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Als die erste Atombombe fiel

Als die erste Atombombe fiel

Titel: Als die erste Atombombe fiel
Autoren: Ravensburger
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Strahlenerkrankungen gestorben. Um die wenigen noch lebenden Aktivisten, die in den 1980er Jahren mahnend ihre Stimme erhoben hatten, ist es still geworden.
    Weshalb gerät die Botschaft von Hiroshima allmählich in den Hintergrund? Die Antwort hängt mit der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte in Japan zusammen. Die amerikanische Besatzungsmacht hatte über alles, was mit den beiden Atomangriffen zu tun hatte, eine scharfe Zensur verhängt, sodass die Betroffenen wie auch die übrige Bevölkerung zunächst gar nicht wussten, welch ungeheuerer Zerstörungskraft die Menschen durch die Kombination von gewaltiger Hitze, extremem Druck und tödlicher Strahlung ausgesetzt waren.
    Aus den USA reisten unmittelbar nach Kriegsende Ärzte und Wissenschaftler in großer Zahl nach Hiroshima und Nagasaki, um die überlebenden Strahlenopfer gründlich zu untersuchen, allerdings nicht, um ihnen zu helfen: Keines der Opfer wurde von ihnen behandelt. Das überließen die US -Mediziner den wenigen japanischen Ärzten, die – zum Teil selber Hibakusha – mit der Situation völlig überfordert waren und dennoch ihr Menschenmöglichstes taten.
    Die von den USA verhängte Nachrichtensperre förderte die Bildung von Mythen und Legenden, zumal auch die japanische Regierung nach dem Ende der Besatzungszeit 1951/52 kein Interesse mehr an der Aufklärung des schrecklichen Geschehens hatte. Vieles geriet in Vergessenheit, dass zum Beispiel, zehntausende von koreanischen Zwangsarbeitern ebenfalls Atombombenopfer wurden. Über sie schreibt Florian Coulmas: »Die koreanischen Hibakusha waren doppelte Opfer, Opfer einer ungerechten und grausamen Herrschaft und Opfer einer unmenschlichen Waffe.« 2
    Vergessen wurde auch das »Dorf der Atombombenwitwen«, deren Männer am 6. August 1945 im benachbarten Hiroshima vor der Explosion freiwillig Aufräumarbeiten leisteten und nicht zurückkehrten.
    Zugleich geriet die historische Mitverantwortung Japans an der Nuklear-Katastrophe – schließlich hatte das Land den Krieg begonnen und mit dem heimtückischen Angriff auf den amerikanischen Stützpunkt Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 die USA herausgefordert – weitgehend aus dem Gedächtnis. So konnte Japan in eine Art Opferrolle hineinwachsen, die dem Land in keiner Weise zustand, denn es hatte im Verlauf des Pazifischen Krieges die entsetzlichsten Verbrechen begangen, etwa bei den Massakern von Nanking im Dezember 1937 und beim Todesmarsch auf Bataan auf den Philippinen.
    Die eigentliche Ursache dafür, dass die Folgen der Atomangriffe auf Hiroshima und Nagasaki tabuisiert und zum Teil verdrängt wurden, liegt aber in den USA . Der amerikanische Präsident Harry S. Truman, der den Einsatzbefehl gegeben hatte, rechtfertigte seine Entscheidung mit Gründen, die bis heute von den meisten Amerikanern geteilt werden, obwohl sie nicht stichhaltig sind. Nach Angaben von Truman mussten die unter größtem Zeitdruck entwickelten Atombomben eingesetzt werden, um Japan endlich zur Kapitulation zu zwingen und so das Leben von hundertausenden amerikanischer und japanischer Soldaten wie Zivilisten zu retten.
    Die historische Wirklichkeit war anders: Japan war schon vor dem 6. August 1945 zur Kapitulation bereit. Durch die umständliche japanische Bürokratie kam es jedoch zu Verzögerungen. Beide Seiten standen längst in Kontakt. Letztlich ging es nur noch um die Frage, ob es für den als gottgleich angesehenen Kaiser Hirohito im Nachkriegsjapan eine Funktion geben könne.
    Wie in Deutschland lagen auch in Japan im Sommer 1945 fast alle großen Städte nach verheerenden Luftangriffen in Schutt und Asche. Das von fanatischen Militärs regierte Land besaß keine Kraft mehr zum Kriegführen. Nach der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 stand Nippon, wie es sich damals nannte, gegen den Rest der Welt. Auch die verlustreiche Schlacht um die südjapanische Insel Okinawa im Juni 1945 kann nicht als Beleg für die Richtigkeit der Behauptung Trumans herhalten. Denn mit dieser Schlacht war die Kraft zur Gegenwehr gegen die anrückenden US -Truppen endgültig erschöpft.
    Tatsächlich ging es US -Präsident Truman um etwas ganz anderes. Im aufkommenden Kalten Krieg wollte er der Sowjetunion die Überlegenheit der USA überdeutlich vor Augen führen und demonstrieren, dass Amerika die Bombe nicht nur besaß, sondern auch einsetzen konnte. Dazu hätte allerdings ein nuklearer Sprengkörper genügt. Unter diesem Blickwinkel war die zweite Atombombe eine
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