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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater
Autoren: Rita Mae Brown
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Heiratsantrag machen würde, ehe sie ihr letztes College-Jahr hinter sich hatte. Und es wäre wirklich eine glänzende Partie. Die Harrisons aus Charles City, Virginia, hatten einen Präsidenten der Vereinigten Staaten hervorgebracht, und sie hatten Geld wie Heu. Das Geld der Harrisons übte auf J.R. weit mehr Anziehungskraft aus als ihr Stammbaum. Ihre eigene Herkunft war nicht minder beeindruckend – nur ohne Präsidenten.
     
In Virginia geboren und aufgewachsen, kannte R. J. die Bedeutung von Abstammungen und war bis zu einem gewissen Grad der Meinung, daß die Zeugung von Menschen sich keinesfalls von der Pferdezucht unterschied. Man paare die Besten mit den Besten und hoffe das Beste. Aber Geld spielte eine viel größere Rolle, als die alteingesessenen Familien Virginias wahrhaben wollten.
     
Eins mußte man den Yankees lassen, sie waren vollkommen aufrichtig in ihrem Streben nach Wohlstand. Und diesen Mangel an Zurückhaltung konnte ihnen natürlich kein Virginier verzeihen.
     
»O ja, ich wünsche dir Glück, ein reiches, erfülltes Leben. Und Mignon auch. Eine gute Heirat ist ein Schritt in die richtige Richtung.«
     
»Du hast einen solchen Schritt nicht getan«, hielt Vic ihrer Mutter unverblümt vor.
     
»Nein. Ich habe aus Liebe geheiratet, und du siehst, wohin mich das geführt hat.« Sie lächelte verhalten. »Und ich liebe deinen Vater immer noch. Er spielt. Oh, er tut’s an der Börse, das macht es irgendwie annehmbar, aber ich sehe da keinen Unterschied zu den Jungs draußen in Goswells, die auf Hähne wetten. Hahnenkämpfe versprechen wenigstens mehr Spannung als kleine graue Zahlen.«
     
»Ich hab etwas Geld auf die Seite gelegt. Ich könnte Mignon was zum Anziehen kaufen.«
     
»Vic, du bist ein Schatz, aber tu das nicht. Sie muß erst mal den Babyspeck loswerden. Es macht mir nichts aus, wenn ich sie in Großmama Catletts alte Hauskleider stecken muß, bis sie die Pfunde los ist. Das sollte ihr ein Ansporn sein. In der Zwischenzeit verplempere ich die spärlichen Mittel, die ich zur Verfügung habe, für Zigaretten und Rosen. Mein Garten hat noch nie so prächtig ausgesehen wie dieses Jahr.«
     
Ihr Gespräch wurde von Schritten auf der Treppe unterbrochen.
     
Vic stand auf und öffnete die Tür, noch bevor der Gast Zeit hatte anzuklopfen. »Komm rein.«
     
»Verzeihung. Ich wußte nicht, daß du Besuch hast.« Chris trat einen Schritt zurück.
     
»Meine hochverehrte Mutter. Nur hereinspaziert. Mutter liebt Publikum. Du bist ein neues Ohr für ihre vielen Geschichten.«
     
Chris trat über die Schwelle. Sie bemerkte, wie kahl Vics Apartment war. Ein Küchentisch, vier Stühle und eine eingebaute Anrichte. Das war alles, was sie sah.
     
»Mutter, das ist Chris Carter. Chris, meine Mutter, R. J. Savedge, die schönste Frau im Süden von Virginia.«
     
Chris ging zu R. J. um ihr die Hand zu geben. Wie es sich für ihren Stand schickte, streckte R. J. nur die Hand aus, ohne aufzustehen.
     
»Ich freue mich immer, Freunde meiner Tochter kennen zu lernen.«
     
»Setz dich. Jetzt kann ich mich revanchieren, du kriegst ’ne Cola von mir.« Vic stellte Chris ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas hin. Die kalte Dose folgte sogleich. »Mutter, soll ich dir nachschenken?«
     
»Nein, danke. Aber du kannst den Aschenbecher ausleeren.«
     
Vic kippte die Asche weg, wischte den Aschenbecher aus und stellte ihn ihrer Mutter wieder hin.
     
»Danke, Liebes.« Sie sah sich den Aschenbecher genau an, einen runden Glasbehälter, mit einem Minigummireifen, eine Goodrich-Reklame aus den 40er Jahren. »Hat deine Tante Bunny dir den geschenkt?«
     
»Ja.«
     
R. J. wandte sich Chris zu. »Du darfst Vic das mit der schönsten Frau nicht glauben. Sie schmeichelt mir.«
     
»Ich glaube ihr. Sie könnten Zwillinge sein. Kaum zu fassen, daß Sie ihre Mutter sind.«
     
R. J. lächelte. »Du gefällst mir, Chris.«
     
Wer R. J. zum ersten Mal sah, war gewöhnlich überwältigt. Wie Vic gesagt hatte, war sie etwas über einsfünfundachtzig groß, vollendet proportioniert, mit tiefschwarzen Haaren und grünen Augen – allerdings waren ihre Augen einen Ton heller als die ihrer ältesten Tochter.
     
»Danke.« Chris lächelte ebenfalls; ihre Nervosität legte sich etwas.
     
»Da wir auf der anderen Seite vom Fluß wohnen, kann ich bequem nach Williamsburg kommen, was meiner geliebten Erstgeborenen nicht immer in den Kram paßt.«
     
»Ich seh dich gern bei mir, Mutter.« Vic sagte es scherzhaft, aber
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