gerade befindet, voll und ganz präsent sein und darf niemals kneifen.
    Ich legte Die Unsterblichkeit zur Seite. Ging die Treppen hinunter und setzte mich einen Moment lang auf dem Malecón ans Meer. Es war Samstag, und es mag ungefähr halb neun Uhr morgens gewesen sein. Alles war still und ruhig. Nur das Funksprechgerät eines Polizisten war zu hören: »Vierundzwanzig, null, vierundzwanzig. Krrrk, krrrk. Bitte kommen … Null, vierundzwanzig. Krrrk.«
    Ich machte mich auf den Weg nach Hause. Hatte Lust auf einen Kaffee. Das war gesünder, als weiter auf dem Malecón zu sitzen und aufs Meer zu starren. Ich ging ein paar Meter, und die beiden geistig Zurückgebliebenen verabschiedeten sich am Eingang des Hauses. Sie sind ein Ehepaar. Beide sind mongoloid, Grenzfälle, halb crazy; niemand weiß, warum sie nicht recht funktionieren. Bei beiden ist eine Schraube locker, und sie nutzen das aus, um ins Treppenhaus zu kacken und alle mit ihrem blöden Geschrei zu nerven. Ich betrat die Eingangshalle meines alten Gebäudes. Es war 1927 erbaut worden, mit Treppen aus weißem Marmor, geräumigen, komfortablen Wohnungen, einem Aufzug aus polierter Bronze, einer Fassade nach Bostoner Art, Türen und Fenster aus Mahagoni. Alles makellos, luxuriös und kostspielig. Jetzt ist es eine Ruine. Der Fährstuhl und das Treppenhaus stinken nach Urin und Scheiße. Auf dem Bürgersteig vor dem Portal ist ein Loch, das ständig Exkremente auf die Straße ausstößt. Die Leute rauchen Marihuana und haben ausgedehnte Sex-Sessions in der Dunkelheit des Treppenhauses. Viele haben ihre Wohnungen ein ums andere Mal unterteilt und wohnen jetzt mit zehn oder fünfzehn anderen Personen, wo einst drei wohnten. Die Zisterne ist ständig trocken. Niemand weiß, warum kein Wasser kommt, und wir alle schleppen eimerweise das Wasser die Treppen hoch. Nichts Außergewöhnliches. Dasselbe geschieht in allen Vierteln der Stadt. Schmutz, Unrat, Schlampigkeit, Verwahrlosung.
    Ich versuche dieser Apokalypse zu entgehen. Zumindest geistig. Meine Materie ist immer noch in den Trümmern verankert.
    Die Blöde betrat zusammen mit mir den Aufzug. Ich drückte den siebten Stock und sah sie an. Sehr wenig Licht. Immer ist es düster. Der Aufzug ist ein Schlund. Es sind keine Glühbirnen da. Man klaut sie. Und wir können von Glück sagen, dass er seit Tagen ohne jede Panne funktioniert. Irgendwie sahen die Blöde und ich uns an. Ich war ziemlich mürrisch, und halb aus Spaß kam mir in den Sinn, sie anzusprechen:
    »Elenita, du siehst ja richtig vergnügt aus.«
    Sofort trat sie an mich heran. Sie packte mich am Arm, presste ihre großen, fleischigen Brüste an mich und stieß ein paar seltsame Laute aus. So etwas wie: »Oghn, oghn.« Da hatte ich nun ein Paar harte, üppige Titten mit herrlichen, aufgerichteten Warzen vor mir. Ich packte sie mit der rechten Hand und massierte sie. Meine linke Hand glitt hinab zur Möse. Sie hatte keine Unterwäsche an, nur einen leichten, fadenscheinigen Unterrock. Wie gut sich das anfühlte. Elenita muss ungefähr fünfundzwanzig sein und ist eine seltsame Mischung aus Mulatten, Weißen, Chinesen, Negern und weist ein paar Züge jamaikanischen oder haitianischen Ursprungs auf. Jedenfalls etwas Undeutbares. Das Endprodukt hätte ganz gut werden können, wäre da nicht diese mentale Erblast, die sie in die Nähe von Mongoloismus rückt. Irgendetwas in dem Cocktail hatte versagt. Sie spricht ganz wenig, grunzt eher. Ich nehme an, sie denkt auch nicht so gut. Vielleicht hat sie sexuelle Obsessionen, keine Ahnung. Als meine Hand an die Möse kam, ertastete sie wunderbar viel Haar. Üppiges Schamhaar, das sich offenbar schamlos durchwühlen ließ. Eine große,
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