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Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)

Titel: Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
Autoren: Meik Eichert
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Säuberung von Haut, Haaren und Textil lümmele ich entspannt auf der Sonnenterasse bei einer Tasse Kaffee und lausche der Frauengruppe bei ihrer Diskussionsrunde zu Themen wie Blähungen und Verstopfung. Körperlich fühle ich mich viel besser als gestern, jedoch humpele ich angesichts meiner Blasen wie ein Fußkranker daher, was die Frauen eben dazu veranlasst hat, mir einen Ruhetag zu empfehlen. Sicher ein reizvoller Gedanke, aber ich habe meine Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht, den Weg morgen fortsetzen zu wollen.
     
    Nun, viele Stunden später, der Tag geht langsam zu Ende, bin ich froh, vor lauter Faulheit nicht verfault zu sein. Von den fastenden Damen habe ich mir zwischenzeitlich Löcher in den Bauch fragen lassen. Was die alles wissen wollten! Eine von ihnen hat mir ein Fläschchen Schwedenkräuter zum Behandeln meiner Blasen geschenkt. Sehr nett! Überhaupt sind alle Damen der Gruppe sehr betan um mein Wohlergehen. Wahrscheinlich kommen da die mütterlichen Instinkte zur Geltung.
     
    Obwohl ich der einzige „essende“ Gast im Hause bin, wurde mir von der „Küchenchefin“ ein reichhaltiges Abendessen vorbereitet. Sie und die Dame an der Rezeption sagen, ich strahle eine große Zuversicht aus. Solche Worte tun gut! Und ja, trotz der Störenfriede an meinen Füßen, von denen ich mich keinesfalls klein kriegen lassen will, bin ich sehr positiv gestimmt. Natürlich will ich es nach Santiago schaffen und ich weiß, ich kann es schaffen - wenn ich gesund bleibe.
     
    Die Zeit bis zur einbrechenden Dunkelheit habe ich damit verbracht, in einem Zustand mentaler Glückseligkeit Landschaft und Stille auf mich wirken zu lassen. Während eine erste Wespe mich umschwirrte (ist das nicht viel zu früh??) und zahllose Flugzeuge den blauen Himmel mit Kondensstreifen bemusterten, geriet ich ins Sinnieren über den Klimawandel. Ist wirklich alles so dramatisch, wie es dargestellt wird oder reden wir doch nur von Klimaveränderungen, wie es sie in der Erdgeschichte immer wieder gegeben hat? Holt die Natur zum großen Rundumschlag aus? Ist der Mensch bereit, zugunsten der Natur auf lieb gewonnene Gewohnheiten zu verzichten…? Fragen, viele Fragen, die in diesem Zusammenhang entstehen. Wohl keine, die mir der Jakobsweg beantworten wird.
     
    Dafür ist mir heute klar geworden, dass es die kleinen Dinge sind, die größte Freuden bereiten können. Wann habe ich mich im Alltag schon einmal so über einen Bach gefreut?
     
    Ich glaube, ich werde langsam zum Pilger... .
     
     
     
     
     
     
     

Tag 5, Baasem – Prüm 24,5 km
     
    Der Tag fing mit einem Königsfrühstück vielversprechend an. Sogar ein üppiges Lunchpaket hat man mir vorbereitet. Die erste Überwindung des Morgens bestand darin, in die Schuhe zu steigen. Leicht humpelnd, aber frohgemut habe ich mich auf den Weg begeben. Dabei winkte mir die Frauengruppe überschwänglich aus ihrem Tagungsraum zu und wünschte viel Glück. Kurz darauf tauchte ich in den Wald ein, festen Glaubens an einen schönen Tag. Schon nach 2 km erreichte ich Kronenburg, ein Städtchen, dessen Ursprung über 700 Jahre zurück liegt. Der alte Stadtkern mit seinen engen Gassen, der nach 1277 um die große Burg (heute sind davon nur noch ein paar Ruinenteile übrig), gebaut wurde, ist so schön, dass ich am liebsten gleich dort geblieben wäre. Der Pilger in mir wollte natürlich so früh am Tag weitergehen, also beließ ich es bei einer kurzen Besichtigung.
     
    Ich hätte nicht auf den Pilger hören sollen! Schnell merkte ich, dass mir das Laufen heute große Schwierigkeiten bereiten würde. Dazu war die Strecke sehr anspruchsvoll. Es ging ständig rauf und runter und ich schwitzte wie 5 Finnen zusammen in einer Sauna. Dank Kyrill waren große Teile des Waldes dem Erdboden gleich und somit schattenfrei. Auch da wo die Bäume stehen geblieben sind, hielt sich der landschaftliche Reiz in Grenzen. Eben der Liebreiz, der von einer Monokultur aus Nadelbäumen ausgeht. So sehen es wohl auch die Vögel, von denen hier kaum etwas zu hören war. Zu allem Überfluss war die bisher wirklich gute Markierung des Weges sehr lückenhaft, weshalb ich bestimmt 2-3 Extra-Kilometer gehen musste. Von meiner anfangs guten Stimmung war schon bald nicht mehr viel übrig. Bleischwer die Beine, schleppte ich mich voran und schaffte es auch nicht, meine Füße, die stechende Schmerzsignale versendeten, zu ignorieren. Nach geschätzten 17 km erreichte ich endlich einen schöneren (Laub-)Wald und fand
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