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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat
Autoren: Elizabeth George
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Mädchen, genau wie umgekehrt.
    Niemand stellte sich vor. Das war Teil des Rituals. Einen Namen zu nennen, hieß, einen Schritt zu machen, und niemand wollte der Erste sein.
    Ness gab die Zigarette zurück.
    »Also, was willste?«
    »Scheißegal«, antwortete Ness. »Koks, Gras, Olly, Ecstasy - irgendwas. Ich bin grad einfach nur so was von down, weißte.«
    »Ich wüsst da was ...« Wieder der Große.
    »Halt's Maul«, sagte das Mädchen. Und dann zu Ness: »Was haste denn dabei? Hier gibt's nämlich nix umsonst.«
    »Ich kann zahlen«, versicherte Ness. »Solang's nich' unbedingt Cash sein muss.«
    »Hey, na dann, Baby ...«
    »Halt's Maul«, fuhr das Mädchen den Großen wieder an. »Du nervst, Greve, kapiert?«
    »Eh, Six, du reißt ganz schön die Klappe auf!«
    »Heißt du so?«, fragte Ness sie. »Six?«
    »Ja«, antwortete sie knapp. »Das da is' Natasha. Und du?«
    »Ness.«
    »Cool.«
    »Also, wo krieg ich hier was?«
    Six deutete mit einer Kopfbewegung zu den Jungen hinüber. »Von denen garantiert nich'. Die reißen hier gar nix, das is' ma' klar.«
    »Also, wo?«
    Six' Blick suchte einen der Jungen. Er stand ein Stück außerhalb des Kreises, schweigsam, beobachtend. »Liefert er heut Abend was?«
    Der Junge zuckte nur leicht die Achseln, sagte jedoch nichts. Er sah Ness unfreundlich an. Schließlich sagte er: »Kommt drauf an. Und selbst wenn, heißt das noch lang nicht, dass er was lockermacht. Und überhaupt, er verschenkt nix, und er macht auch keine Deals mit Schlampen, die er nich' kennt.«
    »Ma' halblang, Dashell«, entgegnete Six ungeduldig. »Die is cool, okay? Sei nich' so'n Arsch.«
    »Es geht nich' nur um 'nen einmaligen Deal«, schaltete Ness sich ein. »Ich hab vor, regelmäßig zu kaufen.« Sie verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und wieder zurück - ein kleiner Tanz, der signalisierte, dass sie ihn anerkannte, seine Position in der Gruppe und seine Macht über sie.
    Dashell sah von Ness zu den beiden anderen Mädchen. Seine Beziehung mit ihnen schien schließlich den Ausschlag zu geben. »Okay, ich frag ihn«, sagte er zu Six. »Klappt aber bestimmt nich' vor halb zwölf.«
    »Cool«, erwiderte Six. »Wo bringt er's hin?«
    »Wenn er überhaupt was rausrückt. Da mach dir ma' kein' Kopf. Er findet dich schon.« Ein kurzes Nicken zu den anderen beiden Jungen, und sie schlenderten in Richtung Harrow Road davon.
    Ness sah ihnen nach. »Und der kann liefern?«, fragte sie Six.
    »Klar. Er weiß, wen er anrufen muss. Der labert nicht nur, was, Tash?«
    Natasha nickte und sah Dashell und seinen Freunden nach. »Der sorgt schon für uns«, sagte sie. »Aber nur der Tod ist umsonst hier in der Gegend.«
    Es war eine Warnung, aber Ness war überzeugt, dass sie mit jedem fertig werden konnte. So wie sie die Lage einschätzte, war es gleichgültig, wie sie an das Zeug kam. Worauf es ankam, war Vergessen, und zwar für so lange wie möglich. »Ich kann schon auf mich aufpassen«, versicherte sie Nata- sha. »Und was geht jetz'? Is' noch 'ne Weile bis halb zwölf.«
    Unterdessen warteten Joel und Toby weiter auf ihre Tante und saßen gehorsam auf der obersten der vier Stufen, die zur Haustür führten. Von hier aus boten sich ihnen zwei Aussichten: Trellick Tower mit seinen Balkonen und Fenstern, hinter denen seit mindestens einer Stunde die Lampen brannten; und die Häuserreihe direkt gegenüber. Nichts davon war interessant genug, um die Gedanken oder die Fantasie eines elfjährigen Jungen und seines siebenjährigen Bruders anzuregen.
    Die Sinne der Jungen waren nichtsdestotrotz voll und ganz in Anspruch genommen: von der Kälte, dem unablässigen Verkehrslärm, der von der Überführung und von der U-Bahn von der »Hammersmith and City«-Linie herüberdrang, die in dieser Gegend keineswegs unterirdisch verlief, und - zumindest soweit es Joel betraf - von der zunehmenden Notwendigkeit, eine Toilette aufzusuchen.
    Sie kannten diese Gegend nicht, darum nahm sie in der Dämmerung, die rasch zur Dunkelheit wurde, etwas Bedrohliches an. Schon die Männerstimmen, die sich näherten, konnten Gefahr bedeuten: Drogendealer, Straßenräuber, Einbrecher, Taschendiebe ... Der Klang dröhnender Rapmusik aus einem vorüberfahrenden Auto auf der Elkstone Road westlich von ihnen mochte die Ankunft des Anführers einer Straßengang ankündigen, der sie anpöbelte und ein Pfand verlangte, das sie nicht würden zahlen können. Jeder, der in den Edenham Way einbog - die kleine Gasse, an der das Haus
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