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Angela Merkel

Titel: Angela Merkel
Autoren: Dirk Kurbjuweit
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vom Volk sagen. Andererseits unternimmt sie fast nichts,dieses Volk zu beeinflussen, in ihrem Sinne zu führen. In Wahrheit sitzen in Merkels Kabinett mehr Leute als die Minister, die an ihrem Kabinettstisch Platz nehmen. Politik wird gerade in den wichtigen Fragen von allen gemacht. Ob der Kampf gegen den Klimawandel gelingt, entscheidet jeder Bürger durch sein Verhalten. Wie schlimm die Depression wird, hängt auch davon ab, wie die Bürger handeln. Dem Volk durch Reden keine Orientierung zu geben heißt, die Chancen der Politik nicht vollständig zu nutzen.
    Also zweimal nicht geführt: die Große Koalition nicht, das Volk nicht. Dazu die eigene Reformposition in einer dramatischen Selbstauflösung preisgegeben. Das ist wahrlich keine gute Bilanz für eine Bundeskanzlerin. Das Bild ist allerdings nicht ganz so düster, wenn man sich die Alternativen anschaut. Die beiden Konkurrenten aus der Union, Koch und Wulff, haben sich unmöglich gemacht, der eine durch einen unsäglichen Wahlkampf, der andere durch Selbstreduzierung auf Provinzmaß. Die SPD hat die selbstgewählten Alternativen Platzeck und Beck verloren, sodass nur noch Frank-Walter Steinmeier bleibt, der womöglich in einer Liga mit Merkel spielen kann. Bewiesen hat er es noch nicht, er ist gerade mal drei Jahre so richtig Politiker. Deutschland ist schon sehr allein mit Angela Merkel.
    Es gibt aber noch ein Argument, das für sie spricht. Angela Merkel hat die Große Koalition am Leben gehalten. Ihre Nachgiebigkeit, ihre Art, totale Politik als totale Moderation aufzufassen, waren womöglich notwendig,damit dieses Bündnis vier Jahre lang leben kann, und Stabilität ist ein Wert an sich in der deutschen Demokratie. Es wäre tatsächlich nicht gut gewesen, hätten zwei Regierungen nacheinander vorzeitig aufgeben müssen.
    Noch vor Beginn ihrer Kanzlerschaft hat Edmund Stoiber infrage gestellt, ob Merkel die Richtlinienkompetenz haben werde, die das Grundgesetz für die Bundeskanzler vorsieht. Das war damals eine Unverschämtheit, aber gegen Ende der Legislaturperiode wirkte das fast seherisch. Merkel hat die Richtlinienkompetenz für das Überleben im Amt preis gegeben.
    Damit könnte sie sogar zum Modell kommender Politik werden. Denn welche Koalitionen wird es künftig geben? Inder Bundesrepublik hat sich ein Fünf-Parteiensystem etabliert, weil die Bindungskraft der Volksparteien nachgelassen hat. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für Große Koalitionen oder Dreier-Bündnisse. Wie schwer eine Große Koaliton zu führen ist, hat sich von 2005 bis 2009 gezeigt. Ein Bündnis von S PD, Grünen und FDP oder von CDU, Grünen und FDP oder gar von SPD, Linken und Grünen dürfte noch sperriger sein. Die Interessen von drei Parteien, mit der CSU vier, fließen in die Politik ein, und es gibt zwei Bruchstellen statt einer. Ohne den großen Willen zur Moderation, zum Verzicht auf eine deutliche Richtlinienkompetenz werden diese Bündnisse bald scheitern. Schwäche würde zur Stärke eines Bundeskanzlers in dem Sinne, dass er seine Regierung zusammenhalten kann. Das sind keine guten Aussichten für die Politik. Die Entschiedenheit könnte ihr vollständig verloren gehen.
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