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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition)
Autoren: Kwei Quartey
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hilfreich, sich bei der Ermittlung auf Leute wie Socrate, Austin und Botswe zu konzentrieren. Vielleicht ist dieser Mörder einfach bloß ein Irrer, der nachts durch die Straßen von Accra streift. Womöglich bellst du nicht bloß den falschen Baum an, sondern bist im falschen Wald.
    Was sollte er nun tun? Setzten sie die nächtlichen Wachen fort und, wenn ja, wie lange? Solange Lartey mitspielte, dachte Dawson, was wohl nicht mehr allzu lange sein würde. Er fühlte sich niedergeschlagen und ratlos. Konnte es sein, dass er sich mit diesem Fall verhoben hatte? Schließlich hatte er noch nie einen Serienmörder jagen müssen, so selten wie es diese in Ghana gab.
    Botswe tauchte gegen halb fünf in seinem hübschen Infiniti auf, mit dem er in die Garage glitt. Offenbar hatte er Dawson bemerkt, denn einige Minuten später kam Obi heraus und sagte ihm, dass der Doctor ihn empfangen würde.
    Botswe stand am Wohnzimmerfenster und blickte hinaus in den Garten.
    »Guten Tag, Doctor«, sagte Dawson.
    Der Professor drehte sich langsam um. »Inspector.«
    »Wie geht es Ihnen?«
    »So gut, wie man es unter den gegebenen Umständen erwarten kann, schätze ich. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Sie setzten sich beide.
    »Dr. Botswe, ich muss mich bei Ihnen für mein Vorgehen letzte Nacht entschuldigen. Ich möchte Ihnen sagen, wie leid es mir tun. Die ganze Geschichte war ein furchtbarer Patzer meinerseits.«
    »Es war, gelinde gesagt, sehr verstörend.«
    »Ja, dessen bin ich mir bewusst. Wie gesagt, ich möchte mich vielmals entschuldigen.«
    Er nickte. »Entschuldigung angenommen. Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass Sie nur Ihren Job gemacht haben. Interessanterweise musste ich nämlich heute Morgen an Sie denken.«
    »Wie das?«
    »Ich blätterte ein Buch mit ghanaischen Sprichwörtern durch und stieß auf eines, das mir auf Ihre Situation anwendbar erschien. Der Wortlaut war ungefähr: ›Bist du auf einem Weg, der ins Nichts führt, finde einen anderen Weg.‹ Nicht, dass ich Sie entmutigen möchte, aber vielleicht suchen wir den Täter nicht dort, wo wir sollten.«
    Dawson entging nicht, dass er von »wir« sprach. »Da könnten Sie in gewisser Weise recht haben. Aber ich glaube, es ist eher so, dass ich die Botschaft noch nicht begriffen habe, die der Täter mit diesen Morden geben will. Ich denke, wenn ich die entziffere, führt sie mich zu ihm.«
    »Ja. Sofern Sie einverstanden sind, denke ich ein bisschen darüber nach und rufe Sie morgen an, was mir dazu eingefallen ist.«
    »Sehr schön, danke. Übrigens, das Buch mit den Sprichwörtern, das Sie erwähnten, war das zufällig Dreitausendsechshundert ghanaische Sprichwörter ?«
    »Genau. Kennen Sie es?«
    »Ja, mein Bruder Cairo verkauft es in seinem Laden für Kunsthandwerk in Osu.«
    »Es ist ein glänzendes Buch zum Herumstöbern und eine gute Quelle.«
    Dawson stand auf. »Ich danke Ihnen, dass Sie mich so höflich empfangen haben, Dr. Botswe. Ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist.«
    Sie schüttelten einander die Hand, und Botswe begleitete Dawson zur Tür. So viel musste Dawson ihm lassen: Der Mann verfügte über tadellose Manieren.

50
    Daramani war zu Hause und begrüßte Dawson wie einen lange verschollenen Bruder.
    »Ah, Chaley, hab ich dich vermisst! Warum? Warum so lange du kommst nicht zu mir?«
    »Zu beschäftigt. Du weißt ja, wie das ist.«
    »Setz dich, setz dich«, sagte Daramani und schob einigen Krempel beiseite. »Willst du trinken? Ich kann jemand schicken, Malta holen.«
    »Nein danke, Daramani.«
    »Also, wie geht es, mein Bruder? Siehst müde aus.«
    »Bin ich. Ich habe einen schwierigen Fall.«
    »Macht dir den Kopf voll Kummer, eh? Du musst bisschen entspannen. Du rauchst kein Wee mehr, deshalb fühlst du dich unter Strom.«
    »Ach ja?« Dawson grinste, aber sein Herzschlag beschleunigte sich.
    »Ah, aber das weißt du schon selbst.«
    »Und? Kannst du mir helfen?«
    Daramani war gekränkt. »Natürlich kann ich helfen. Bist du nicht mein Bruder, mein Freund? Ja , bist du!«
    Er griff unter seinen Sessel und zog eine kleine Schachtel mit Deckel hervor, die er öffnete. Darin lagen dicke, sauber gerollte Joints.
    »Hier, ich gebe dir den größten«, sagte Daramani glücklich. »Weil ich dich mag wie meinen Bruder.«
    Dawson rang mit sich. Dabei war es bereits zu spät, denn er war hier. Er zog sich Hemd und Unterhemd aus und hängtebeides vor die Tür, damit die Sachen hinterher nicht rochen. Als er mit freiem Oberkörper zurück
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