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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen
Autoren: Albrecht von Haller
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mit seinen Kleidern, und mit seinen niedrigen Umständen nicht vergleichen konte. Die Sitten der erhabnern Welt konte Alfred nicht verbergen. Er war der beste Dichter unter den Sachsen, niemand schrieb in ihrer Sprache mit der Zierlichkeit, die ihm eigen war. Er unterhielt die Fräulein bald mit kurzen Gedichten, und bald mit Erzählungen, deren Anmuht sie fesselte, und die Stunden ihrer Gegenwart sie zwang zu verlängern.
    Unter verändertem Namen erzählte Alfred seine Reisen, seine Kriege; er hatte den großen Schlachten beygewohnt, wie er sagte, bey denen er doch würklich der Anführer gewesen war. Die Pracht des großen Roms, die Schönheiten des glükseligen Welschlands, die Mirtenbüsche, die Wälder von triumphirenden Lorbeerbäumen, die immer blühenden Inseln des mittelländischen Meers, wußte er mit einer Lebhaftigkeit zu beschreiben, die Alswithen bezauberte. Von ihren eigenen Reizen, von den Vorzügen ihrer Seele sprach er, wie ein niedriger Bedienter, der seine Augen zu einer erhabenen Fürstin nicht aufheben darf, und dennoch ihre Vortreflichkeit fühlt: er kleidete seine eigenen Empfindungen in Lieder ein, die alt seyn solten, aber für Alswithen gedichtet waren, und sich allein zu ihr schikten. Wann sie erröhtete, und Alfred besorgte, sie möchte die alzu dreiste Unterredung abbrechen, so wußte er sich ohne Zwang zu andern Gesprächen und zu einem ehrerbietigen Scherze zu wenden. Er begleitete seine Lieder mit der Laute, die er vortreflich schlug, und die die rührende Kraft seiner holdseligen Stimme unendlich vermehrte.
    Das Fräulein war in den ersten Jahren ihrer Jugend, nach den Sitten ihrer Zeiten war sie in der väterlichen Burg erzogen worden, und hatte viele kühne Krieger, und viele rüstige Ritter gekant: aber die edle Anmuht Alfreds, und der einnehmende Wiz seiner Reden, hatte für sie alle Reize der Neuigkeit. Des Königs Bildung, die er einigermaßen mit einer gekünstelten Farbe verstelt hatte, konte doch nicht gänzlich unterdrükt werden, und der Adel seiner Seele leuchtete aus den lebhaften Augen. Unvermerkt gefiel der Umgang, und bald auch die Person des Unbekanten, der unschuldigen Fräulein, und ihr Herz war eingenommen, eh sie es gewahr worden, daß es sich ergeben hatte.
    Dem scharfsichtigen Alfred konte der Eindruk nicht verborgen bleiben, den er auf die Fräulein gemacht hatte; er wagte es in deutlichern Ausdrüken sie merken zu lassen, daß er sie liebte. Ohne eine förmliche Erklärung seiner Gesinnungen, hatte er die Gefühle seines Herzens kentlich abgeschildert. Alswitha hatte, ohne zu wissen wie weit sie sich schon verstrikt hatte, keinen Verdacht auf sich selbst geworfen. Sie gewöhnte sich seine Blike mit Gegenbliken zu erwiedern, ihre Stimme nahm die vertrauliche Süßigkeit an, die die unbeflekte Jugend demjenigen gewährt, der sie das erste Lieben gelehrt hat. Sie hatte kleine Geheimnisse, die nur Alfred wissen solte, und sie stimte mit ihm ein, wann er unter fremden Namen die Liebe besang.
    Die Wunde des Königs war nunmehr geschlossen, ihm fehlte ein Vorwand in der Burg des Grafen sich länger aufzuhalten; es bereitete sich überdem alles zu den Unternehmungen, die ihn wieder auf den Thron der Sachsen sezen solten, und der Jüngling war schon zu weise, der Liebe die Pflichten aufzuopfern, die er seinem Volke und seiner eigenen Würde schuldig war. Er konte dennoch sich aus den angenehmen Banden der schönen Alswitha nicht reißen, ohne eine Versicherung mitzunehmen, daß ihr Herz ganz das seine wäre. Er erlaubte sich eine Verstellung, die sonst ihm nicht angebohren war: aber er versprach sich dabey, die kurze Qual, die er der Fräulein anthäte, solte durch die beständige Liebe vergolten werden.
    Edelbert war zu einer ritterlichen Uebung verreiset, die ein andrer Großer ausgeschrieben hatte. Alfreds Arm war noch nicht stark genug, eine Anstrengung der Kräfte auszustehn; Edelbert hatte ihn in der Burg gelassen, die auf einem Hügel lag. In einer Gruft des Felsen entsprang eine kühle Quelle, die wider die schwule Sommerluft der Fräulein zur Zuflucht diente. Wulf, sagte die Leutselige, kent die vornehmste Zierde dieser Burg noch nicht; sie führte ihn in die Gruft. Niemahls hatte Alfred das geringste unternommen, worüber ihre Tugend hätte schüchtern werden können; und ob er ihr wohl gefiel, und sie dieses Gefallen sich selber nicht mehr verheelen konte, so hielt sie ihn doch für einen bloßen streitbaren Jüngling von unedler Geburt, zu dem sie
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