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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis
Autoren: Gary Paulsen
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Herzattacken anwenden konnte. Beatmung von Mund zu Mund, zum Beispiel, oder eine Herzmassage durch rhythmischen Druck auf den Brustkorb. Aber Brian wusste nicht, wie man so etwas machte. Außerdem war es unmöglich, weil der Pilot, von seinen Sicherheitsgurten gehalten, aufrecht im Sitz hing. Ängstlich fuhr Brian mit den Fingerspitzen über den Brustkorb des Mannes. Aber da war kein Herzschlag, kein Heben und Senken des Atems. Mit grausamer Klarheit wurde Brian bewusst, dass der Pilot wahrscheinlich tot war.
    »Bitte!«, flehte Brian. Aber er wusste nicht, wer seine Bitte hören sollte. »Oh, bitte …«
    Wieder sackte das Flugzeug durch, von Turbulenzen geschüttelt. Es stürzte nicht ab, aber Brian sah, dass die Nase in flachem Winkel nach unten zeigte. Dies bedeutete, dass die Maschine irgendwann zwischen den Bäumen landen musste. Wo Brian vorhin die Leere des Horizonts gesehen hatte, drohte jetzt das Dickicht der Wipfel.
    Irgendwie musste es ihm gelingen, das Flugzeug zu fliegen. Er musste es steuern – und zwar allein. Der Pilot konnte ihm nicht mehr helfen. Er musste sich selber helfen und es versuchen. Er musste das Flugzeug fliegen.
    Brian drehte sich wieder nach vorn, legte die zitternden Hände ans Steuer und tastete mit den Füßen nach den Ruderpedalen. Man musste das Steuer nach hinten ziehen, damit das Flugzeug sich aufrichtete. So viel wusste er aus Büchern. Er versuchte es und das Steuer glitt ihm ganz leicht entgegen. Viel zu leicht. Das Flugzeug, das sein Tempo im Sturzflug beschleunigt hatte, schwenkte so jäh in die Höhe, dass Brian sich fast übergeben musste. Er stieß das Steuer nach vorn, diesmal zu weit, und wieder tauchte die Motorhaube des Flugzeugs unter den Horizont. Wieder begann der schnelle, unausweichliche Sturz, hinab auf die Baumwipfel.
    Oh, das war zu weit!
    Er zog das Steuer wieder zurück, vorsichtiger als beim letzten Mal, und die Nase richtete sich auf. Schon wieder zu weit, aber nicht mehr so plötzlich! Brian drückte das Steuer nach vorn, zog es behutsam wieder zurück – und jetzt endlich hörte das schwindelerregende Auf und Ab der Maschine auf. Waagerecht dehnte sich der Horizont, ruhig schwebte das Flugzeug dahin und Brian konnte endlich wieder tief Luft holen. Jetzt hieß es gut überlegen, was er als Nächstes tun sollte.
    Es war ein klarer, sonniger Tag, nur vereinzelte Wölkchen an einem stahlblauen Himmel, und Brian wagte einen Blick durch das Seitenfenster. Er hoffte etwas zu entdecken, irgendeinen Anhaltspunkt, aber da war nichts. Nur das Grün der Bäume, eine grüne Unendlichkeit, und dazwischen die blinkenden Wasserflächen von Seen, etwas zahlreicher in der Richtung, in der er flog. Aber wohin flog er denn?
    Ja, er flog, aber er wusste nicht, wohin. Er hatte keine Ahnung, wohin die Reise führte. Er starrte auf das Armaturenbrett, studierte die Instrumente und hoffte dort auf Hilfe. In einem verwirrenden Durcheinander von Leuchtziffern, Skalen und Lampen hoffte er den Kompass zu entdecken. Eine beleuchtete Skala, in der oberen Mitte der Instrumententafel, zeigte die Zahl 342. Und eine andere, gleich daneben, zeigte die Ziffern 22. Gleich darunter gab es Instrumente mit schwankenden Linien, die offenbar Aufschluss über die Stellung der Höhen- und Seitenruder gaben. Eine andere Skala zeigte die Zahl 70 – und Brian rätselte, ob dies der Höhenmesser sei. Aber was zeigte er an? Etwa die Flughöhe über dem Boden oder die absolute Höhe über dem Meeresspiegel? Irgendwann hatte Brian etwas über Barometer und Höhenmesser gelesen – aber er wusste nicht, welche Höhe solche Instrumente anzeigten.
    Links unter dieser Skala fand er ein schmales, rechteckiges Paneel mit zwei Schaltknöpfen. Dann aber sah er, dass dort Buchstaben ins Blech gestanzt waren: TRANSMITTER 221, konnte er entziffern – und jetzt wusste er, dass es das Funkgerät sein musste!
    O ja, das Funkgerät! Vielleicht gelang es Brian, eine Funkverbindung mit irgendeiner Bodenstation herzustellen. Hatte der Pilot nicht ins Mikrofon gesprochen, bevor seine Schmerzen einsetzten? Noch immer wollte Brian sich nicht eingestehen, dass der Mann neben ihm tot war.
    Brian sah den Piloten von der Seite an. Sein Kopfhörer mit der Sprechmuschel war zur Seite gerutscht, als der Mann sich in seinem Sitz aufbäumte. Der Schalter des Mikrofons war noch an seinem Gurt befestigt.
    Ah, der Kopfhörer und das Mikrofon! Brian musste sie dem Piloten abnehmen und versuchen das Funkgerät einzuschalten. Dies war
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