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Agenten lieben gefährlichen

Agenten lieben gefährlichen

Titel: Agenten lieben gefährlichen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tränen standen ihm in den Augen, als er dieses Marschgepäck als endgültig bezeichnete. Es wird von Tag zu Tag leichter, tröstete er sich. Aber das Leben wird auch trostloser. Nur immer Bratfisch oder Affenlende mit Rosinensoße, das ist eine Quälerei für einen so begnadeten Koch wie Rafael Palma.
    Nun schlief er, saß mit hängendem Kopf am Feuer und schnarchte laut. Seitlich von ihm, in der Höhe, grunzte Alexander Jesus auf seinem Baum. Und nichts geschah. Kein wildes Tier schlich sich ins Lager und holte sich Palma vom Feuer, keine Riesenschlange erwürgte Guapa auf seinem Baum, kein blutdürstiger Indio schnitt Moco den Kopf ab.
    Die Nacht verging, und da Palma schlief und seine Nachfolger nicht weckte, schliefen sie alle bis in den hellen Morgen hinein. Dann aber fuhren sie hoch, stürzten aus ihren Zelten und hielten die Gewehre schußbereit. Ein gellender Schrei hatte sie aufgejagt. Er wiederholte sich jetzt, und es war Alexander Jesus, der ihn ausstieß. Er schwang sich an den Lianen von seinem Baum und zitterte am ganzen Körper. Wenn Neger wirklich bleich werden können – Guapa war es. Das Schwarz seiner Haut schimmerte graublau. Als er den festen Boden erreichte, begann er herumzutanzen, als hätten ihn tausend Ameisen gebissen. Sein Mund war weit aufgerissen, die weißen Zähne bleckten, und er gab Laute von sich, die wie das Quieken junger Schweine klangen. Um seinen Hals baumelte etwas, mit dem er am Abend bestimmt nicht auf den Baum geklettert war. Dr. Forster und José Cascal erkannten es sofort, und auch Mocos Augen glitzerten gefährlich.
    »Ist er verrückt geworden?« fragte Ellen betroffen.
    »Man könnte es ihm nicht übelnehmen.« Dr. Forster zeigte auf den Gegenstand, der um den Hals des schreienden Alexander Jesus hing: »Ein Schrumpfkopf …«
    »Mein Gott!« Ellen preßte die Finger in Forsters Arm.
    Palma und Moco überwältigten Guapa, der brüllend um sich schlug, als man ihm zu nahe kam. Schaum stand ihm vor dem Mund, vor Angst verdrehte er die Augen. Auf der flachen Hand, so wie man ein Geschenk auf einem silbernen Tablett überreicht, brachte Moco die schreckliche Warnung zu Ellen.
    »Er war einmal ein Weißer«, sagte Moco ruhig. »Wir müssen vorsichtig sein.«
    »Umkehren!« schrie Cascal. Ehrliche Angst stand in seinen Augen. Das hier war nicht geplant, war keine Inszenierung zur Abschreckung … das war echte Wildnis, eine Todesdrohung, die auch ihm galt. »Sofort umkehren! Wir lassen uns mit dem Boot flußabwärts treiben bis in den See. Zelte abbrechen! Alles zurück!«
    »Moment, José!« Ellen sah Dr. Forster an. Auch in seinem Blick lag Entsetzen. »Ist das Ihre Expedition oder meine?«
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr!« rief Cascal. »Als Beauftragter der Regierung befehle ich die Umkehr!«
    »Sie wiederholen sich, José. Ich habe Ihnen schon gestern gesagt, daß hier im Urwald Ihre dumme Staatsgewalt aufhört.«
    »Ist dieser Schrumpfkopf eines Weißen nicht genug? Sollen wir in ein paar Tagen alle so aussehen?« schrie Cascal. »Feuer brannte, eine Wache paßte auf und ein Indio« – er zeigte auf Moco, der noch immer den ekligen Schrumpfkopf auf seinem Handteller hatte – »war bei uns, ein Indio, der sonst die Würmer kriechen hört … und trotzdem ist es einem Wilden gelungen, zu Guapa auf den Baum zu klettern und ihm das fürchterliche Ding um den Hals zu hängen. Wenn das nicht genug ist, weiß ich nicht, was Sie noch abhalten kann, diesen Wahnsinn fortzusetzen! Sollen wir alle wirklich draufgehen?«
    »Ich ziehe weiter!« sagte Ellen ruhig. »Moco? Was meinst du?«
    »Lassen Sie mich allein gehen, Señorita …«
    »Du auch?« Enttäuschung spiegelte sich in Ellens Gesicht. Sie beugte sich über den Kopf und dachte an die Erzählungen, die sich um diese Jagdtrophäen der Kopfjäger rankten. So groß wie eine Kinderfaust, aller Knochen entledigt, ausgetrocknet und gegerbt, aber deutlich als Kopf eines weißen Mannes erkennbar, grinste sie dieser Schädel an. Das Geheimnis und das fürchterliche Schicksal dieses Menschen wehte sie kalt an.
    Wer mochte das gewesen sein? Ein Abenteurer? Ein Orchideensammler? Ein Forscher? Ein Missionar? Ein Jäger? Jedes Jahr verschluckt der Urwald eine Anzahl Weißer, und keiner sieht sie jemals wieder. Niemand sucht sie. Wozu auch? Man findet sie doch nie, und wo soll man mit dem Suchen beginnen? Durch Zufall finden Expeditionen dann Hinweise auf getötete Weiße, oder Indios bringen Erzählungen von den großen
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