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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom
Autoren: Rolf D. Sabel
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desExpeditionsheeres von Gallien nach Britannien überwacht und damit seinen Anteil geleistet an der einzigen und überaus erfolgreichen Kriegsaktion des Kaisers, der Eroberung und Befriedung weiter Teile Britanniens. Das vergaß ihm der Kaiser nicht, und Narcissus wusste das.
    »Weißt du, was der Cäsar zu so früher Stunde von mir will?«, fragte der Prätorianertribun.
    Narcissus lächelte wissend und zog die Augenbraue hoch. »Sicher wird er es dir sagen, aber es liegt nicht in meinen Händen, dir darüber Auskunft zu geben.«
    Diese gestelzte Redeweise war typisch für Narcissus und die anderen Freigelassenen, die sich nun in ihrer neuen, mächtigen Stellung eine kaum zu übersehende Arroganz zugelegt hatten.
    Pallas, der als besonderer Vertrauter Agrippinas, der Ehegattin des Kaisers, galt, ließ sich nicht einmal dazu herab, mit so minderwertigen Leuten wie Sklaven oder Freigelassenen zu sprechen, sondern verkehrte nur schriftlich mit ihnen.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und zwei Senatoren in weißer Toga verließen den Raum. Augenscheinlich hatten sie eine Standpauke des Kaisers über sich ergehen lassen müssen, denn ihre Köpfe waren so rot wie die Streifen an ihren Gewändern und die Lippen waren zu schmalen Strichen zusammengepresst.
    Narcissus gab Valerius ein Zeichen, und sie betraten das Privatgemach des Kaisers, einen großen, schmucklosen, spärlich möblierten Raum, in dessen Mitte ein großer, thronartiger Sessel stand.
    Tiberius Claudius Nero Germanicus, der allmächtige Kaiser des Imperium Romanum, saß auf diesem Sessel von blauem Brokat, der in starkem Kontrast zu seiner blütend weißen Toga stand. Allerdings wies die Toga einige Spuren der letzten Mahlzeiten auf. Mit seiner kräftigen, leicht rundlichen Figur bot der Imperator einen imposanten Anblick. Über seinen kurzen eisgrauen Haaren saß ein goldener Lorbeerkranz, der auf der rechten Seite etwas verrutscht war und so der kaiserlichen Erscheinung etwas grotesk Verzerrtes verlieh. Kleine, leicht blutunterlaufene Augen blinzelten den Ankömmling aus einem vollen Gesicht wohlwollend an.
    Zur Linken des Kaiser saß ein kleiner dicklicher Mann auf einem Schemel. Halotus, Eunuch und Vorkoster des Kaisers, wichseinem Herrn nie einen Schritt von der Seite. Da Claudius im Übermaß zu essen pflegte, war auch Halotus nie ohne Beschäftigung. Schweigend blickte er den Tribun aus kleinen Schweinsäuglein an.
    Während der Kaiser sich einige Weintrauben in den Mund stopfte, winkte er die beiden Männer zu sich. Dann wischte er sich die Lippen mit einem Seidentuch ab.
    »Mein wackerer Valerius, sei gegrüßt. Ich habe Wichtiges mit dir zu besprechen. Möchtest du ein paar Trauben oder sonst eine Erfrischung?«
    Valerius lehnte ab, obwohl er noch nicht gefrühstückt hatte. Claudius dagegen war mindestens schon beim zweiten Frühstück. Essen und Trinken gehörten zu seinen besonderen Leidenschaften, wie sein mächtiger Körper bewies.
    »So höre denn, mein lieber Freund.«
    Diese freundliche Anrede gebrauchte der Kaiser gegenüber Valerius nicht zum ersten Mal, und sie war ernst gemeint. Nach der Ermordung seines Vorgängers, des tyrannischen Gaius, den alle Welt nur Caligula nannte, waren marodierende Banden von Legionären und Prätorianern durch den Palast gezogen. Sie raubten, plünderten und brandschatzten. Claudius, der Onkel Caligulas, hatte dessen Herrschaft nur überlebt, weil er sich bewusst schwachsinnig stellte und so keine Gefahr für den grausamen Herrscher darzustellen schien. Nach dem blutigen Ende Caligulas hatte er sich vor Angst zitternd hinter einem Vorhang versteckt und gehofft, ein weiteres Mal zu überleben.
    Ein Prätorianer entdeckte ihn, zog ihn hervor, nahm ihn jubelnd auf die Schulter und präsentierte ihn den johlenden Kameraden als neuen Imperator . Doch was als weinseliger Scherz gemeint war, sollte Wahrheit werden. Dieser Gardist war niemand anderes als Marcus Valerius Aviola gewesen, was ihm neben der Beförderung zum Tribun (für die er damals mit seinen 21 Jahren eigentlich viel zu jung war) das kaiserliche Wohlwollen auf Lebenszeit einbrachte.
    Gegen den Willen des Senats, der nach den schlechten Erfahrungen mit dem Prinzipat wieder zur republikanischen Verfassung zurückkehren wollte, brachten die Prätorianer Claudius in ihr Lager und riefen ihn zum neuen Kaiser aus. Claudius erkannte dieneue Situation schnell, versprach jedem Prätorianer 15 000 Sesterzen – was einem Sold von fünfzehn Jahren
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