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Abaton

Abaton

Titel: Abaton
Autoren: C Jeltsch
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schwarzen Witwen und die Skorpione. Und jetzt war es vorbei mit der Angst. Denn Linus hatte einen Plan. Eine Mission. Und da konnte er eines ganz gewiss nicht gebrauchen: Angst.
    Als Linus nichts Verdächtiges mehr entdecken konnte, stellte er sich hinter sein Zelt und pinkelte in hohem Bogen ins Gras. Er grinste.
    „Hier kommt die Sintflut, verfluchte Ameisen!“
    [ 1104 ]
    Die sieben Männer waren zu diesem Zeitpunkt schon fast wieder an ihrem Van angekommen. Versteckt stand er am Rande einer Lichtung. Kaum einen Kilometer entfernt vom Lager. Sie verstauten ihre Waffen, der Anführer telefonierte.
    „Kritische Masse!“, meldete er in sein Handy. „In bisher nie dagewesener Stärke.“ Er hatte seine Sturmmaske abgenommen. Das harte, von tiefen Falten und Narben durchzogene Gesicht des Söldners erinnerte jeden, der den Kinofilm mit Clint Eastwood kannte, an »Dirty Harry«. Deshalb wurde er nur Clint genannt. Ihm sollte es recht sein. Was ging die anderen sein wahrer Name an?
    „17!“, sagte er und wartete auf das ungläubige Staunen am anderen Ende der Leitung.
    „Nein, kein Fehler. War auf allen drei Geräten.“ Clint klang ungehalten. Er war es nicht gewohnt, dass man seinen Angaben misstraute.
    „Nein. Es war nicht möglich zu eliminieren. Für diesen Wert reicht die Frequenz der Waffen nicht aus. Außerdem wurden wir gestört.“ Er redete weiter, obwohl die Stimme am anderen Ende der Leitung ihn unterbrechen wollte. Er war es, der diesen Job zu erledigen hatte.
    „Wir werden die Namen feststellen und es in den nächsten Tagen im Camp erledigen. Spätestens am Teufelsberg.“
    Ohne ein weiteres Wort legte er auf.
    [ 1105 ]
    Kurz darauf fuhr der Wagen ohne Scheinwerfer den Feldweg in Richtung Berlin davon. Clint war in Gedanken versunken. Das Messergebnis beschäftigte ihn. Wenn das stimmt. Was für ein Potenzial. 17 ... Schade drum.
    [ 1106 ]
    Linus stand vor seinem Zelt und horchte auf. Ein Motor? Sofort hatte er sein Nachtfernglas in der Hand und erfasste den Wagen. Er war bestens ausgerüstet für dieses Camp. Denn er hatte noch viel vor während der paar Tage im Lager. Deshalb musste er vorsichtig sein, auf jedes Geräusch achten. Er drehte am Schärferad seines Fernglases, bis er den silbernen Van im Fokus hatte und davonfahren sah. Er erkannte die Nummer und diktierte sie als Memo auf sein Handy.
    Als der Wagen aus dem Fokus verschwunden war, kroch Linus wieder in sein Zelt, doch er konnte nicht mehr schlafen. Seine Befürchtungen schienen wahr zu werden. Sie waren tatsächlich gekommen. Sie waren ihm also auf den Fersen. So wie seinen Eltern.
    Linus seufzte tief. Es war etwas anderes, sich wieder und wieder vorzustellen, wie etwas geschehen würde, und sich im Kopf darauf vorzubereiten, als wenn es wirklich geschah. Linus hasste sich in diesem Moment, er hasste, dass er jung war, dass die Angst doch nie ganz verschwand, dass es immer einen Stärkeren zu geben schien. Oder sie kamen gleich zu mehreren. Er atmete tief ein und wieder aus und horchte auf seinen Atem. Das beruhigte ihn. Sein Plan stand felsenfest. Nichts würde ihn erschüttern. Dies war die erste Nacht im Camp. In der dritten und letzten Nacht würde er zu seiner Mission aufbrechen. Die Mission, die ihn zur Wahrheit über seine Eltern führen sollte.
    Linus überzeugte sich davon, dass Edda und Simon, mit denen er das Zelt teilte, tief schliefen. Dann verschloss er das Zelt von innen und schlüpfte wieder in seinen Schlafsack, der zum Glück noch warm war. Er drehte sich mit dem Gesicht zu Edda. Noch einmal knipste er seine Taschenlampe an und streichelte mit dem Rand des Lichtscheins ihr schönes Gesicht, sodass sie nicht geweckt wurde. Und für einen Moment schien sie der Lampenschein an der Nase zu kitzeln. Linus lächelte. Dann löschte er das Licht schnell wieder. Edda ... Verdammt noch mal. Warum musste er einem Mädchen wie ihr ausgerechnet jetzt und hier begegnen? Warum nicht in der Schule? Im Bus? In der Eisdiele, im Kino? Warum in dem Moment, in dem er auf der wichtigsten Mission seines Lebens war? In dem er absolut keine Ablenkung gebrauchen konnte. Gott oder das Schicksal, oder wer auch immer die Fäden in der Hand hielt, musste ein echt böser Komiker sein, dachte Linus. Und er überlegte, ob er Edda vielleicht hätte aus dem Weg gehen können. Er schüttelte den Kopf, als er an ihre erste Begegnung dachte. Nur ein paar Stunden war das her. Nein. Es war unmöglich gewesen ...
    [ 1107 ]
    „Was glotzt’n so?“,
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