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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6
Autoren: H. J. Alpers
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und Füße zusammen und schleppte den Körper hinüber zu einer Agave, wo er ihn an den Stamm fesselte, so daß er sich in einer sitzenden Position befand.
    Die Lider flatterten und öffneten sich, und kurz waren wieder die milchig-trüben Augen zu sehen. Doch dann zog sich eine Art Membrane von den Augäpfel zurück, und der Blick des Wesens wurde klar. Es sah Crowell aufmerksam und interessiert an. „Was bist du nur für eine Mißgeburt, du widerwärtiger, mordlustiger Mistkäfer?“ fragte Crowell.
    „Mistkäfer?“ wiederholte das Wesen. Eine dünne Linie gelblicher, kurzer Haare, die wie ein Paar Augenbrauen über seinen Augäpfeln verlief, verzog sich zu einer Art Stirnrunzeln, und die milchigen Nickhäutchen huschten wieder über die Augen. „Insekt, niedriges Glied in der Nahrungskette, Beutetier für eine Reihe von überlegenen Arten.“ Sein Gesichtsausdruck entspannte sich. „Ich bin kein Mistkäfer“, sagte es.
    „Ein Goliath bist du aber auch nicht gerade“, versetzte Crowell. „Warum hast du den Blaurock umgebracht?“ Er deutete auf das Gebüsch, in das er den Körper des Indianers geschleppt hatte. „Und warum haben deine Spießgesellen meinen Piloten umgebracht? Warum habt ihr ihnen die Köpfe abgeschnitten? Was habt ihr mit ihrem Blut angestellt?“
    Die Kreatur schüttelte mit fasziniert gehobenen Brauen den Kopf. „Du verlangst Informationen von mir?“ fragte sie. „Wäre es möglich, daß bei dir rudimentäre Ansätze zu bewußtem Handeln vorhanden sind?“
    „Ich stelle hier die Fragen“, schnappte Crowell. „Warum hast du den Indianer ermordet?“
    „Den im Baum?“ Die Stimme war hoch wie die eines Kindes, und das Wesen sprach alle Silben sehr sorgfältig aus; soweit Crowell feststellen konnte, hatte es jedoch keinen ausländischen Akzent. „So wie die graue Eule Mäuse jagt, hat der im Baum graue Eulen gejagt.“
    „Und mich?“ fragte Crowell, „mich habt ihr auch gejagt?“
    „Ja, letzte Nacht dachte ich, ich hätte dich erwischt, aber anscheinend habe ich dich doch verfehlt.“
    „Was für eine Art Perverser bist du eigentlich?“ schnaubte Crowell. „Wo kommst du her, du Mißgeburt?“ Crowell war zu dem Schluß gekommen, daß es sich bei dem kleinen Kerl um einen Fehltritt der Natur handeln mußte. Wahrscheinlich war er von seinen Eltern verwöhnt worden. Offenbar waren diese so wohlhabend, daß sie ihn mit dem Geld für seine mörderischen Abenteuer versorgen konnten. Der Bursche litt sicher unter seinem entstellten Äußeren, und jetzt ließ er seinen Haß an den normalen Menschen aus, indem er sie tötete und verstümmelte. Dann waren es also doch keine religiösen Fanatiker, die für die Rinderverstümmelüngen in den Vereinigten Staaten verantwortlich waren: Es war diese wahnsinnige Mißgeburt.
    „Ich komme von einem Sonnensystem, das weiter entfernt ist, als du dir vorstellen kannst“, sagte die Mißgeburt. „Warum verhörst du mich? Warum hast du mich noch nicht getötet?“
    „Sonnensystem?“ fragte Crowell verdutzt. Er dachte kurz über diese Möglichkeit nach, verwarf sie aber sofort wieder. „Dann hast du wohl an den Rindern in den Staaten geübt, und jetzt willst du hier mal echtes Menschenblut probieren.“ Crowell sprach mehr zu sich selbst als zu dem Fremden. „Deine Eltern hätten dir besser einen guten Psychiater suchen sollen, als dir das Geld für deine perversen Vergnügen zu geben. Wer Menschen jagt und tötet ist krank. Krank!“
    „Wir sind gekommen, um euch einen Dienst zu erweisen“, sagte die Mißgeburt. „Ihr habt die optimale Bevölkerungsdichte für eure Welt überschritten, und ihr seid ganz oben in der Nahrungskette. Wir übernehmen eine Funktion, die auf eurem Planeten fehlt: Eure Art benötigt ein überlegenes Raubtier, das eure Bevölkerungszahl in Grenzen hält. Natürlich kommen wir auch wegen des Abenteuers, das in der Sache liegt. Ganz so wie der Mann, der hier auf dem Baum gesessen hat.“
    „Ich werde jetzt die anderen suchen“, entschied Crowell. „Ihr Wahnsinnigen habt meinen Piloten ermordet. Ich werde mir später überlegen, was ich mit dir mache.“ Er prüfte die Fesselknoten, um sicherzustellen, daß ihm die Mißgeburt nicht entwischte. „Sind deine Spießgesellen bewaffnet?“ fragte er. „Ich meine mit richtigen Schießeisen und nicht nur mit deinen komischen Giftpfeilen?“
    „Ja, aber geh ihnen nicht nach. Sie werden dich töten.“
    „Hast du das nicht letzte Nacht auch versucht?“ fragte Crowell
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