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5 Auch Geister können sich verlieben

5 Auch Geister können sich verlieben

Titel: 5 Auch Geister können sich verlieben
Autoren: Meg Cabot
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Schule und noch total aufgeregt, und da willst du mich nicht mal begrüßen? Behandelt man so einen guten alten Freund?«

    Sprachlos starrte ich ihn an. Tja, wenn der Mund so trocken ist wie … hm, wie das Lehmsteingebäude vor einem, dann kriegt man eben nichts raus.
    Was hatte der hier zu suchen? Was hatte der bloß hier zu suchen?
    Ich konnte es mir leider nicht leisten, meinem ersten Impuls zu folgen und schreiend davonzurennen. Ein makellos gestyltes Girl, das vor einem siebzehnjährigen männlichen Hottie davonläuft – das hätte die Gerüchteküche zu sehr angeheizt. Ich hatte meine ungewöhnliche Gabe schon so lange vor meinen Mitschülern geheim halten können, da würde ich den Teufel tun, die Bombe ausgerechnet jetzt hochgehen zu lassen, auch wenn ich wirklich – und wahrhaftig! – zu Tode erschrocken war.
    Aber wenn ich schon nicht schreiend davonrennen konnte, so konnte ich doch immerhin wortlos an ihm vorbeirauschen und hoffen, dass er das als Abfuhr interpretierte und nicht als blanke Angst – was es ja wirklich war.
    Keine Ahnung, ob er meine Panik spürte. Zumindest schien es ihm nicht zu gefallen, dass ich mit hoch erhobener Nase an ihm vorbeizischen wollte. Denn plötzlich schoss seine Hand hervor und packte mich wie ein Schraubstock am Oberarm.
    Jetzt hätte ich ihm natürlich eine runterhauen können. Schließlich hatte man mich an meiner alten
Schule in Brooklyn nicht umsonst zum »brutalsten Mädchen aller Zeiten« ernannt.
    Aber ich wollte dieses Jahr ganz friedlich und normal starten – mit Mokka-Mix und meiner neuen schwarzen Caprihose von Club Monaco (zu der ich ein rosa Seidenoberteil trug, das ich im Benetton-Outlet-Store in Pacific Grove zu einem Spottpreis erstanden hatte), und nicht mit einer Schlägerei. Außerdem, was hätten meine Freunde und Mitschüler wohl gedacht, wenn ich plötzlich wie von Sinnen auf den Neuen eingedroschen hätte? Sie liefen nämlich die ganze Zeit um uns herum, warfen mir ab und zu ein »Hi, Suze« oder ein Kompliment für mein supergeiles Outfit zu und hätten damit zwangsläufig alles mitbekommen.
    Im Übrigen war ich davon überzeugt, dass er zurückschlagen würde.
    Schließlich fand ich meine Stimme wieder. Ich konnte nur hoffen, dass ihm das Zittern darin entgehen würde. »Lass mich los.«
    »Suze«, sagte er. Er lächelte immer noch, aber es hatte sich ein unangenehmer, verschlagener Ausdruck eingeschlichen. »Was ist denn los? Du freust dich ja anscheinend gar nicht, mich zu sehen.«
    »Du hast meinen Arm immer noch nicht losgelassen«, erinnerte ich ihn. Ich spürte durch den dünnen Seidenärmel seine eiskalten Finger – offenbar war
er nicht nur unnatürlich kräftig, sondern auch noch komplett kaltblütig.
    Er ließ die Hand sinken.
    »Tut mir echt leid«, sagte er. »Ich meine … dass bei unserem letzten Zusammentreffen alles so … schiefgelaufen ist.«
    Bei unserem letzten Zusammentreffen. Sofort wurde ich im Geiste wieder in den langen Flur zurückkatapultiert, von dem ich so oft in meinen Träumen heimgesucht wurde. Dieser lange Flur mit den vielen Türen, die weiß Gott wohin führten. Der Flur sah so aus, als gehöre er zu einem Hotel oder Bürogebäude … nur dass er eben zu keinem Hotel oder Gebäude dieser Welt gehörte. Er befand sich überhaupt nicht in unserer, dem Menschen bekannten Lebensdimension.
    Dort hatte jedenfalls Paul gestanden, wohl wissend, dass Jesse und ich keine Ahnung hatten, wie wir da wieder rauskommen sollten, und hatte gelacht. Einfach gelacht, als wäre es der irrste Witz der Welt, dass ich bald sterben würde, wenn ich nicht schleunigst aus diesem Universum herausfand, und Jesse für immer auf diesem Flur gefangen wäre. Noch immer klang mir Pauls Gelächter in den Ohren. Er hatte gelacht und gelacht … bis Jesses Faust in sein Gesicht gekracht war.
    Unfassbar, dass er nun hier war. Es war ein völlig normaler Septembermorgen im kalifornischen Carmel.
Was bedeutete, dass ein dicker Nebelschleier über allem hing, der sich aber bald auflösen und einem strahlend sonnigen, wolkenlosen Tag Platz machen würde. Und ich stand im Gewölbegang der Junipero Serra Mission Academy, Auge in Auge mit dem Menschen, der mir seit Wochen nichts anderes als Albträume bescherte.
    Nur dass das hier kein Albtraum war. Ich war hellwach, das wusste ich ganz genau. Ich hätte doch nicht davon geträumt, dass meine Freunde CeeCee und Adam vorbeischlenderten, während ich mit diesem Ungeheuer hierstand, und mir lässig
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