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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition)
Autoren: Tom Bale
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Blick nach Norden. Sie musste einfach wissen, ob sie sich das alles nur eingebildet hatte.
    Noch immer regte sich weit und breit kein Leben. Das Postauto stand genau da, wo sie es zuerst gesehen hatte. Die Hecktüren waren eindeutig offen. Und der reglose Körper lag noch immer hinter dem Lieferwagen auf der Straße. Die Fußspitzen ragten schräg in die Luft.
    O Gott.
    Sie legte die Hand an die Stirn, um ihre Augen vor der tief stehenden Morgensonne abzuschirmen, und ging blinzelnd ein paar Schritte die Straße hinauf. Schon spürte sie, wie ihr Mund trocken wurde und ihr Herz schneller schlug, und sie sah sich selbst langsam die Treppe im Haus ihrer Eltern hinaufsteigen. Sie konnte das nicht noch einmal ertragen, konnte sich nicht noch einmal so einem Anblick -
    Und du kannst ihn nicht sterben lassen , meldete sich eine andere, lautere Stimme. Vielleicht hatte er einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Oder vielleicht ist er Epileptiker. Ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse waren äußerst bescheiden, aber wenigstens könnte sie Hilfe rufen und dafür sorgen, dass er nicht fror.
    Als sie sich dem Lieferwagen näherte, geriet ihre Entschlossenheit ins Wanken. Es sah aus, als wäre der Mann zusammengebrochen und halb unter die Hecktüren gerollt. Der Wind zerrte an einem Bündel Briefe, das im Rinnstein lag, doch er war zu schwach, um sie aus dem Gummiband zu lösen, das sie zusammenhielt.
    Vielleicht ein Unfall mit Fahrerflucht , überlegte sie, während sie sich auf einen unerfreulichen Anblick gefasst machte.
    Aber es war noch weit schlimmer. Der Postbote hatte Schusswunden im Kopf und in der Brust. Ein Auge fehlte, und das andere starrte leblos zu ihr auf, geweitet in ungläubigem Staunen, dass so etwas in diesem privilegierten Winkel von Sussex passieren konnte. Der Lieferwagen war mit Blut und Hirn und Schädelsplittern bespritzt.
    Julia schnappte nach Luft und ließ ihre Milch fallen. Der Karton platzte auf, der Inhalt ergoss sich über den Asphalt und mischte sich mit dem Blut im Rinnstein.

2
     
    Es muss ein Raubüberfall gewesen sein, dachte sie. Sie warf einen Blick ins Innere des Lieferwagens, sah aber nichts, was sie der Lösung des Rätsels nähergebracht hätte. Da lagen mehrere graue Postsäcke, aber nach dem freien Platz zu urteilen, hätten es ursprünglich noch mehr sein können.
    Das Blut auf der Straße war frisch und glitzerte wie Harz in der Sonne. Das bedeutete, dass es erst vor kurzem passiert war. Sie hatte keine anderen Fahrzeuge gesehen oder gehört; der Mörder musste also zu Fuß geflüchtet sein.
    Was daraus folgte, war Julia sehr wohl bewusst. Sie drehte sich langsam um und suchte die Umgebung nach weiteren Auffälligkeiten ab.
    Das Dorf hatte in etwa die Form eines Rechtecks, wobei die Häuser, die sie gerade passiert hatte, die östliche Begrenzung bildeten, vom Laden bis hinauf zu der gedrungenen normannischen Kirche St. Mary‘s. Neben der Kirche stand das Pfarrhaus, und daran schloss sich der Green Man an, ein ansehnlicher Gasthof aus der Tudorzeit. Hinter dem Pub fing die Hurst Lane an, eine Privatstraße, die eine halbe Meile in nördlicher Richtung zum Gutshaus Chilton Manor und zur Hurst-Farm führte.
    Auf der anderen Seite der schmalen Straße stand das alte Schulhaus, in dem jetzt der »Nicht-vor-meiner-Haustür«-Aktivist Philip Walker wohnte. Jenseits davon begann Arundel Crescent, eine Reihe vornehmer Häuser aus dem 18. Jahrhundert, die sich an der Westflanke des Orts entlangzog und in eine zweite Reihe kleinerer Einfamilienhäuser überging, die an der Südspitze gegenüber dem Dorfladen endete.
    Zentrum und Blickfang von Chilton war der Dorfplatz, eine Rasenfläche mit einem Teich und einer prächtigen Eibe, die angeblich über sechshundert Jahre alt war. Der Teich war teilweise zugefroren; an seinem Ufer liefen ein paar Möwen auf und ab und drängten kleinere Vögel aus dem Weg wie Hooligans auf einem Tagesausflug. Es waren die einzigen Lebewesen in Sichtweite.
    Es ist zu ruhig, dachte Julia. Acht Uhr an einem Samstagmorgen, da müsste doch schon irgendjemand auf den Beinen sein, um den Hund auszuführen, einzukaufen oder die Kinder zum Fußballtraining zu fahren. Ihr Bruder und ihre Schwägerin waren jedes Wochenende von früh bis spät als Taxiunternehmen für die Kleinen im Einsatz. Und irgendjemand musste doch die Schüsse gehört haben und vor die Tür gegangen sein, um nachzusehen.
    Irgendetwas stimmte da ganz und gar nicht.
    Da sie nur rasch im Laden hatte
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