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Abgehakt

Abgehakt

Titel: Abgehakt
Autoren: authors_sort
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mit seinem Programm „WM Spezial“ angesehen. Ich bin ein großer Comedy-Fan. Leider hatte ich die Sendung am frühen Abend verpasst. Aber es kam ja glücklicherweise eine Wiederholung ab zwei Uhr fünfundvierzig. Als sie um halb vier endete, öffnete ich mein Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Da sah ich die Tote im Hof liegen.«
    »Konnten Sie sofort erkennen, dass sie tot war?«
    »Ich war nicht sicher.«
    »Aber Sie riefen unmittelbar darauf die Polizei an?«
    »Herr Kommissar!« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, schlug langsam die Beine übereinander und blickte Martin an, als hätte er ihr eine dumme Frage gestellt. »Was glauben Sie denn? Sollte ich anrufen und sagen: Im Hof liegt vielleicht eine Tote? Ich mache keine halben Sachen.«
    »Was bedeutet?«
    »Ich ging nach unten, um nachzusehen, ob sie tatsächlich tot ist.«
    »Was Sie dann aus nächster Nähe auch feststellten?«
    »Das war ja nicht weiter schwierig.«
    »Was haben Sie gedacht, was wohl passiert sein könnte?«
    »Ich dachte mir, dass sie ermordet wurde, wegen dem Klebeband und so. Na ja   … jeder bekommt eben das, was er verdient.« Frau Kling klang überheblich, als wäre ein Mord die natürlichste Sache der Welt.
    »Glauben Sie denn, sie hätte es verdient, umgebracht zu werden?« Martin runzelte ungläubig die Stirn.
    Frau Kling zuckte nur die Schultern und schwieg lächelnd.
    »Niemand, aber auch gar niemand, verdient es, umgebracht zu werden! Verstehen Sie, Frau Kling?« Martin merkte, dass er sich auf eine sinnlose Diskussion einließ. Wenn er sich jetzt nicht beruhigte, könnte dieses Gespräch sehr unerfreulich werden. Also, tief durchatmen.
    »Hatten Sie Angst, dass der Mörder vielleicht noch in der Nähe sein könnte?«, versuchte er das Gespräch auf den Fall zurückzulenken.
    »Angst? Nein!« Frau Kling lachte laut auf. »Hören Sie, ich bin eine Frau.«
    Ja, dachte Martin, und was für eine. Da sie nicht weitersprach, fragte er: »Könnten Sie bitte erklären, was so lächerlich daran wäre, als Frau Angst vor einem Mörder zu haben?«
    »Ich dachte mir schon, dass Sie den Zusammenhang nicht verstehen.« Frau Kling lächelte süffisant.
    »Würden Sie dann bitte die Güte haben, ihn zu erklären?« Martin versuchte den aufsteigenden Ärger zu unterdrücken.
    »Jede Frau, die klug genug ist, sollte sich ja wohl durch Selbstverteidigung vor Angreifern schützen können. Meinen Sie nicht?«
    »Das wäre wünschenswert, ist aber wohl eher unrealistisch und in unserem Zusammenhang auch irrelevant.« Bevor Frau Kling etwas erwidern konnte, fuhr Martin fort: »Haben Sie die Tote berührt?«
    »Nein.«
    »Haben Sie jemanden bemerkt?«
    »Nein!«
    »Können Sie uns etwas zu der Person Marita Janz sagen?«
    »Natürlich, ich laufe ja nicht blind durch die Gegend.«
    »Also?«
    »Sie war ein unverschämtes, junges Ding, das sich nur um sich selbst kümmerte.«
    »Sie scheinen sie nicht besonders gemocht zu haben.«
    »Nein.« Frau Kling reckte ihr Kinn ein wenig in die Höhe. »Sie war eine absolut unsympathische Person und überhaupt nicht auf meinem Niveau.«
    »Wie gut kannten Sie sie denn?« Martin bezwang seinen Ärger angesichts der Arroganz seines Gegenübers.
    »Wie man eine Nachbarin eben kennt.«
    »Wie oft haben Sie sie denn gesehen?«
    »Glauben Sie, ich habe das gezählt?« Frau Kling krauste unwillig die Stirn und schüttelte den Kopf.
    »Wohl kaum, aber vielleicht können Sie trotzdem eine Aussage dazu machen.«
    »Mein Gott! Jeden dritten Tag vielleicht.«
    »Und wie kamen Sie zu der Einschätzung, dass sie unverschämt und unsympathisch war?«
    »Na, hören Sie mal. Das sieht man mit ein wenig Menschenkenntnis doch sofort. Wie die immer rumgelaufen ist. Total aufreizend, regelrecht provozierend. Dann grüßte die nur, wenn sie Lust hatte, wartete nicht mit dem Aufzug und hatte eben keinen Respekt vor anderen.«
    »Wissen Sie etwas über ihr Privatleben, ihre Freunde oder Besucher?«
    »Nein.«
    »Vielen Dank, Frau Kling. Das war’s fürs Erste. Wenn wir noch Fragen haben, melden wir uns bei Ihnen.«
    Sie verabschiedete sich mit einem zuvorkommenden Lächeln.
    »Manche sind einfach unglaublich«, kommentierte Paul das Gespräch, dem er stumm gelauscht hatte.
    »Es gibt nichts, was es nicht gibt. Da heißt es nur, immer schön ruhig bleiben, auch wenn’s schwer fällt, denn ich befürchte, dass wir diese Dame nicht zum letzten Mal gesehen haben.«
     
    Die folgenden Befragungen liefen wesentlich angenehmer
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