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Aggression: Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist (German Edition)

Aggression: Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist (German Edition)

Titel: Aggression: Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist (German Edition)
Autoren: Jesper Juul
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sehr viel höhere Kosten erzeugt. – Das, was echte Kosten verursacht, ist das unintelligente und unverantwortliche politische Management, ausgelegt auf maximal vier Jahre.
    Selbst wenn ich es gut verstehen kann, dass sich Pädagogen und Erzieher mit dem Status quo abfinden, muss ich zugeben, dass mir das gar nicht gefällt! Pädagogen und Erzieher, Spezialisten und Experten haben in den letzten drei Jahrzehnten sehr viel Aufmerksamkeit genossen, sie sind dabei sehr mächtig geworden. Es wird Zeit, dass wir soziale Verantwortung tragen und uns auf politischer Ebene einmischen.
    So viel zu dem Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft, bezogen auf das Thema Gesundheit. Im Folgenden werde ich weniger politisch und mich viel stärker auf den einzelnen Menschen und dessen Familie konzentrieren – ich werde untersuchen, welche Rolle dem Individuum und seiner Familie beim Zustandekommen und Aufrechterhalten der geistigen Gesundheit zukommt.
    Ich bin Psychotherapeut, mein Beruf ist historisch betrachtet brandneu – kaum den Kinderschuhen entwachsen. Viele psychotherapeutische »Entdeckungen« des vergangenen Jahrhunderts haben häufig alte Weisheiten bestätigt – wenn auch aus einer anderen Perspektive betrachtet und teils auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützt. Ich beschäftige mich allerdings auch als Familientherapeut mit der Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen. Daher kann ich für mich schlussfolgern: Ich stehe für ein relativ neues Phänomen ein – den Wert des Einzelnen und die Bedeutung bestimmter Beziehungsqualitäten in seinen auf Liebe beruhenden Beziehungen.
    Alles beginnt mit der Familie – zumindest mit der persönlichen und existentiell entscheidenden Beziehung zwischen Eltern (oder einem Elternteil) und Kind. Die Qualität dieser persönlichen Beziehung und die Qualität der Beziehung des Kindes zu anderen »primären Betreuern« bestimmt als Erstes das allgemeine Wohlbefinden eines Kindes. Selbstverständlich spielen dabei die sozioökonomischen Faktoren in Form von Nahrung und Bildung oder die politischen Faktoren wie Zugang zu allgemein-gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen auch eine wichtige Rolle. Eltern, Erzieher und Lehrer bilden die primäre Quelle für die geistige und soziale Gesundheit im Leben eines Kindes von 0 bis 14 Jahren.
    Demnach stellt sich die Frage, was wir über die geistige und soziale Gesundheit bislang gelernt haben und wie wir deren Entwicklung für unsere Kinder gewährleisten können.
    Wir müssten alle Psychotherapeuten, Familientherapeuten und einen Teil der Psychologen in einem großen Stadion versammeln und ihnen folgende zwei Fragen stellen:
Was hat den Großteil deiner Klienten in Schwierigkeiten mit sich selbst, den Verwandten, Partnern, Kindern, Arbeitgebern und Freunden gebracht?
Welcher wichtige Lernprozess war es, der deine Klienten aus ihren Schwierigkeiten herausgeführt hat?

    Ich bin überzeugt, dass der allgemeine Konsens der Antworten auf diese beiden Fragen wie folgt lautet: Das Maß, in dem sie sich selbst bewusst wurden, war entscheidend und konsequenterweise ihre Fähigkeit, sich mit ihren persönlichen Bedürfnissen und Grenzen zu identifizieren und sie zu definieren. Und zudem die Fähigkeit, nein zu sagen, wenn sie Nein meinen, und ja zu sagen, wenn sie Ja meinen.
    Das ist die Essenz geistiger und sozialer Gesundheit, auch wenn die Tradition uns glauben machen will, es wäre anders. So einfach und so schwer ist das!

Sich seiner selbst bewusst werden
    Was ist denn nur mit der Aggression geschehen? Warum ist sie zum Tabu geworden?
    Meine Antwort: Allein die Tatsache, dass wir uns unsere Emotionen sowie unsere inneren und äußeren Reaktionsmuster bewusstmachen und sie akzeptieren, stattet uns mit dem Selbstwertgefühl aus, das wir brauchen, um ja oder nein zu sagen, wenn es für unsere geistige Gesundheit und unser soziales Wohlergehen angemessen und notwendig ist.
    Kinder lernen zunächst nicht mittels Unterweisung, sondern durch Erfahrung. Wie echte Wissenschaftler, so lernen auch Kinder: Sie denken sich eine Theorie aus, testen sie mit Hilfe von Experimenten und lernen von ihrem Scheitern genauso viel wie von ihren Erfolgen. So verhält es sich, wenn Kinder versuchen, auf den Stuhl zu klettern oder Klavier zu spielen, wenn ein Jugendlicher der beste Fußballspieler werden will oder verliebt ist, wenn er Sex hat oder lernt, die impulsive Aggression in kreatives und konstruktives Verhalten zu verwandeln.
    Es tut mir leid, wenn ich
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