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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano
Autoren: Luzie Bronder
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jedenfalls freuen, dann können wir abends nach Drehschluss schön gemütlich bei einem Wein zusammensitzen und quatschen.«
    »Student müsste man sein«, meinte Robert, ein ehemaliger Klassenkamerad von uns, der in einem Versicherungsbüro arbeitete, in dem er sich acht Stunden am Tag langweilte. »Von so viel Freizeit kann unsereins nur träumen.«
    »Wer hat hier Freizeit?«, protestierte ich. »Wenn ich nicht in der Schule bin, arbeite ich bei Studio Berlin, und einmal die Woche kellnere ich noch im Highway.«
    Das »Highway to Hell« war das kleine Lokal am Ende meiner Straße, in dem ich jeden Sonntagabend hinterm Tresen stand, um mein kärgliches Einkommen aufzubessern. Mein Studium verlangte wegen der vielen studiengangsübergreifenden Projekte ein hohes Maß an Flexibilität, genau wie es die Arbeit beim Film später täte, und somit war der Kneipenjob neben der Arbeit für Studio Berlin meine einzige Chance auf etwas Extracash.
    Bis ich meinen Abschluss im Bereich Regie endlich in den Händen hielte, würde noch einige Zeit verstreichen, denn durch die viele Arbeit neben dem Studium hatte ich schon so manche Vorlesung nur unregelmäßig besuchen können. Aber durch meinen Einsatz in Italien würde ich sicher einen gewaltigen Karrieresprung machen, davon war ich überzeugt.
     
    Weniger überzeugt war ich davon, dass meine Eltern meine Pläne großzügig unterstützen würden – dafür war ich zu weit vom Bild der Lieblingstochter entfernt. Dennoch beschloss ich, am Sonntag zu versuchen, ihnen für mein Italienabenteuer wenigstens ein paar Euro aus der Tasche zu leiern.
    Doch ich biss auf Granit.
    »Ach, Lexilein«, seufzte meine Mutter. »Muss das denn immer sein? Du wirfst ja wieder alle Pläne über den Haufen.«
    »Das kommt gar nicht in Frage, dass du mitten im Semester mal eben zu deinem Vergnügen eine Auslandsreise machst, hörst du«, schimpfte mein Vater.
    »Was heißt denn hier ›zu meinem Vergnügen‹? Es geht doch hier um Arbeit. Seht ihr denn nicht, was das für eine unglaubliche berufliche Chance für mich ist?«
    »Wir sehen nur, dass du nach deiner Lehre nun auch noch dein Studium hinschmeißen willst, um irgendwelchen Hirngespinsten nachzurennen.«
    Mutter seufzte erneut und blickte mich mitleidig an.
    »Kein Mensch hat gesagt, dass ich das Studium hinschmeißen will!« Ich war empört. »Also ehrlich, habt ihr denn überhaupt kein Vertrauen zu mir? Ich werde lediglich den Beginn des Sommersemesters verpassen, da passiert ohnehin nicht viel, und ich kann den Stoff locker nachholen! Und wenn es doch länger dauert mit dem Dreh, kann ich immer noch ein Urlaubssemester beantragen.«
    »Das hat schon so mancher Student gesagt, dass er bloß ein Semester pausiert, und dann doch nie wieder zurückgefunden,und heute siehst du ihn am Steuer eines Taxis oder nachts in einer Bar als Kellner«, sagte meine Mutter.
    »Da ist sie ja schon gelandet«, setzte Papa noch einen drauf.
    »Von irgendwas muss ich ja schließlich leben, wenn ihr so knausert«, verteidigte ich meinen Zweitjob. »Außerdem ist schon einmal jemand vom Taxifahrer zum Minister geworden. Ihr seid einfach zu arrogant, um einen Lebensweg zu akzeptieren, der nicht euren Vorstellungen entspricht.«
    Mit so einer Spitze verbesserte ich die Erfolgschancen dieser Unterhaltung nicht gerade, aber das war mir mittlerweile egal.
    »Jedenfalls brauchst du von uns keine Unterstützung zu erwarten«, bestätigte mein Vater wie zum Beweis. »Wenn du meinst, die Semesterferien statt mit Lernen mit einem Liebesurlaub vergeuden zu müssen, dann musst du eben selbst sehen, wie du das finanzierst«, beendete er das Gespräch.
    Toll, das war ja zu erwarten gewesen.
    Vielleicht hätte ich ihnen verschweigen sollen, dass Malte auch nach Italien fuhr. Sie hatten ihn zwar erst zweimal getroffen, mochten ihn aber nicht sonderlich. Dennoch war es kaum zu fassen, dass meine Eltern nicht begriffen, welch einmalige Gelegenheit sich mir bot. Von dem guten Zweck einmal ganz abgesehen, den ein solcher Dokumentarfilm über Biolandwirtschaft erfüllte. Aber für Ökologie hatte man in diesem Haus ja noch nie einen Sinn gehabt.
    Ich sah die beiden trotzig an: Mein Vater stand kopfschüttelnd in seinem dunklen Lodenmantel an den Türrahmen gelehnt, meine Mutter saß besorgt dreinblickend im Sessel in der Diele, in ihrer Lamafelljacke, die Pelzmütze auf dem Kopf. Sie waren gerade auf dem Sprung zu einer Matinee, ich hatte sie nur zwischen Tür und Angel
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