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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition)
Autoren: Kwei Quartey
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zögernd.
    Wieder verschwand sie und kehrte nach zwei Minuten zurück. »Kommen Sie bitte mit.«
    Dawson begleitete sie aus dem Wohncontainer und zu einer dritten Trailertür. Wieder wartete er, während sie hineinging. Schließlich wurde die Tür geöffnet, und die Rehäugige sagte, Dawson dürfe hereinkommen. Nachdem sie ihm die Tür aufgehalten hatte, ging sie.
    In dem Raum war es sogar noch kälter als in dem vorherigen. An einem der zwei Schreibtische saß ein junger Mann mit Krawatte vor einem Laptop. Er stand auf.
    »Guten Tag, Sir.«
    »Guten Tag. Darko Dawson, CID.«
    »Cuthbert Plange«, stellte sich der Mann vor und schüttelte ihm die Hand. »Ich bin für die Kundenbetreuung zuständig. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    »Danke.« Dawson entschied sich für den Stuhl, der am nächsten stand. »Ich ermittle im Fall eines toten Jungen, der gestern in einem der Agbogbloshie-Kanäle gefunden wurde.«
    »Ewurade.« Cuthbert schüttelte den Kopf und setzte sichwieder. Er hatte volle Lippen und sprach auf eine weichtönende Art, die an ein baumwollgefüttertes Kissen erinnerte. »Wir sind in Agbogbloshie. Hier weiß man nie, was als Nächstes passiert. Wie ist der Junge dort hingekommen?«
    »Das versuchen wir herauszufinden. Von hier aus haben Sie einen guten Blick auf den Tümpel. War am frühen Sonntagmorgen jemand hier?«
    »Nein, keiner, Sir. Wir schließen samstagabends gegen sechs, verriegeln das Tor und machen erst montagmorgens wieder auf. Die Sonntage sind heilig.«
    »Die Kirche gewinnt doch immer«, raunte Dawson.
    »Oh ja«, bestätigte Cuthbert lächelnd. »Waren Sie schon mal in unserer Anlage, Mr. Dawson?«
    »Nein, bisher nicht.«
    Cuthbert stand auf. »Dann kommen Sie mit. Ich führe Sie gern ein bisschen herum. Als Erstes zeige ich Ihnen das Pumpwerk.«
    Nach dem klimatisierten Büro traf sie die Hitze draußen wie ein Keulenschlag. Sie gingen über den Parkbereich nach Osten am zweiten Gebäude vorbei und um eine Ecke herum. Das Pumpensurren und Wasserrauschen wurde lauter, und mit dem Geräuschpegel nahm der Abwassergestank zu. Cuthbert ging voraus zum Sockel der Pumpe. Über ihnen ragte ein Ziegelbau auf, in dem eine riesige Maschine arbeitete, die wie ein gigantischer Korkenzieher aussah.
    »Das ist die sogenannte Archimedische Schnecke!«, erklärte Cuthbert, der bei dem Lärm brüllen musste. »Man denkt vielleicht nicht, dass so eine Kurbel Wasser nach oben pumpen kann, aber sie tut es, und zwar gut zwei Kubikmeter die Sekunde von ganz unten bis ganz nach oben.«
    Sie stiegen auf eine Plattform hinter der Pumpe, von der aus sie einen guten Blick auf die Umgebung hatten.
    »Wo hat man den Jungen gefunden?«, fragte Cuthbert.
    »Das versuche ich gerade zu rekonstruieren.« Dawson runzelte die Stirn. »Ich war gestern auf der Agbogbloshie-Seite des Kanals, und von hier aus sieht alles völlig anders aus.«
    »Dann lassen Sie mich Ihnen auf die Sprünge helfen, Sir.« Cuthbert blickte nach Süden. »Der Abfluss ins Meer unterhalb der Winneba-Brücke ist da drüben. Von dort sind Sie gekommen. Sehen Sie die Mangroveninsel in der Mitte der Lagune?«
    Er drehte sich in die entgegengesetzte Richtung.
    »Der Odaw River kommt von Norden und geht hinter der Abossey Okai Road in den Korle-Kanal über. Wir können von hier nur diesen Teil sehen, weil der Kanal eine Biegung macht. Agbogbloshie, wo Sie gestern waren, ist drüben am anderen Ufer.«
    Dawson sah hinüber auf die weite Landschaft aus Müllbergen und schiefen Bretterbuden, die hinter dem Qualmschleier der Kupferfeuer lag.
    »Manchen ist gar nicht klar, dass wir in Accra einen Fluss haben«, fuhr Cuthbert fort. »Jedenfalls ist der arme Odaw zu einem Teil von Accras offenen Abwasserkanälen geworden. Unrat, Exkremente, Hausmüll, Industrieabfälle – alles, was man sich nur vorstellen kann, wird in den Fluss geschmissen, und der trägt uns den ganzen Dreck hierher.«
    »Nicht schön«, sagte Dawson. »Da schwimmen mindestens, na ja, Millionen Plastikflaschen und -beutel herum.«
    »Von den toxischen Abfällen und Chemikalien ganz zu schweigen. Wir haben zwei Bagger, die so viel wie möglich aus dem Wasser rausholen, aber es ist schwer, mit diesen Müllmengen Schritt zu halten.«
    »Was ist das für ein Damm, der von diesem Ufer zum anderen verläuft?« Dawson zeigte auf eine breite Betonmauer, die sich über die gesamte Breite des Kanals spannte.
    »Das ist der Fänger. Er verhindert, dass fester Müll in die Lagune gelangt. In dem Damm gibt es
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