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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Autoren: Anne Golon
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angestellt haben, während sie die Füße meines Mannes ins Herdfeuer hielten, damit er ihnen verriet, wo er sein Geld versteckt hatte. Und ich dachte bei dem Geruch noch, sie würden das Schwein braten.«
    Daraufhin brach Fantine in Gelächter aus und schenkte sich einen Apfeltresterwein ein, um ihre Zunge anzufeuchten, die vom vielen Reden ganz trocken geworden war.
     
    So begann das Leben von Angélique de Sancé de Monteloup im Zeichen des Menschenfressers, der Gespenster und der Räuber.
    Sie alle riefen Fantine Lozier bei ihrem beruhigenden Kosenamen Nounou. Man mochte sich fragen, wo denn die Kinder von Fantine Lozier steckten, während sie selbst der Baronin de Sancé bei ihren zahlreichen Sprösslingen zur Hand ging, für die diese keine Milch hatte... Wahrscheinlich ebenfalls in der großen Küche, in der es von Geschichten summte und aus riesigen Kesseln nach köstlichen Suppen und Schmortöpfen duftete.
    Und wo war dieser Mann, »ihr« Mann, dessen Füße so oft von den Räubern gebraten worden waren? Vielleicht auch in den Wirtschaftsgebäuden des Schlosses, wo ein paar Stallburschen die Pferde versorgten, Wasser und Holz heranschleppten und die Ställe des herrschaftlichen Anwesens ausmisteten.

    In den Adern der Amme floss ein wenig von dem maurischen Blut, das die arabischen Eroberer, die Sarazenen, im achten Jahrhundert bis an die Grenzen des Poitou gebracht hatten.
    Angélique war mit dieser Milch der Leidenschaft und Träume aufgezogen worden, in der der alte Geist ihrer Provinz verdichtet war, ein Land der Sümpfe und Wälder, offen wie eine Bucht zu den lauen Winden des Ozeans hin.
    So hatte sie eine bunt gemischte Welt der Dramen und Märchen aufgesogen. Sie hatte Gefallen daran gefunden, und es hatte sie gegen die Angst gefeit. Mitleidig betrachtete sie die zitternde kleine Madelon oder ihre ältere Schwester Hortense, die mit verkniffener Miene dasaß, obwohl sie darauf brannte, die Amme zu fragen, was die Räuber denn im Stroh mit ihr angestellt hatten.
    Die siebenjährige Angélique ahnte ziemlich genau, was in der Scheune passiert war. Oft genug hatte sie die Kuh zum Stier oder die Ziege zum Bock geführt. Und ihr Freund, der junge Hirte Nicolas, hatte ihr erklärt, dass Männer und Frauen es genauso machten, um Kleine zu bekommen. So war die Amme zu Jean-la-Cuirasse gekommen. Was Angélique jedoch verwirrte, war die Tatsache, dass die Amme von diesen Dingen manchmal in sehnsüchtigem, manchmal in verzücktem, manchmal aber auch in aufrichtig entsetztem Ton sprach. Doch man brauchte die Amme mit ihrem Schweigen und ihren Zornesausbrüchen gar nicht zu verstehen. Es genügte, dass sie da war, breit und wogend, mit ihren mächtigen Armen und dem unter dem Barchentkleid weit geöffneten Korb ihres Schoßes, in dem sie einen aufnahm wie ein kleines Vögelchen, um einem ein Wiegenlied zu singen oder von Gilles de Retz zu erzählen.
    Einfacher war da der alte Guillaume Lützen, der mit langsamer Stimme und einem holprigen Akzent sprach. Es hieß, er
sei Schweizer oder Deutscher. Vor einiger Zeit war er hinkend und barfuß über die Römerstraße gekommen. Er hatte am Schloss von Monteloup angeklopft und um eine Schale Milch gebeten. Seitdem war er geblieben, packte überall mit an, reparierte und werkelte herum. Der Baron de Sancé ließ ihn Briefe zu befreundeten Nachbarn bringen oder den Steuereinnehmer in Empfang nehmen, wenn dieser kam, um die Abgaben einzutreiben. Dann hörte der alte Guillaume den Einnehmer geduldig an, ehe er ihm in seinem Schweizer Bergdialekt oder hessischen Bauernplatt antwortete und sein Gegenüber entmutigt wieder abzog.
    Auch er hatte seine Geschichten, mit denen er die Kinder verzauberte. Doch es war eher die Rückkehr des Sommers, die seine Erzählungen hervorbrachte, denn in der schönen Jahreszeit führen die Soldaten Krieg. Dann verlassen die hohen Generäle die Königshöfe, wo sie getanzt und das gute Leben genossen haben, und kehren zu ihren Armeen zurück, die aus ihren Winterquartieren kommen. Man wusste nie, gegen welchen Feind man in die Schlacht ziehen würde.
    Lützen deutete nach Osten, in die Richtung der aufgehenden Sonne. Er erzählte von einem unbekannten Gebilde: den Kaiserlichen. Dahinter gab es einen Kaiser wie zu Zeiten der Römer, und noch weiter dahinter kamen die Türken. Er hatte einen Krieg erlebt, der sommers wie winters geführt wurde, und dieser Krieg dauerte immer noch an. Manche Landstriche waren so verwüstet, dass es dort
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