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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen
Autoren: Albrecht von Haller
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mit grausamem Geräusche in das Meer fielen. Einsame Gefilde ohne Bäume, ohne grüne Gewächse, beschneyte Hügel, und eine von den Geschöpfen verlassene Wüste war unser Reich. Wir hatten etwas Eisen und einige Waffen mit uns aus dem Schiffe gebracht, und erlegten ohne Mühe ein Rennthier, weil die Einwohner dieser Küste noch keinen Menschen gesehn, und nicht gelernt hatten, vor seinen Nachstellungen zu fliehn. Die Nacht kam, sie war kurz; denn ganze Monate durch verließ uns die Sonne niemahls. Aber ein heftiger Sturm wütete die Nacht durch im Meere, am Morgen war das Eis zerstreut; aber unser Schif, das einzige Mittel zu unserer Rettung, war in die Weite der Meere fortgeworfen worden, und unwiederbringlich verlohren.«
    »Wir sahen uns, uns fünfe, in ein Gefängniß gesperrt, das unermessene Meere umschloßen. Fern waren wir von aller Hülfe, und fast ohne Mittel, den Hunger, den Frost, und die Wut der Winde abzuwenden. Dennoch gab uns die Noht selber Muht ein; das Rennthier, das wir erlegt hatten, nährte uns einige Tage lang. Wir tranken den geschmolzenen Schnee, und fanden einen Vorraht von angespültem Strandholze, den auch die Trümmer verunglükter Schiffe bisweilen vermehrten. Ein einziges Beil und ein Messer war unser ganzes Werkzeug. Wir arbeiteten unermüdet, die Hütte zu zimmern, eh der unerbittliche Winter uns überfallen würde. Wir zündeten mit einem schnell umgedrehten Stüke Holz ein Feuer an, das wir niemahls ausgehen liessen. Aus einigen Nägeln, die wir aus einem der zugespülten Ueberbleibseln der gescheiterten Schiffe fanden, schmiedeten wir auf harten Steinen einen Hammer und zwey Eisen, womit wir zwey Stangen bewafneten: aus einer Wurzel, die eben auch ein Geschenk des Meeres war, verfertigten wir einen Bogen, und aus den Nägeln eiserne Spizen für die Pfeile.«
    »Ein weisser Bär, der Tyrann dieser Insel, der sich von dem Raube der Rennthiere nährte, fiel uns an; wir waren aber wieder zum Streite bereit, und erlegten den Grausamen mit unsern Lanzen. Seine Sehnen liessen sich in Fäden spinnen, sie lieferten uns Seile für den Bogen, auch Strike zu verschiedenem Behufe, und Fäden, womit wir aus den Pelzen erlegter Thiere uns Kleider verfertigten.«
    »Der Bogen, der in der Ferne tödtlich war, gab uns die Oberhand über die Thiere, die einsam die Insel bewohnten. Wir erlegten die Bären, wir schoßen eine große Anzahl Füchse, und so viele Rennthiere, als zu unsrer Nahrung nöhtig waren. Mit Angeln, die wir mit etwas Fleisch behängten, betrogen wir die Fische leicht, und vermehrten unsern Vorraht. Wir fanden Thon, und verfertigten aus demselben irdene Geschirre, worin wir kochen konten, und woraus wir eine Lampe zurichteten, die wir mit Bärenfett ernährten, und womit wir die langen Winter durch, die Dunkelheit einer ewigen Nacht aufheiterten; den Docht gaben uns die Strike her, die zuweilen mit den Trümmern zerschmetterter Schiffe uns zugespült wurden. Ein einziges niedriges Kraut, zugleich wohlschmekend und gesund, diente zur Abwechslung unserer Mahlzeiten.«
    »Sechsmahl hatten wir den ewigen Tag des Sommers erlebt, sechsmahl auch die entsezliche Nacht ausgestanden, die viele Monate durch, diese traurigen Gefilde bedekt. Den Schnee der unsre Hütte begrub, die unausstehliche Kälte der spätern Monate des Winters, hielt die Hütte und das Feuer ab, das wir unterhielten. Die langen Stunden brachten wir mit mühsamen Arbeiten zu, die uns die Länge der Zeit möglich machte; denn wir brachten es so weit, daß wir Nägel zu Nadeln umzuschaffen wußten.«
    »Die Erfahrung, daß unsere Lebensart nicht ganz unerträglich war, richtete uns bey den traurigen Stunden auf, die wir nicht vermeiden konten. Ach! dachte ich, wir müssen sterben; glüklich ist wer der erste stirbt, wer noch die Stimme seiner tröstenden Freunde hört, wer in seiner lezten Schwachheit einige Hülfe hoffen kan, wem andere Menschen das Auge zudrüken. Aber was wird das Schiksal des Ueberlebenden seyn, der ohne Freund, ohne Beystand, in seinem Unvermögen, weder Speise erwerben noch genießen, der auch die gröste Nohtwendigkeit des Menschen, den Durst, nicht wird stillen können, der einsam verschmachten, und lebendig verwesen muß?«
    »Auch drohten uns die nöhtigsten Werkzeuge zu verlassen; das Beil, auf welchem unsre Beholzung, und die Ablehnung der Kälte beruhte, war biß aufs Heft abgenuzt. Von unserm einzigen Messer war nichts mehr übrig, und diese Verluste waren unersezlich. Aber der Schöpfer der
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