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Analog 06

Analog 06

Titel: Analog 06
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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kleinen Biester sind sehr geschickt – es hätte mich überrascht, wenn du etwas gespürt hättest.“ Nunez bestrich die Wunde mit Salbe und legte einen Verband an. „Normalerweise“, fuhr Crowell fort, „überfallen sie Rinder oder Wildtiere, der ganze Schwarm immer nur ein Tier. Es scheint, daß sie sich immer das schwächste aussuchen, ein sehr altes oder junges oder ein krankes. Und sie kommen Nacht für Nacht zurück, bis das Tier verendet ist. Es ist eine schaurige Ernährungsweise … Blut zu trinken. Aber sie dienen der Tierart auch, die sie überfallen, indem sie die Schwächeren töten und so an der Vermehrung hindern.“
    „Dann nehme ich also an“, versetzte Brooks, „daß ich zu den Schwachen und Unerwünschten gehöre, deren Gene besser aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Vielleicht sollte ich ein Schild mit der Aufschrift Ich habe mich einer Vasektomie unterzogen an meinem Zelt befestigen.“ Crowell lachte; schon oft hatte ihn der überraschende Humor seines Freundes erheitert. Doch diesmal fragte er sich, ob die Fledermäuse nicht blindlings die richtige Wahl getroffen hatten.
    Beim ersten Morgengrauen fuhr Crowell mit einem Ruck aus dem Schlaf: Ihm war aufgefallen, daß niemand ihn zu seiner Wache geweckt hatte. Er zog die Stiefel an und kroch aus dem Zelt, das Gewehr in der Hand. „Nunez?“ rief er. „Brooks!“ Die Überreste des Feuers glühten noch, Tautropfen auf den Zelten reflektierten den heller werdenden Himmel. Crowell liebte die würzige Luft, den kühlen Morgen und den Dschungel, der nur ein paar Meter von ihm entfernt begann. Scheinbar war alles in Ordnung – das Flugzeug stand noch am Rand der Savanne, dort wo Nunez es abgestellt hatte. Die drei Einmannzelte wiesen – militärisch exakt aufgereiht – mit den Eingängen zum Dschungel. Brooks schlief noch, Nunez war nirgendwo zu entdecken. Crowell ging zu dem Gebüsch hinüber, das die drei zur Latrine bestimmt hatten.
    Dort fand er den Leichnam. Die Überreste von Nunez lagen, ohne Kopf, auf dem Rücken. Die gleichen kleinen Fußabdrücke, die er bei dem Indianer gesehen hatte, umgaben auch Nunez’ Leiche, und alles Blut war – wie es Crowell erwartet hatte – aus dem Körper abgesaugt.
    Crowell brach die Untersuchung ab und weckte Brooks auf. „Zieh dir die Stiefel an und komm raus“, sagte er. „Wir haben Ärger.“ Während sich Brooks aus dem Zelt mühte, durchsuchte Crowell das Flugzeug nach seiner Pistole.
    „Hier“, sagte er und hielt sie Brooks hin.
    „Nein, vielen Dank“, antwortete Brooks.
    „Nimm sie schon!“ bestimmte Crowell und schob sie Brooks in den Gürtel. „Du wirst froh sein, daß du sie hast, wenn du siehst, was sie mit Nunez gemacht haben.“
    „Wer hat etwas gemacht?“
    „Irgendwelche Wahnsinnigen. Komm mit!“ Er führte Brooks zu dem Leichnam.
    Brooks warf einen schnellen Blick auf die Szene und ging ins Lager zurück. Crowell zuckte die Achseln und machte sich daran, den Körper gründlich zu untersuchen. Die einzige Wunde, die er fand, war ein kleines Loch, ein paar Zentimeter unterhalb des Knies. Crowell zog den Kristalldorn aus seiner Tasche und verglich ihn mit der Verletzung in Nunez’ Bein. Der Dorn paßte genau. Als nächstes untersuchte er die Fußspuren. Mit grimmiger Befriedigung stellte er fest, daß er ihnen leicht folgen konnte.
    Als er wieder im Lager eintraf, stellte er voller Abscheu fest, daß Brooks weinte. Brooks sah hinauf in Crowells mißbilligend verzogenes Gesicht. „Er war mein Freund“, sagte er mit einem Anflug von Wut.
    „Und wenn du noch über ein paar menschliche Gefühle verfügen würdest, dann würdest du gleichfalls weinen.“
    „Dazu habe ich keine Zeit“, versetzte Crowell. „Steh auf und hilf mir, die Leute zu finden, die ihn ermordet haben. Sie haben eine Fährte wie eine Elefantenherde zurückgelassen, und es ist gut möglich, daß sie noch in der Nähe sind.“
    „Daß wer noch in der Nähe ist?“
    „Diese religiösen Irren, die unseren Piloten abgeschlachtet haben“, antwortete Crowell ungeduldig.
    „Das sollten wir den Behörden überlassen, Dodd, das ist nicht unsere Aufgabe.“
    „Wenn die Polizei hier ankommt, dann sind diese Typen doch längst in ihren Hubschrauber oder ihr Flugzeug gestiegen und haben das Weite gesucht. Also ist es unsere Aufgabe! Was sollten wir sonst auch tun? Nunez hat die Maschine auseinandergenommen, nicht wahr? Also haben wir kein Flugzeug mehr.“
    „Er hat nur den Vergaser zerlegt – den kann
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