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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom
Autoren: Rolf D. Sabel
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den Kopf des Toten, weil ihre Bluttat noch nicht vollendet ist ... Dann entfernt sie sich mit lautlosen Schritten und verschwindet in der tosenden Nacht.
    ***
    März des Jahres 54 n. Chr.
    Lange hatte die Hauptstadt des römischen Reiches unter der Last des ungewohnt kalten Winters geächzt, aber nun zogen die ersten milden Frühlingswinde, von Ostia kommend, durch Rom. Wärmende Strahlen der frühen Morgensonne legten sich über die erwachende Stadt.
    Das Forum Romanum , Mittelpunkt des Reiches, ja der gesamten Welt, bevölkerte sich wieder mit Menschen aus allen Nationen. Langhaarige Britannier aus dem hohen Norden, stolze Libyer und geheimnisvolle Ägypter, blonde Barbaren aus dem fernen Germanien, Skythen, Parther und Medäer, dunkelhäutige Afrikaner in ihren bunten Gewändern, sie alle verliehen dem Treiben auf dem Forum Glanz, Farbe und einen Hauch von Exotik.
    Dazwischen eilten Sklaven mit ihren Herrinnen geschäftig hin und her, um frühe Besorgungen zu erledigen. Sänftenträger, die ihre Herren zum Morgenempfang ihres Patrons trugen, forderten lauthals freie Bahn. Patrizische Damen schlenderten in eleganten Morgenroben über den weitläufigen Platz und zogen bewundernde Blicke auf sich, Plebejerfrauen eilten mit voll gepackten Körben nach Hause, Gassenjungen tollten und spielten inmitten der bunten, ständig anwachsenden Menge, dazwischen flanierende Müßiggänger und mancherlei Tagediebe, die ihren heimlichen Geschäften nachgingen. Nachtschwärmer, die gerade von einem opulenten Gastmahl nach Hause strebten, trafen auf Sklaven, die die Einladungen für das nächste Festessen überbrachten. Eine Kohorte Prätorianersoldaten, Mitglieder der kaiserlichen Leibgarde, marschierte quer über den Platz zum Wachwechsel und genoss die verzehrenden Blicke, die manche der Damen ihnen zuwarfen.
    Auch in die zugigen, ausgekühlten Flure und Zimmer des kaiserlichen Palastes kehrte erste Wärme zurück, und man konnte auf das Anzünden der zahlreichen Kohlebecken verzichten. Eilfertig liefen Sklaven und Bedienstete durch die weitläufigen Hallen, um zu putzen und zu schmücken. Alte, verwelkte Blumengebinde wurden durch neue ersetzt, meist in der Farbe weiß, der Lieblingsfarbe des Kaisers. Ein Kommen und Gehen, Hasten und Rufen erfüllte die Gänge und Räume.
    Die nägelbeschlagenen Soldatensandalen eines römischen Offiziers klirrten metallisch auf dem kalten Marmorboden und näherten sich den Privaträumen des Kaisers.
    »Parole?« Die Stimme des Prätorianers ließ den Offizier abrupt innehalten.
    » Libertas !«
    »Danke, Tribun«, erwiderte der Leibgardist und ließ Marcus Valerius Aviola, selbst Prätorianer, vorbei. Der Kaiser hatte befohlen, dass niemand zu ihm gelangen dürfe, der nicht die täglich wechselnde Parole kannte. Seine Angst vor Anschlägen war übergroß, und so versuchte er sich durch eine Fülle von Wachmaßnahmen zu schützen. Dazu gehörte, dass auch Valerius sich nun im Vorzimmer seiner sämtlichen Waffen entledigte und geduldig eine Leibesvisitation durch einen weiteren Prätorianer über sich ergehen lassen musste.
    »Salve, Tribun.« Lächelnd begrüßte Narcissus, der Leiter der kaiserlichen Kanzlei, den Offizier.
    »Es ist schon merkwürdig, dass selbst die Offiziere der Leibgarde durchsucht werden, aber der Cäsar will es so. Was will man machen?«
    »Kein Problem für mich«, lachte Valerius, und seine weißen Zähne blitzten, während er sich mit einer Hand durch die schwarzen Haare fuhr, die trotz seiner vierunddreißig Jahre in voller Pracht sein männlich schönes Gesicht umrahmten. Mit seiner Größe von sechs Fuß überragte er Narcissus um fast einen Kopf, vermied es aber tunlichst, auf ihn herabzublicken. Narcissus gehörte mit Pallas, dem Berater für Finanzangelegenheiten, und Callistus, dem für die Bittgesuche zuständigen Minister, zum Kreis der Freigelassenen, ehemalige Sklaven, die unter Claudius, teils schon unter seinem Vorgänger Caligula, bis in die einflussreichsten Kreise und Ämter vorgedrungen waren. In diesen Ämtern hatten sie viel Macht und auch Reichtum anhäufen können und vergalten dies dem kaiserlichen Haus durch völlige Loyalität, jedenfalls so weit, wie es ihren eigenen Interessen förderlich schien.
    Eine Sonderstellung unter ihnen nahm ohne Zweifel Narcissus ein, der dem Kaiser am nächsten stand. Er war es, der die Verschwörung Messalinas und ihres Liebhabers Silius gegen den Kaiser aufgedeckt hatte, er hatte auch die Einschiffung
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