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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Autoren: Karl May
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kommen. Ich stellte mich auch ein, vor einer halben Stunde. Aber denken Sie sich mein Pech: Die Mauer war zu hoch!“
    „Das ist allerdings sehr dumm!“
    „Nun sitzt sie drinnen im Gartenhaus, und ich bin draußen. Ich mußte gehen und traf da glücklicherweise auf Sie, denn Sie sind ungewöhnlich lang.“
    „Ah, ich verstehe!“
    „Wenn ich Ihnen auf die Schulter steige, so kann ich ganz gut hinüber. Wollen Sie mir helfen?“
    Der Lord vermutete natürlich sofort, daß es sich nicht um ein Liebesabenteuer, sondern um irgendeine Schurkerei handle, und freute sich außerordentlich, den Schuft hier getroffen zu haben und von ihm zum Vertrauten gewählt worden zu sein. Doch hielt er es für klug, sich dies nicht merken zu lassen, sondern die Einwilligung vielmehr zögernd zu geben. Darum antwortete er: „Hm, etwas Angenehmes ist es nicht.“
    „Wieso?“
    „Ich helfe Ihnen hinüber, und während ich dann auf Sie warten muß, befinden Sie sich da drin im Gartenhaus im siebenten Himmel. Das ist ärgerlich.“
    „Ah, Sie verlangen auch ein Stück Himmel?“
    „Natürlich.“
    „So sehr natürlich ist das nun freilich nicht. Die meinige ist bestellt. Aber sie weiß doch nicht, daß ich Sie mitbringe. Wie kann da noch eine zweite da sein! Übrigens werden Sie ja für das Warten entschädigt. Denken Sie doch an das Trinkgeld, das ich Ihnen versprochen habe!“
    „Ach so! Ja, das ist wahr. Wieviel bieten Sie?“
    „Wieviel verlangen Sie für die Stunde?“
    „Das möchte ich lieber Ihnen überlassen!“
    „Gut. Ich gebe zwei Franken.“
    „Zwei? Donnerwetter, müssen Sie da reich sein! Ich wollte einen halben Franken verlangen.“
    „So sehen Sie also, daß ich sehr gut bezahle. Nun sagen Sie, ob Sie einwilligen.“
    „Ja, natürlich! Zwei Franken! Da mache ich mit. Und wenn Sie mir gar versprechen, daß ich so eine aus dem Harem bekommen soll, da gehe ich durchs Feuer.“
    „Sie sollen bestimmt eine haben, aber für heute ist es nicht möglich. Sie müssen warten bis morgen, da gehen wir zusammen wieder hin.“
    „Einverstanden. Aber nun sagen Sie mir auch, wer und was Sie sind, da Sie es ja von mir wissen.“
    „Das ist eigentlich nicht nötig. Bei Haremsliebschaften gibt es immer Gefahr, und da ist es besser, wenn man sich gar nicht kennt. Übrigens bin ich nicht hier wohnhaft. Ich bin Tourist und nehme dieses kleine Abenteuer mit, um eine Erinnerung an Tunis zu haben. Diese einheimische Kleidung habe ich natürlich nur angelegt, um nicht als Ausländer erkannt zu werden, wenn man mich ertappt und ich also zur Flucht gezwungen sein sollte.“
    „So sind Sie eigentlich wohl ein vornehmer Herr?“
    „Ja. Doch kommen Sie!“
    „Wird die Schöne denn bis jetzt gewartet haben?“
    „Gewiß. Sie hat mir versprochen, eine volle Stunde auf mich zu harren. Aber wie kommen Sie als Franzose dazu, hier auf dem See Bahira Kahnführer zu sein? Das ist doch eigentlich befremdend.“
    „Ganz und gar nicht! Es gibt ja Franzosen hier wie Sand am Meer.“
    „Das ist freilich wahr. Folgen Sie mir!“
    Der Derwisch schritt voran und von der Straße links ab.
    Da lagen die dunklen Massen eines umfangreichen Gebäudes oder vielmehr eines ganzen Komplexes von Häusern, und es fuhr dem Engländer sofort durch den Sinn, ob dies nicht vielleicht der Bardo, die Residenz des Beis von Tunis, sein möge.
    Der Derwisch führte ihn rasch an der tiefen Seitenfläche dieser Gebäude hin und dann eine lange, lange Mauer entlang. Hierauf blieb er stehen, deutete empor und sagte leise:
    „Hier ist die Stelle. Gerade hier liegt hinter der Mauer das Gartenhaus.“
    Der Lord blickte an der Mauer empor und entgegnete:
    „Ja, Sie allein können da nicht hinüber. Wenn Sie aber auf meine Achseln steigen, so ist es leicht.“
    „Dazu habe ich Sie ja mitgenommen.“
    „Jetzt aber sehe ich, daß ich eigentlich nicht zu warten brauche, bis Sie zurückkommen.“
    „Warum nicht?“
    „Die Mauer ist ja gar nicht so hoch, daß Sie mich auch nachher brauchen. Sie können ganz gut herabspringen.“
    „Denken Sie? Ah, das ist köstlich! Hören Sie, guter Freund, mit besonderer Weisheit und Pfiffigkeit sind Sie wohl nicht ausgerüstet?“
    „Was soll das bedeuten?“
    „Nun, es gehört doch gar nicht viel Gehirn dazu, um einzusehen, daß ich Sie brauche, um auch von drüben auf die Mauer kommen zu können.“
    „Ach so! Das ist allerdings wahr.“
    „Also Sie müssen mit hinüber in den Garten, und dazu habe ich ein gutes Mittel bei mir.
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