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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich
Autoren: Ella Griffin
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beim Golf schlagen zu lassen. Sie war ihm in Sachen Budget um eine Nasenlänge voraus, aber Simon war ihr dicht auf den Fersen.
    Saffy setzte sich so weit wie nur möglich von ihm weg. »Tut mir leid, Marsh.«
    »Weißt du, was ›pünktlich‹ bedeutet?«
    Das wusste Saffy durchaus. Wahrscheinlich wollte Marsh aber im Moment keine Wörterbuchdefinition hören.
    Marsh fuhr sich durch ihre schimmernde Mähne und lächelte gezwungen. »›Pünktlich‹ bedeutet, sich nie entschuldigen zu müssen.«
    Marsh kam nicht zu spät. Ihr unterliefen auch keine Fehler, sie machte keine halben Sachen, und was sie tat, war stets erstklassig. Sie erledigte alles immer perfekt. Privat, im Job und (soweit Saffy das nach drei Jahren beurteilen konnte) ohne Pause. Sie gehörte zu der Handvoll Frauen, die sich in der Werbebranche ganz nach oben gearbeitet hatten, und sie war die Einzige, die das mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen, Haaren wie Terry Hatcher, einer Figur wie Victoria Beckham und den Klamotten von Carrie Bradshaw geschafft hatte.
    Sie wäre glatt für dreißig durchgegangen, aber Ciara behauptete, sie hätte einmal ihren Ausweis gesehen, und Marsh wäre fünfundvierzig. Ciara behauptete aber auch, Marsh würde kleinen Jungs das Blut aussaugen, nie Unterwäsche tragen und hätte ein Stück Fensterleder in der Schreibtischschublade, mit dem sie sich regelmäßig die Schienbeine polierte.
    Mike hingegen war tatsächlich in den Vierzigern, wäre aber auch für sechzig durchgegangen. Seine Krawatte hatte einen Suppenfleck, und seine Hose war so weit hochgerutscht, dass man seine Socken sehen konnte. Weihnachtssocken. Im Februar.
    Marsh stand auf und schlug eine neue Seite auf dem Flipchart auf, auf die sie »White Feather« schrieb. Der Stift quietschte wie ein verängstigtes Mäuschen.
    »Das ist einer unserer wichtigsten Kunden. Richtig? Und so«, sie riss das Blatt ab, knüllte es zusammen und warf es auf den Fußboden, »so gehen wir mit diesem Kunden um.«
    Saffy atmete erleichtert aus. Das war nicht ihr Problem. White Feather war eine Firma für Hygieneprodukte, und der größte Teil des üppigen Budgets ging in Give-aways und Sonderangebote. Es war Simons Kunde; sie sah seinen Adamsapfel auf und ab hüpfen wie ein Jojo.
    »Gestern Abend beim Marketing Society Dinner habe ich zufällig Dermot Clancy getroffen.« Marsh umrundete den Tisch. Ihre ecrufarbenen Louboutins hinterließen kleine Abdrücke im Teppich. »Und er ist ganz und gar nicht glücklich.«
    Das war ja nun nichts Neues. Dermot Clancy war nie zufrieden. Er hatte weiße Haare wie Zuckerwatte und helle, ängstliche Augen, und er kaute ständig an etwas herum. An Kugelschreibern, seinen Fingernägeln, den Ecken einer Präsentationsmappe. Seine Unentschlossenheit war legendär. Eine andere Agentur hatte ihm den Spitznamen »Dermot der Nervöse« verpasst.
    »Der Marktanteil ist in den letzten sechs Monaten um dreiundzwanzig Prozent zurückgegangen.« Marsh starrte sie einen nach dem anderen an. »Während wir. An der Sache. Dran waren. Und jetzt spielt er leider mit dem Gedanken, den Auftrag für White Feather neu auszuschreiben.«
    Es war totenstill im Raum. Dann war es nicht mehr allein Simons Problem. Einen Auftrag über zwei Millionen Euro zu verlieren, noch dazu bei der derzeitigen Wirtschaftslage, könnte das Ende von Komodo bedeuten. Selbst wenn nicht, würde es wahrscheinlich zumindest für einen Dominoeffekt sorgen. Der Verlust eines so großen Auftrags brachte immer auch das Vertrauen anderer Kunden ins Wanken. »Wie Ratten«, hatte Greg einmal gesagt, »die das stinkende Schiff verlassen.«
    »Fragt mich bitte nicht, wie ich Dermot dazu gebracht habe, uns noch eine Chance zu geben.« Marsh zwinkerte. »Aber ich habe es geschafft. Wir haben drei Wochen Zeit, um uns eine neue Strategie für die Positionierung und ein paar gute Konzepte einfallen zu lassen und ihn davon zu überzeugen.« Sie warf einen Blick auf die winzige Rolex an ihrem schmalen Handgelenk. »Drei Wochen! Und die laufen ab … jetzt!«
    Sie stand mit ihrem Textmarker in der Hand da und wartete auf Vorschläge, aber niemand wollte sich als Erster erschießen lassen. In Saffys Bauch grummelte es. Mike schlug die Beine übereinander, und seine Socken dudelten leise »Rudolph the red-nosed reindeer«. Er versuchte, es mit einem Husten zu übertönen.
    Simon lehnte sich im Sessel zurück. Seine Körperhaltung sah entspannt aus, aber seine Hände zitterten, und sein schönes Gesicht war
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