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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Autoren: Gerhard Henschel
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abgerubbelt.
    Ob der Nikolaus und Knecht Ruprecht zwei verschiedene oder einer und derselbe waren, wußte keiner so genau. Knecht Ruprecht war jedenfalls der mit der Rute.
    Volker hatte Mandelentzündung und mußte ins Krankenhaus. Am Tag nach der Operation nahm Mama mich mit hin.
    Er wollte partout nichts essen, und nur mit viel Mühe und gutem Zureden trichterte Mama ihm einen halben Leibnizkeks ein.
    Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben.
    Volker sehe aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve, sagte Mama abends zu Papa.
    Als Volker wieder da war, konnte er sechs Adventskalendertürchen aufmachen. Sonne, Blume, Apfel, Kerze, Glocke, Pilz.
    Auf meinem Kalender waren Kinder beim Rodeln mit fliegenden Engeln obendrüber. Auf Renates und auf Volkers Kalendern war beide Male der Weihnachtsmann, einmal im Schlitten mit schnaubenden Hirschen davor und einmal mit Geschenkesack über der Schulter auf einem beschneiten Hausdach, ein Bein schon im Schornstein.
    Türchen offenlassen oder wieder zudrücken, das war die Frage. Bei offenen war das Bild vornedrauf zerlöchert, und bei zuen wußte man nicht, wieviele Tage schon um waren und wie dicht das Christkind vor der Tür stand.
    Das Christkind gehörte auch irgendwie dazu, aber mir war der Weihnachtsmann lieber, weil der die Geschenke brachte.
    Am größten war das letzte Türchen. Das hatte zwei Türflügel und ging in der Mitte auf.
    Wir durften alle drei beim Backen helfen, mit Lätzchen um und hochgekrempelten Ärmeln.
    Safran macht den Kuchen gehl. Gehl, was das wohl sein sollte. Nie gehört.
    Den von Renate gekneteten Teig rollte Volker mit der Kuchenwalze platt, und ich durfte die Kekse ausstanzen. Eckige, runde und sternförmige.
    Von mir aus hätten wir den Teig auch gleich so aufessen können.
    Am 24. war bei uns allen ein Krippenbild im Adventskalender. Maria und Josef mit dem Christkind und die drei Könige aus dem Morgenland.
    Im Wohnzimmer wurde den ganzen Tag geraschelt und gewispert, aber durchs Rubbelglas in der Tür konnte man nicht viel sehen.
    Für Mama und Papa hatte ich ein Bild gemalt, mit Buntstiften: Hühner beim Spaziergang.
    Vor der Bescherung mußten wir Ihr Kinderlein kommet singen, zusammen mit dem Chor auf der knisternden Platte.
    Und seht, was in dieser hochheiligen Nacht!
    Es war heiß im Wohnzimmer wegen der brennenden Kerzen am Tannenbaum. Silbernes und goldenes Lametta und die schillernden Christbaumkugeln, die man nicht anfassen durfte.
    Jeder hatte seinen bunten Teller, mit Lebkuchen, Keksen, Walnüssen, Dominosteinen und Schokoladenkugeln in Goldpapier, das nur mit Knibbeln abging. Die Dominos waren innen schön süß.
    Meine Geschenke waren Max und Moritz als Handpuppen und ein Holztraktor mit Lenkrad und Anhänger und ein Buch, das Renate mir vorlas: Die Sonne stieg weiter ins Himmelszelt, da kamen drei Füchse über das Feld. Da flohen drei Hühnchen und Hähnchen. Da schlüpften drei Katzen ins Mausehaus, da sprangen drei Mäuse vor Graus hinaus, da weinten die Mäuse drei Tränchen.
    Die Schwänze von den Mäusen sahen aus wie Regenwürmer.
    Freuen sollte ich mich auch über die blaue Strumpfhose von Tante Gertrud, obwohl ich nicht mal wußte, wer das war, Tante Gertrud.
    Renate hatte eine Kindernähmaschine gekriegt und Fingerhandschuhe und zwei Bücher: Die wunderbare Puppenreise und Gutenachtgeschichten am Telefon.
    Wenn das neue Lichtsignal an Volkers Eisenbahn auf Rot stand, hielt die Lok automatisch an. Der Trafo war dunkelrot und wurde nach einer Weile ganz warm.
    Da schliefen drei Hühner in ihrem Schlag. Da piepten drei Mäuse: Was für ein Tag! Und sanken erschöpft in die Betten.
    »Und das tut ihr jetzt auch, meine Lieben!« sagte Mama.
    Ungerecht fand ich, daß Volker schon drei Wochen nach Weihnachten Geburtstag hatte und wieder Geschenke einkassieren konnte, einen Güterbahnhof, Geld und Süßigkeiten. Aus Wut zerbiß ich mein Wasserglas und kriegte einen Klaps.
    »Bist du noch ganz bei Trost?«
    Ich sei ein Schlot. Ein Schlingel und ein Schlot.
    Rickeracke, Hühnerkacke.
    Beim Essen brauchte Volker immer am längsten. »Du mußt doch mal was auf die Rippen kriegen«, sagte Mama. Er sei so spillerig, so spuchtig und verträumt. Ein Hungerhaken, nichts als Haut und Knochen. »Von Luft und Liebe kannst du auf Dauer nicht leben!«
    Dann sollte er auch noch zum Zahnarzt, und ich mußte im Wartezimmer neben Mama stillsitzen.
    Die Tapete war schwarz mit grünen Dreiecken, und von den Regenschirmen im Schirmständer
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