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Ärger mit dem Borstenvieh

Ärger mit dem Borstenvieh

Titel: Ärger mit dem Borstenvieh
Autoren: Holgate John
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noch Strohreste sowie andere unaussprechliche Materie. Lizzie, die Kuh, welche auf der Katze gestanden hatte, und noch etliche andere waren trächtig.
    In diesen Tagen bestand für mich das größte Problem darin, die Euter vom Kot zu säubern — eine Beschäftigung, die ich weder vor dem Frühstück noch zu irgendeiner anderen Zeit empfehlen würde. Stahlspäne für die Küche wären dafür das beste, aber ich mußte mich mit einem Lappen, warmem Wasser und Geduld begnügen. Ich hatte inzwischen erfahren, daß Kühe äußerst ungern wunde Zitzen haben und daß sie jederzeit bereit sind, dann ihre Einwände mit Nachdruck mitzuteilen, indem sie einen großen hinten ausschlagenden Huf in jedes gerade zugängliche Körperteil des Melkers plazieren. Mein häufiges Hinken sprach darüber Bände. Im Vergleich zu anderen Tagen verlief dieser Morgen glatt. Um sieben Uhr dreißig waren sie wieder im Hof und fraßen von dem Heu, das in den Raufen bereitlag; die Milch konnte auf die Rampe am Ende des Weges, der zu unserer Farm führte, gebracht werden.
    Die nächste Ungewißheit bezog sich auf Old Lil, unseren Diesel-Kleinlaster. Die ganze Nacht über hatte das Auto draußen in der Kälte verbracht. Glücklicherweise war es süchtig nach der Schnellstartflüssigkeit Quick-Start, und man konnte es damit bestechen. Ein paar Tropfen brachten bereits ein vielversprechendes Husten hervor. Der Motor spuckte und ruckte, aber nach einigen Minuten fiel er in einen gleichmäßigen Rhythmus. Ich lud die Kannen auf und fuhr los.
    Pünktlich traf der Milchwagen der Milchgenossenschaft ratternd ein, und Jock, der stämmige kleine Fahrer, nahm unseren Anteil entgegen. Er ersetzte die vier vollen durch leere Kannen, wagte zu behaupten, daß das Wetter wärmer werden würde und fuhr weiter zur nächsten Abholstelle.
    Wenige Minuten später rollte ich durch unsere Wegeinfahrt, um zu frühstücken. Als ich mich mit großem Hunger an den Küchentisch setzte war es zehn Minuten nach acht.
    Shirley war in einer >Weißt-du-was<-Stimmung.
    »Weißt du, daß an jedem anderen Ort dieser Erde zivilisierte Leute jetzt erst aufstehen?« fragte sie ganz freundlich. »Weißt du außerdem, daß wir neben den Eskimos die einzige Familie sind, die auch zu Hause Mützen mit Ohrenklappen tragen?«
    Nicht nur waren mir diese Dinge unbekannt, sie stimmten außerdem nicht. Denn sie war die einzige in unserer Familie, die Ohrenklappenmützen auch drinnen trug.
    »Jock meint, es wird wärmer«, tröstete ich sie. »Und ich verspreche dir: wenn es uns etwas besser geht, bauen wir hier Zentralheizung ein, und zwar drei Heizkörper pro Zimmer.«
    »Ich glaube dir«, antwortete sie und schnitt dabei eine Grimasse. »Aber es gibt Tausende von Frauen, die dir nicht glauben würden.«

Der Abschied von Alice Capone

    E s wurde jeden Tag offensichtlicher: Frühling bedeutete das Wachsen des neuen Grases. Man konnte die Rinder auf die Weiden hinauslassen, und die Viehmärkte fanden wieder statt. Schon seit einigen Wochen hatten wir Annoncen in den Lokalblättern studiert oder entsprechende Plakate auf Marktplätzen gelesen, die über besondere Viehauktionen informierten.
    Unsere Gegend befaßte sich in erster Linie mit Viehzucht, obgleich wir uns bemühten, unseren Lebensunterhalt durch Milchwirtschaft zu bestreiten. Die einheimischen Bauern kauften junge Kälber, zogen sie zu Einjährigen und manchmal auch etwas älteren Rindern groß und verkauften sie dann an andere Bauern, die besseres Weideland hatten und die Rinder dort bis zum weiteren Verkauf als Mastvieh hielten.
    Der Zeitpunkt war für uns gekommen, Geld zu verdienen. Käufer suchten jetzt nach Rindern, die man auf die Weiden mit dem neuen Gras bringen konnte. All das war uns zwar bekannt, aber die Tiere, die wir zum Kauf anbieten konnten, waren Alice Capone und ihre Bande. Es war fast wie der Verkauf von Familienmitgliedern.
    Sie waren kaum wiederzuerkennen, wenn man sie mit den dünnbeinigen Kreaturen verglich, die der Kalbshändler uns vor zwölf Monaten geliefert hatte. Auf unseren Armen hatten wir sie damals von seinem Laster in die Gehege getragen. In der Zwischenzeit waren sie zu geschmeidigen schwarzweißen friesischen Hereford-Färsen herangewachsen; wir aber waren ihre Freunde geworden. Shirley, die in erster Linie der stürmischen Wucht ihrer >Milchtrinkperiode< ausgesetzt gewesen war, brauchte nur aufzukreuzen: ob sie in ihrem Gehege waren oder draußen auf der Weide, immer kamen sie angelaufen, um
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