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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat
Autoren: Elizabeth George
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so aus, als würden wir uns hier von irgendwem verabschieden, Gran«, bemerkte Ness säuerlich. »Dann geht's wohl jetz' gleich weiter zum Flughafen, was?«
    Glory ignorierte sie. »Lass ma' hintenrum gucken«, schlug sie vor und führte die Kinder zurück zur Straße und den schmalen Pfad zwischen den beiden Häuserreihen entlang zu den winzigen Gärtchen, die sich hinter einer Ziegelmauer versteckten. »Halt ma' dein' Bruder hoch«, bat Glory Joel. »Toby, guck ma, ob da drin Licht an is‘« Und an niemand Speziellen: »Kann sein, sie is' wieder ma' mit einem von ihren Typen zugange. Die Genera, die denkt eh nur an das Eine.«
    Joel kniete sich hin, sodass Toby auf seine Schultern klettern konnte. Obwohl der Schwimmreifen ihn dabei erheblich behinderte, tat Toby wie geheißen, klammerte sich an die Mauer und murmelte: »Die hat 'nen Grill, Joel«, und starrte wie gebannt darauf.
    »Is' Licht an?«, fragte Glory den Kleinen. »Toby, im Haus!«
    Toby schüttelte den Kopf. Die dunklen Fenster im Obergeschoss konnte sie selbst sehen, und Glory nahm an, das hieß, dass auch im Erdgeschoss keine Lichter brannten. Aber wenn Glory sich auf eines verstand, war es Improvisation. »Tja ...«, sagte sie, rieb sich die Hände und wollte fortfahren, als Ness sie unterbrach.
    »Jetzt müssen wir doch tatsächlich einfach so nach Jamaika fahren, was, Gran?« Ness war am Anfang des Pfades stehen geblieben, die Hände in die Hüften gestemmt, das Gewicht auf ein Bein verlagert, den freien Fuß vorgestreckt. Ihre Jacke stand weit offen, sodass ihr nackter Bauch, der gepiercte Nabel und ihr beachtliches Dekolleté zu sehen waren.
    Verführerisch, kam es Glory in den Sinn, doch sie verdrängte den Gedanken schnell, musste ihn verdrängen, wie sie es sich in den vergangenen Jahren, da sie ständig in der Gesellschaft ihrer Enkelin gewesen war, eingetrichtert hatte.
    »Wir könn' Tante Ken ja 'nen Zettel dalassen.«
    »Kommt mit«, sagte Glory, führte sie zurück zur Vorderseite des Hauses, wo die Koffer, der Einkaufstrolley und die Plastiktüten in einem wilden Durcheinander herumstanden. Sie wies die Kinder an, sich auf die Eingangsstufe zu setzen, obwohl eigentlich auf einen Blick ersichtlich war, dass dort nicht genug Platz sein würde. Joel und Toby gehorchten, ließen sich zwischen den Tüten nieder, nur Ness blieb zurück, und ihr Ausdruck besagte, dass sie auf die unvermeidlichen Ausflüchte ihrer Großmutter geradezu lauerte.
    »Ich bereite alles für euch vor«, sagte Glory. »Das dauert halt seine Zeit. Also fahr ich schon ma' vor und lass euch nachkommen, wenn in Ja-mai-ka alles bereit für euch ist.«
    Ness schnaubte höhnisch. Sie schaute sich um, als suche sie einen Zeugen für die Lügen ihrer Großmutter. »Wir soll'n bei Tante Genera bleiben, ja?«, fragte sie. »Weiß die das überhaupt schon, Gran? Is' sie überhaupt da? Oder in Urlaub? Oder umgezogen? Woher willst du überhaupt wissen, wo sie is'?«
    Glory streifte sie mit einem Blick, wandte sich dann aber an die Jungen, die sich so viel bereitwilliger ihren Plänen beugen würden. Mit fünfzehn war Ness bereits viel zu gerissen. Aber mit elf und sieben hatten Joel und Toby noch viel zu lernen.
    »Ich hab gestern mit eurer Tante gesprochen«, behauptete sie. »Die is' nur 'n paar Sachen einkaufen. Will was Besonderes für euch zum Abendessen holen.«
    Wieder ein ungläubiges Schnauben von Ness. Ein ernstes Nicken von Joel. Ein rastloses Hin- und Herrutschen von Toby. Er zupfte an Joels Jeans. Joel legte ihm den Arm um die Schultern. Der Anblick wärmte den kleinen Teil von Glorys Herz, der solcher Regungen noch fähig war. Sie würden schon zurechtkommen, versicherte sie sich.
    »Ich muss los«, sagte sie. »Und ich will, dass ihr drei hier bleibt. Wartet auf euer Tantchen, ja? Die kommt gleich wieder. Holt nur euer Abendessen. Ihr wartet hier auf sie, ja? Treibt euch nich' in der Gegend rum, ihr kennt euch nich' aus, und ich will nich', dass ihr hier rumirrt, kapiert? Ness, du passt auf Joel auf, und Joel, du auf Toby!«
    »Ich werd doch nich' ...«, begann Ness. »Okay.« Das war alles, was Joel herausbrachte. Seine Kehle war zugeschnürt. Das Leben hatte ihn gelehrt, dass es Dinge gab, gegen die zu kämpfen keinen Sinn hatte, aber er hatte noch nicht gelernt, diese Dinge gar nicht erst an sich heranzulassen.
    Glory gab ihm einen Kuss auf den Kopf. »Bis'n guter Junge«, sagte sie und tätschelte dann Toby abwesend. Schließlich ergriff sie ihren Koffer und zwei
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