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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert
Autoren: Gord Rollo
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nächsten über, als ich mich zittrig auf die Beine rappelte.
    »Tja, falls du nix Besseres zu tun hast, die nette Lady hier sagt, sie will mit uns feiern. Haste Lust?«
    Ich hatte.
    Blue J war nicht mehr der gut aussehende Kerl, der er einst gewesen war, und ich erfüllte bei Gott nicht die Definition eines Ladykillers, trotzdem machten wir einen guten Schnitt. Warum? Ganz einfach. Zu Beginn jedes Monats hatten wir Drogen – so lange sie vorhielten. J erhielt aufgrund seiner Veteraneninvalidität monatlich eine Verschreibung für Valium, Clonazepam und Haloperidol. Er hatte nur fünf Monate bei Desert Storm verbracht, aber er hatte einen Arzt im Veteranenkrankenhaus davon überzeugt, dass er an Depressionen und kriegsbedingter Demenz litt. J nahm seine Medikamente selten ein. Stattdessen sparte er sie, um sie für Lebensmittel, Fusel und, so wie heute, die Dienste einer jungen Ausreißerin einzutauschen.
    Interpretieren Sie nicht zu viel hinein. J und ich waren keine üblen Kerle. So funktionierte das Leben auf der Straße nun mal – Geschäfte, wie sie Menschen machten, die sonst nichts zu bieten hatten. Medikamente gegen Sex – wer kam dabei zu Schaden?
    »Ich bin dabei«, sagte ich. »Geh voraus.«
    Blue J zwinkerte mir zu, kramte in seiner Hosentasche und gab uns beiden eine blaue Pille. Das Mädchen und ich schluckten sie trocken, ohne zu fragen, worum es sich handelte, dann setzte sie sich den Gehsteig entlang in Bewegung. J und ich beeilten uns, um mit ihr Schritt zu halten.
    Sie führte uns mehrere Häuserblocks weit Richtung Innenstadt, dann bog sie in eine Gasse zwischen einem chinesischen Restaurant und einer Filiale der Bank of America . Die Kleine lebte unter einer rostigen Metalltreppe, die in den ersten Stock des Restaurants führte. Irgendwo hatte sie eine große grüne Plane gefunden, die sie unter der Treppe als recht effektives Dach festgebunden hatte. Die Plane hing fast bis zum Boden, bot ihr Schutz vor den Elementen und, was wichtiger war, uns ein wenig Intimsphäre.
    Im Inneren kamen J und ich sogleich zur Sache und schälten sie hastig aus ihrer Kleidung. Keiner von uns erwartete Romantik, und ein Vorspiel war einfach nicht drin, wenn drei Loser auf Drogen in einem anderthalb mal drei Meter großen Unterschlupf zu Werke gingen. Ich machte mich gerade bereit, mein Ding durchzuziehen, als J die Sache vermasselte.
    »Wie heißt du noch mal, Süße?«, fragte er.
    »Arlene«, antwortete sie lächelnd. Ihre Augen wurden bereits glasig von dem Zeug, das J ihr gegeben hatte.
    O Scheiße .
    ... strömender Regen, als ich renne. Genauso schwere Tränen schießen aus meinen Augen, während ich blindlings an den dunklen Gebäuden und geparkten Autos vorbeistolpere, bis ich die blinkenden Lichter der Streifen- und Rettungswagen erblicke. Ich renne weiter; nur noch Panik und Verzweiflung halten mich auf den Beinen. Dann erreiche ich das verbogene Metall; Polizisten schubsen mich herum, bis ich hervorstammle, wer ich bin. Da ändert sich ihr Verhalten, aber alles, was ich bemerke, sind das auf dem Dach liegende Auto und die verwässerten roten Pfützen, die den Asphalt unter der fahrerseitigen Tür besudeln ...
    Damit war es für mich gelaufen. Mein Ständer tauchte ab, und ich stürzte hinaus auf die Gasse, erbrach mit den Jeans um die Knöchel meinen aus Wasser bestehenden Mageninhalt. Blue J steckte den Kopf durch die Plane heraus, um zu sehen, was los war, aber ich winkte ihn weg, zog die Hose hoch und rannte in Richtung der Straße.
    Arlene war der Name meiner Tochter. Ist ihr Name, sollte ich wohl besser sagen. Sie hat den Unfall überlebt, bei dem meine Frau und mein Sohn in jener grauenvollen Nacht gestorben sind, aber nicht die Dummheit ihres Vaters in den darauf folgenden Monaten und Jahren. Zum Glück war meine Schwägerin Gloria so nett, sich um sie zu kümmern, als ich nicht in der Lage dazu war. Ich habe Arlene seit fast drei Jahren nicht mehr gesehen. Natürlich wollte ich das, aber als ich endlich klar genug im Kopf geworden war, um zu wissen, was im Leben zählte, weigerte sie sich, mich zu sehen. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihr einen Vorwurf daraus mache.
    Arlene ist mittlerweile siebzehn, eine junge Frau, die nächsten Herbst aufs College gehen wird. Sie ist wahrscheinlich ...
    Wahrscheinlich dem jungen Mädchen nicht unähnlich, dass du gerade völlig high und auf dem Rücken liegend bei Blue J zurückgelassen hast. Du bist ein echter Held, Mike. Wieder mal Anwärter auf den
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