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Analog 1

Analog 1

Titel: Analog 1
Autoren: H. J. Alpers
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aus meinem Büro los zu sein.
    Ich hatte damals gerade den Auftrag, für die Atomenergieleute ein paar Computersimulationen durchzuführen. Wie viele Tote würde es geben, wenn wir den radioaktiven Abfall in einem Diamantenbergwerk vergruben? Was würde geschehen, wenn man ihn in den Polareiskappen ablagerte? Was würde es kosten, ihn mit Raketen in die Sonne zu schießen? Jetzt hatten sie den Müll schon seit vierzig Jahren angesammelt. Jedesmal, wenn es danach aussah, daß sie sich für eine Lösung entschieden hätten, kam jemand mit einem neuen „Aber was wäre wenn?“ Fletcher & Co. hatten von der NRC einen Vertrag erhalten, die Simulationen zu verbessern und bei Gott zu einer Entscheidung zu kommen.
    Harry hatte versprochen, sich des Problems anzunehmen und womöglich eine brandneue Lösung auszutüfteln, aber ich verließ mich nicht darauf. Ich konzentrierte mich bloß darauf, die Würmer in meinen Programmen auszumerzen. Die Finanzspritze von der Murden Chemical war eine Hilfe, aber wenn ich die NRC nicht so zufriedenstellen konnte, daß sie das große Geld ausspuckte, würde die Leasing Gesellschaft meine zentralen Computereinheiten wieder zurückverlangen. Lieber hätte ich mein eigenes Rückgrat hergegeben.
    Eine Woche verstrich. Rosie brachte mir wie gewöhnlich das Mittagessen, Milch und ein Thunfischsalatsandwich. Ich hatte es nicht gerne, das Programmieren zu unterbrechen, wenn ich gerade im schönsten Schwung war. Aber anstatt sich ruhig zu entfernen, blieb Rosie neben mir stehen. Ihr heutiges Kleid war so hologrammiert, daß sie zu einem Brunnen wurde. Das lenkte ab.
    „Gibt es was, Rosie?“
    „Es handelt sich um Dr. Gerber. Er führt sich merkwürdig auf.“
    „Wenn Harry aufhört , sich merkwürdig aufzuführen, fang ich an, mir den Kopf zu zerbrechen. Holen Sie mir inzwischen noch etwas Milch?“
    Ich aß und arbeitete eine Zeitlang weiter, drückte verschiedene Tasten, aber dann dämmerte mir, daß sie noch immer neben mir stand. „Na gut“, sagte ich schließlich und blickte auf. „Sagen Sie mir, was los ist.“
    „Ich nehme an, Sie wissen, daß Dr. Gerber und ich … sind …“
    Ich hatte es nicht gewußt. Diese Möglichkeit war mir nie eingefallen. Harry? Rosie? Sie waren mein Genie und meine Vorzimmerdame. Es fiel mir schwer, sie mir als etwas anderes vorzustellen.
    „Ich hielt es nicht für schicklich, mich einzumischen“, sagte ich schließlich.
    „Er ist vor zwei Monaten zu mir gezogen“, sagte sie und warf den Kopf zurück. Eine Sekunde lang erhaschte ich einen Blick auf ihre Vogelnase. „Ich habe ihn bedrängt, mich irgendwohin, irgendwohin weit weg, mitzunehmen. Aber jetzt ist er schon eine Woche lang nicht mehr heimgekommen. Er bleibt bloß in dem Keller hier und rührt sich nicht hervor.“
    Na und, wollte ich sagen, das macht er doch immer , wenn er einer Sache auf der Spur ist. Laß ihn in Frieden! Statt dessen sagte ich: „Vielleicht ist es besser, ich sehe mich dort mal um.“ Ich erhob mich und ging zur Tür.
    „Und sagen Sie ihm, ich werde ihn, wenn er zurückkehrt, nicht mehr mit der Reise bedrängen“, fügte Rosie hinzu.
    Harry bemerkte mich zunächst gar nicht. Er schlief. Der Keller sah aus wie das Atelier eines minimalistischen Bildhauers. Das Hauptstück war eine gebogene Rampe aus Titaniplast, die aus dem Boden zu wachsen schien. Die Rampe führte von einer Wand hinunter und dann die andere hinauf. Oben auf der Bahn befand sich eine halbrunde Rille, und am tiefsten Punkt war eine schwarze Titaniplastkugel. Die Anordnung erinnerte mich an die Rinne für den Rücklauf der Kugeln in einer unirdischen Kegelbahn. Die Kugel hatte einen Durchmesser von eineinhalb Metern und sah sehr schwer aus.
    Ich ging an der schmierigen Vinylcouch vorbei, auf der Harry lag, und schaute mir die Kugel an. Im Schein der elektrischen Beleuchtung glänzte das harte schwarze Material dumpf. Auf einer Seite gab es ein Loch, eine fünfeckige Öffnung, die groß genug war, daß man hindurchkriechen konnte. Der Innenraum hatte etwas Spaßiges an sich. Es war, als blicke man in eine Linse.
    Als ich mich näher beugte, spürte ich einen unangenehmen Druck auf den Schläfen. Ich richtete mich auf, aber die Kugel kam immer näher. Ich rutschte über den Boden. Ich zuckte vor Furcht zurück und fiel nach hinten. Wie eine Krabbe kroch ich durch den Raum zurück.
    „Die einzige Methode hineinzugehen ist die, es schnell zu machen“, sagte Harry hinter mir. „Drinnen ist es nicht so
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