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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen
Autoren: Albrecht von Haller
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Winde herrschten hier, wie bey den nordwestlichen Wilden; aber die vereinigten Kräfte der Menschen hatten die Natur verbessert. Die Erde war unter ihren Händen fruchtbar geworden; sie kanten den Nuzen der Werkzeuge, sie halfen einander ihre Häuser aufzurichten, und zu erbauen; sie irreten nicht aus Dürftigkeit im öden Lande herum, sie hatten Gärten und Felder, sie tauschten ihren Ueberfluß gegen die nüzlichen Waaren südlicher Völker; sie waren der Hungersnoht nicht bloßgesezt, die bey einer ungünstigen Witterung oft die Wilden aufreibet. Was einem Menschen unmöglich gewesen wäre, das erzwang die übereinstimmende Stärke der Menge. Die Wissenschaften gesitteter Völker warfen auch in diese entfernte Länder einen Theil ihrer Strahlen, sie kanten und verehrten ein oberstes Wesen.
    Othar fand, daß die Religion die Bande der Menschheit verstärkt, und uns gegen unsere Brüder zu Pflichten verbindet, die der Wilde nicht kent; daß wir das Mitleiden zärtlicher fühlen, und die Noht und das Unglük andrer eifriger mildern; und daß endlich die ungeselschaftlichen Menschen in ihren wenigen Künsten nicht zunehmen, nichts erfinden und nichts volkommener machen; und hingegen die gesitteten Völker täglich mehrere Mittel erfinden, die Lasten des Lebens zu erleichtern, und die angenehmen Empfindungen zu vermehren, und daß sie wachsen und zunehmen, da die wilden Völker in einer ewigen Kindheit bleiben.
    Nochmahls spante Othar seine Segel auf, und ein günstiger Südwest führte ihn gegen den nordlichen Angel der Erde. Es kam bey einer Insel vorbey, fern jenseits der Länder, die von Menschen bewohnt werden, ostwärts einer großen Insel, die ewiges Eis bedekt, wo das wenige was die Natur hervorbringt, nur einzelne Thiere ernährt. Die kleine Insel war mit tiefen Fuhrten durchzogen, und um dieselbe herum wimmelte die See mit Walfischen. Othar versprach sich einen unerschöpflichen Schaz in diesen noch niemahls besegelten Gegenden entdekt zu haben, Spizbergen. und mit derselben des Königs der Sachsen Freygebigkeit zu belohnen.
    Hartnäkig war sein Entschluß, Alfreds Wünsche zu erfüllen, und den Weg nach Kathay und Nippon zu entdeken; den Reichen, von deren Größe und Reichthum das Gerücht biß in Europa etwas gerühmt hatte. Er fuhr bey einem hellen Tage, bey einer kleinen Insel Eine wahre Geschichte des Steuermans Himkoff und seiner Gefährten. vorbey, wo er einen Rauch aufgehen sah. Hier sind doch Menschen, so nahe an der Scheitel der Welt, sagte Othar; und bald sah er etliche Fremdlinge, in Pelze gehüllt, am Strande gehn, und mit Winken, und flehendem Ruffen Hülfe von ihm begehren.
    Der Großmühtige konte keinen Menschen leiden sehen, ohne an dem Unglüke desselben Theil zu nehmen. Er stieg in einen Nachen, und reichte dem Vornehmsten der Verlassenen freundschaftlich die Hand. Es waren Biarmier, deren Sprache Othar nicht ganz fremd war. Sie fleheten ihn um der algemeinen Rechte der Menschheit willen an, sie aus dieser Einsamkeit zu erlösen. Othar war gleich willig die Unglüklichen zu retten; sie baten ihn aber in eine Hütte zu treten in welcher sie sechs lange Jahre zugebracht hatten.
    Die Hütte war in eine Grube der Erde gesenkt, und von Holz aufgeführt das die gütige Natur an die so ungastfreyen Ufer durch das Meer zuführt, und von entfernten Waldungen abspült. Mit Moos waren die Rizen gestopft; ein Feuer brante auf dem einsamen Heerde, das niemahls ausgelöschet worden war. Die Reichthümer der Unglüklichen waren in der Hütte verwahrt. Felle von erlegten Bären, von kostbaren Füchsen, von Rennthieren, Fett von eben diesen Thieren, Fäden, Strike, und Gespinste, von Bärensehnen, einige irdene Geschirre waren die Schäze der Verlassenen. Die Biarmier bewirtheten ihre Gäste mit Thierfleisch, und die Nordmänner liessen sie den längstvergessenen Saft der Gerste wieder kosten.
    Nach der Mahlzeit brachten die Wenigen ihre Reichthümer, und ihre Waffen in das Schif, und ein günstiger Westwind beförderte ihre Reise gegen das äußerste des Morgens. Die Einsamkeit einer öden See zu mildern, bat Othar die Erretteten, ihre Geschichte ihm zu erzählen.
    »Wir sind Fischer, sagte der älteste Biarmier. Wir fuhren nach Walfischen, und bey dieser Insel umschloß uns das Eis. Wir traten ans Land, und suchten eine Höle, wo wir in dieser fürchterlichen Einsamkeit, vor dem tödtenden Froste uns bergen könten. Wir sahen nichts als Klippen, die durch den Frost gespalten, in gebrochenen Felsstüken
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