Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
.Am Vorabend der Ewigkeit

.Am Vorabend der Ewigkeit

Titel: .Am Vorabend der Ewigkeit
Autoren: .Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
Strömen und dem Meer war er aufgehalten worden. Im Meer lebte das tödliche Seegras.
    Die zweite Grenze war der Terminator, jene Linie rund um die Erde, hinter der die ewige Nacht und das große Nichts begann.
    Die beiden Frauen kletterten langsamer und vorsichtiger. Je höher sie kamen, desto mannigfaltiger wurden die Gefahren. Überall waren farbenprächtige Orchideen und Baumpilze. Goldene Taumler segelten durch das Dickicht. Die Luft war besser geworden.
    Eine Tropflippe ließ ihren scharlachroten Saft am Stamm entlang in die Tiefe tropfen. Der Dünndorn fiel darauf herein, wurde an den klebrigen Stamm geleimt und verendete. Die Lebensformen hier oben wurden immer phantastischer. Die Pflanzen sahen aus wie Vögel und bunte Schmetterlinge. Überall schossen grüne Zungen und Hände aus dem Dickicht und holten sich ihre Beute mitten aus der Luft.
    Ohne Aufenthalt kletterten Lily-Yo und Flor weiter.
     
    Die Wipfelzone war eine Welt für sich.
    Der Feigenbaum regierte über den Wald, ja, war der Wald. Über den Wipfeln aber regierten die Traverser. Die waren es, die die Wipfellandschaft formten und ihr ein typisches Aussehen gaben. Von einem Ende des Kontinents zum anderen zogen sich ihre Spinnenfäden über die Wipfel, verbanden die Netze miteinander und festigten sie. Wenn die Traverser weiterzogen, siedelten sich andere Kreaturen in den verlassenen Nestern an. Neue Pflanzen wuchsen. Die Netze und Nester wurden allmählich zu soliden Plattformen, die von Wipfel zu Wipfel reichten. Hier oben wohnte die Feuerlinse, jene Pflanze, die Lily-Yo für Clats Seele brauchte.
    Die beiden Frauen standen endlich auf einer der Plattformen und suchten unter einem breiten Blatt Schutz vor den Gefahren des Himmels. Doch selbst im Schatten war die Hitze fast unerträglich.
    Über ihnen brannte eine riesige Sonne. Niemals hörte sie auf zu scheinen, denn sie stand immer am selben Fleck – und dort würde sie stehenbleiben, bis sie erkaltete. Dieser Zeitpunkt lag nicht mehr in einer unvorstellbar fernen Zukunft.
    Die Feuerlinse hatte es verstanden, die Sonnenstrahlen zu ihrem Nutzen anzuwenden und beherrschte die Wipfelzone, soweit es sich um stationäre Pflanzen handelte. Ihre empfindlichen Wurzeln verrieten ihr, daß Eindringlinge zu ihr unterwegs waren. Auf dem Blatt über sich sahen Lily-Yo und Flor plötzlich einen nahezu runden Lichtfleck, der langsam weiterwanderte und plötzlich ganz klein wurde. Das Blatt schrumpfte zusammen und begann zu brennen. Die Feuerlinse hatte den Kampf eröffnet.
    »In Deckung!« rief Lily-Yo. Sie rannten ein Stück fort und fanden hinter dem widerstandsfähigen Leib einer Pfeifdistel Schutz. Von hier aus konnten sie die Feuerlinse gut beobachten.
    Es war eine unglaubliche Pflanze – schön und gefährlich. Sie hatte ein halbes Dutzend kirschroter Blüten, jede größer als ein ausgewachsener Mensch. Andere Blüten, bereits befruchtet, hatten sich geschlossen und bildeten linsenförmige Früchte. Ein späteres Stadium bewirkte, daß die Farbe dem Stengel zuwanderte wo sich der Samen bildete. Die Linsen wurden allmählich durchsichtig und damit zu der schrecklichen Waffe der unheimlichen Pflanze, die sie auch dann noch einsetzen konnte, wenn der Samen längst ausgestreut war.
    Alle Pflanzen und die wenigen noch existierenden Tiere hatten Angst vor dem Feuer, nur der Mensch hatte es verstanden, die Feuerlinse für sich auszunützen.
    Lily-Yo beugte sich vor und löste ein Blatt aus dem Dickicht.
    Es war größer als sie selbst. Dann rannte sie quer über die Plattform auf die Feuerlinse zu und sprang sie an. Mit schnellen Bewegungen erkletterte sie die Spitze, ehe die Pflanze ihre Linsen auf den Angreifer einrichten konnte.
    »Jetzt!« rief Lily-Yo.
    Darauf hatte Flor nur gewartet. Sie verließ ihre Deckung und rannte ebenfalls zu der Feuerlinse.
    Inzwischen hatte Lily-Yo das Blatt so angehoben, daß die Pflanze im Schatten stand. Damit wurde ihr die Möglichkeit genommen, mit ihren Linsen die Sonnenstrahlen zu sammeln. Die Feuerlinse war wehrlos – und sie wußte das sofort. Flor nahm ihr Messer und schnitt eine der durchsichtigen Linsen ab.
    Hastig sprang Lily-Yo zu ihrer Gefährtin hinab, half ihr tragen und lief mit ihr zu der Pfeifdistel zurück. Das Schattenblatt taumelte seitwärts in die grüne Tiefe, und die Feuerlinse stand wieder in der brennenden Sonne. Sofort richtete sie ihre Linsen ein, aber die beiden Frauen waren bereits in Sicherheit. Zwar stürzte sich ein Vogelblatt aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher