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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen
Autoren: Albrecht von Haller
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Menschen weiß Auswege, sie zu retten, sagte der gesittete Biarmier, und seine Güte führte aus dem entferntesten Abend einen Helden her, dem er unsre Errettung anvertrauet hatte.«
    Othar bezeigte seine Freude, daß er ein so hartes, und durch keine Laster verdientes Unglük zu endigen würdig war gefunden worden.
    »Was wäre, sagte er nachdenkend, der Mensch ohne die Künste, die selbst ohne dieß geselschaftliche Leben unmöglich wären? Etwas Eisen, die Frucht der vereinigten Arbeit eines Bergmanns, eines Schmides, eines Köhlers, eines Töpfers, eines Mäurers, eines Zimmermanns, und unzählbarer andrer Künstler, hat der unglüklichen Biarmier Leben gerettet. Vom geselschaftlichen Leben hatten sie gelernt, das Eisen umzuschaffen, den Thon zu Geschirren, die Fäden zu Striken zu drähen, die Felle der erlegten Thiere zu Kleidern zu nuzen. Unselig wäre der Mensch, wann er nicht geselschaftlich wäre, und vermuhtlich wäre das menschliche Geschlecht in wenig Jahren ausgestorben, weil die Kinder länger als kein Thier unvermöglich blieben, und sich selbst nicht die Nohtdürftigkeiten des Lebens verschaffen könten: wenn nicht der unüberwindliche Trieb zur Geselschaft den Vater und die Mutter vereinigten, den nichts wiedervergeltenden, und lauter Qual den Eltern verursachenden neuen Menschen zärtlich zu pflegen, und wieder die Rähte ihrer Eigenliebe, ihre Ruh, ihre Wollust, ihre Muße, selbst ihren Abscheu vor dem Schmerze, den unvermögenden Kindern aufzuopfern.«
    Othar segelte eine Zeitlang gegen Osten mit günstigen Winden fort; aber die Sonne war nunmehr in das Zeichen der Jungfrau getreten, der lange Tag nahm ab, die Winde wurden rauher, ein beschwerlicher Nebel bedekte die See, große schwimmende Inseln von Eis umgaben das Schif. Die kernhaften Nordmänner fürchteten den Todt nicht, wann er ihnen plözlich in der Gestalt eines Spiesses oder Schwerdtes begegnete. Aber sie wußten, daß an den gefrornen nordischen Küsten jeder Hafen ihr Grab seyn würde, daß kein Land, in unermeßlichen Entfernungen, das unumgänglich zum Leben Nöhtigste hervorbrachte, daß ihr Schif den Anfällen des Eises nicht widerstehen würde; daß es sehr ungewiß wäre, ob die unbewohnbaren Gegenden irgendwo bevölkert seyn, und daß ein elender Tod, daß Hunger und Frost sie erwartete, denen kein Muht widerstehen könte.
    Der Held ergab sich ungern, aber schon war die Schiffahrt durch die verdikte Luft so unsicher worden, daß jeden Augenblik eine unsichtbare Klippe, oder eine unvermeidliche Insel es zerschmettern konte. So nahm auch der Vorraht ab, und die Hofnung des künftigen Unterhalts konte erst in entfernten südlichen Gegenden möglich werden. Othar mußte der eisernen Nohtwenigkeit nachgeben, und das Steuer umwenden. Er brachte die dankbaren Biarmier in ihren Geburtsort zurük; er belud sein Schif mit seltenem Pelzwerk, und mit dem Raube der nordischen Seethiere, und kam bey anbrechendem Winter, nach großen ausgestandenen Gefahren, in Halgoland wieder an. Er überwinterte bey seinem Volke, das mit Erstaunen die Erzehlungen der Mitgefährten des Helden anhörte, die so viele nie besegelte Meere durchfahren, die Menschen von anderer Gestalt, und von fremden Sitten gesehen, die näher an den Angelstern sich gewagt hatten, als die Sterblichen hätten hoffen dürfen.
    Im folgenden Frühling kam Othar nach Engelland zurük, und brachte dem Könige die Geschenke des Nordens, die Zähne des Walrosses, die kostbaren Felle der Biarmier und Obdorier, die Waffen des hochgeschäzten Einhornes, die Bärte der überwundenen Walfische. Alfred vernahm mit Vergnügen die Begebenheiten seines Abgesandten, und die Nachricht von den einzig der Natur überlassenen Menschen. Er war zu mild, seine herzhaften Seeleute der augenscheinlichen Gefahr des Unterganges durch fernere Reisen in den äußersten Norden bloßzusezen, und gab dem unternehmenden Othar einen andern Auftrag, der leichter zu berwerkstelligen war.
    Der Nordmann solte diesesmahl die östliche See befahren, die aus dem großen Weltmeere zwischen Scandinavien und Deutschland sich weit nach Morgen erstrekt. Er segelte mit einem wohlausgerüsteten Schiffe durch den Sund, der die dänischen Inseln vom Reiche der Gothen trennt. Er befuhr einen Fluß, der aus dem alten Vaterlande der Angeln herkömt. Das ganze Volk hatte sich in das mildere Britannien übergeschift, und das verödete Land wurde nunmehr von den Dänen bewohnet. Othar kam zur Mündung der Weichsel, und zu dem Lande,
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