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Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Titel: Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
Autoren: Colin Beavan
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Wer in Kanada angeln geht, wird mit ziemlicher Sicherheit mit leeren Händen nach Hause fahren, denn in 14   000 Seen gibt es aufgrund des sauren Regens keine Fische mehr. Wer einen Waldspaziergang macht, um Vögel zu beobachten, findet sich möglicherweise einem der riesigen gelben Bulldozer gegenüber, die auf unserem Planeten innerhalb eines Jahres sechzehn Millionen Hektar Wald niedermähen, um daraus Klopapier und Kaffeebecher aus Pappe herzustellen.
    Und dann die Dinge, die wir uns selbst antun. In New York City zum Beispiel leidet jedes vierte Kind, das in der Bronx lebt, an Asthma, zum großen Teil ausgelöst von den Abgasen der Laster, die den New Yorker Müll abtransportieren. Mittlerweile haben Fachleute festgestellt, dass eine ganze Anzahl von Krankheiten wie Lungeninfektionen, Unfruchtbarkeit, Parkinson, Brustkrebs, Prostatakrebs und Autismus, um nur ein paar zu nennen, mit den gefährlichen Mengen giftiger Chemikalien zusammenhängen, mit denen wir Luft, Wasser und Erde verseuchen.
    Es ist also nicht so, dass die Menschheit sich bestens amüsiert, während sie den Planeten ruiniert. Ganz im Gegenteil. Wir spüren Unbehagen und ein schlechtes Gewissen, das uns in früheren Zeiten vielleicht dazu getrieben hätte, etwas zu unternehmen. Heute jedoch scheint es mit einem lähmenden Gefühl der Hilflosigkeit verbunden zu sein.
    »Worauf ich hinauswill«, sagte ich zu Eric, »ist Folgendes:Ich will, dass meine Arbeit meine Überzeugungen widerspiegelt. Ich will über das schreiben, was wichtig ist. Ich will etwas dazu beitragen, dass die Einstellung der Menschen sich ändert. Ich will versuchen, die Gesellschaft dahin zu bringen, dass sie ein bisschen weniger auf ihren Genuss achtet und ein bisschen mehr auf Freundlichkeit und Rücksicht, gegenüber den Menschen und gegenüber dem Planeten.«
    »So, wie du es beschreibst, wird das ein Flop«, lautete Erics Antwort. »Du hast ja recht, aber wie soll ich einen Verleger davon überzeugen, dass die Leute 24,95 Dollar für ein Buch ausgeben, das ihnen vorhält, wie verkorkst sie sind? Und selbst wenn irgendwer das lesen wollte, wieso sollten sie es sich ausgerechnet von dir erzählen lassen, einem Geschichtsautor, der in dieser Richtung überhaupt nichts vorzuweisen hat? Ich glaube, du solltest doch lieber einen Roman schreiben«, frotzelte er.
     
    Als ich an dem Nachmittag die Wohnungstür aufschloss, schlug mir eine Woge kalter Luft entgegen. Eric hatte recht. Wenn ich stundenlang die Klimaanlage eingeschaltet ließ, obwohl niemand zu Hause war, fehlte mir nicht nur die professionelle Autorität, über Umweltdinge zu reden, sondern auch die moralische. Es war genau dasselbe wie mit Michelle und ihren Pelzen. Ich wollte andere Leute dazu bringen, ihr Verhalten zu ändern, war aber selbst nicht willens oder in der Lage, in den Spiegel zu schauen.
    Wäre ich noch Student gewesen, hätte ich gegen mich selbst demonstriert.
    Im Zen-Buddhismus gibt es ein Koan, das genau die Klemme beschreibt, in der ich steckte: Vor langer Zeit kam eine wilde Katze in das Kloster des Zen-Meisters Nam Cheon. Manchmal legte die Katze sich auf den Schoß der Mönche, die im Ostflügel wohnten, und manchmal auf den der Mönche, die im Westflügel wohnten. Doch anstatt sich gemeinsam um die Katze zu kümmern, wurden die Mönche der beiden Hausflügel eifersüchtig aufeinander.
    »Wir lieben die Katze mehr als ihr, also sollte sie bei uns leben.«
    »Nein, wir können uns viel besser um die Katze kümmern. Sie sollte bei uns bleiben!«
    Eines Tages entbrannte der Streit mitten im Meditationsraum. Schließlich stürmte Zen-Meister Nam Cheon herein. Er packte die Katze, hielt ihr ein Messer an den Hals und sagte: »Mönche, gebt mir ein einziges wahres Wort der Liebe zu dieser Katze, und ich lasse sie am Leben. Wenn nicht, töte ich sie.«
    Nam Cheon stellte die Mönche auf die Probe. Liebten sie die Katze wirklich, oder wollten sie nur den Streit gewinnen? Waren sie bereit, Verantwortung für das Leben der Katze zu übernehmen, oder waren sie zu sehr abgelenkt von ihren Machtspielen? Doch keiner der Mönche sagte oder tat etwas. Sie überlegten nur, wie sie die andere Seite übertrumpfen konnten. Und so schnitt Nam Cheon der Katze die Kehle durch.
    Was mir zunehmend Sorgen bereitete, war die Erkenntnis, dass ich und das politische System, dem ich angehörte, was das Wohlergehen unseres Planeten betraf, nicht viel anders waren als diese Mönche. Wir steckten unsere Energie nur in das
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