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Agenten lieben gefährlichen

Agenten lieben gefährlichen

Titel: Agenten lieben gefährlichen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Hebel bis zum Anschlag, die rote Kontrolllampe erlosch.
    Cliff Haller spürte, wie nach dem unbeschreiblichen Schmerz sein Unterkörper, vom Gürtel an, gefühllos geworden war. Er hat mir die Wirbel zertreten, dachte er absolut klar. Ich bin querschnittgelähmt. Und gleich, gleich wird die Klappe fallen. Viertausend Piranhas. Ein Schmerz von Sekunden nur …, aber dieser Ekel, dieser letzte Ekel, der als letzte Erinnerung mit ins Jenseits geht: Die aufgerissenen Mäuler der Fische, die messerscharfen Zahnreihen …
    Er lag unbeweglich auf der Falltür. Sein Gehirn hatte ausgesetzt. Alles, was man von den letzten Sekunden eines Menschen geschrieben hat, war Quatsch. Keine Erinnerung an die Mutter, an die Kindheit, an die schönen Stunden im Leben, kein rasend schneller Film, der ›Das Leben des Cliff Haller‹ hieß, nicht einmal ein Gedanke an Ellen … Nein, gar nichts, Leere, ein Vakuum, Funkstille der Seele.
    Unter ihm schnarrte etwas: Der Mechanismus, der auslösende Stromkontakt.
    Viertausend Piranhas warten auf dich!
    Er spreizte die Ellbogen und hieb die Zähne in die Unterlippe. Nicht schreien, Cliff! Nicht schreien! Nicht …
    Da fiel die Klappe, und er sank weg.
    ***
    Langsam fuhren Cascal und Rita zurück nach Rio de Janeiro. Schweigend saßen sie nebeneinander. Cascal lenkte den Wagen, Rita starrte auf die hell erleuchteten Straßen. In ihr war absolute Leere. Sie lauschte nach innen und hörte nicht einmal mehr ihr eigenes Herz klopfen. Als Cascal sie ansprach, sah sie ihn an mit Augen, die keinen Funken Seele mehr in sich trugen.
    »Er war sofort tot«, sagte Cascal heiser. »Ich habe die Falltür deutlich herunterklappen hören. Nicht einmal geschrien hat er. Bei Gott, ich kann keine Piranhas mehr sehen!« Er fuhr etwas langsamer, schlich durch die breiten Avenidas, auf denen sich der Glanz der Millionenstadt spiegelte, um Rita genauer ansehen zu können. »War das nötig, favorita? Zugegeben – er hat mich besiegt, er hat mich meine Karriere gekostet … aber er war im Grunde genommen ein einmaliger Mensch! Er war einer, den man in die Fresse schlagen und trotzdem ehren kann. Einer der letzten Abenteurer unserer Zeit.«
    »Es mußte sein!« sagte Rita kurz. »Und jetzt nenne seinen Namen nicht mehr, sonst bringe ich dich um!«
    Bis zur Wohnung Cascals war es eine gute Stunde Fahrt. Erst in dem großen Zimmer mit der breiten Couch ergriff Rita wieder das Wort. Sie warf die Kleider von sich, legte sich auf die Kissen und breitete ihre betörende nackte Schönheit vor Cascal aus.
    »Ich bezahle«, sagte sie. »Mach eine Flasche Champagner auf, zwei, drei, zehn Flaschen. Ich will in Champagner baden! Ich will das wildeste Fest meines Lebens feiern! Ich werde verrückt sein, verrückt, verrückt …« Sie schrie, strampelte mit den Beinen und kreischte hysterisch, als Cascal die erste Flasche Champagner entkorkte und den schäumenden Saft über ihren zuckenden Körper schüttete. »Mehr!« schrie sie. »Mehr! Preß eine Wolke voll Champagner aus! Er soll auf mich herunterregnen! Ich will vergessen … vergessen …«
    In dieser Nacht tobte Cascal wie ein Irrer auf dem zuckenden, heißen, dampfenden, vom Sekt süßsäuerlichen Körper Ritas. Was er alles tat, er wußte es nicht … von Sinnen wie Rita, wurde er zum Tier, sah im Nebel seiner Leidenschaft Blut und leckte es auf, hörte Schreien und Stöhnen, spürte, wie Nägel seinen Rücken aufrissen und Zähne sich in seine Brust verbissen, und er tobte weiter, in roten und dann explodierenden Nebeln schwimmend, bis er von dem rasenden Körper rollte und die Besinnung verlor, noch bevor er den Boden berührte.
    Am nächsten Morgen fand Cascal nach längerem Suchen Rita Sabaneta auf dem Balkon. Sie hatte sich vergiftet. Ihre linke Brust war blutverkrustet, Cascal hatte sie im Rausch zerbissen … und mit ihrem eigenen Blut hatte sie, bevor das Gift sie erlöste, mit dem Zeigefinger auf die weißen Steine des Balkons geschrieben:
    Cliff … I love you …
    Sie lag auf der Seite, den leeren Blick hinüber zu den Hügeln von Pico de Tijuca.
    José Cascal schwankte zurück ins Zimmer und betrank sich sinnlos.
    ***
    Die Lähmung wich einem grenzenlosen Staunen. Die Beine und der Unterkörper waren zwar noch gefühllos und hingen an ihm wie zwei sinnlose Würste, aber sein Gehirn begann wieder zu arbeiten. Ich lebe, dachte Cliff. Wie ist das möglich? Die Falltür klappte auf, unter mir warteten viertausend hungrige Piranhas auf mich, ich bin in den Teich
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