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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Autoren: Karl May
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unserem Deck waren sie noch nicht. Nur ein erfahrener Seewolf findet auf einem fremden Privatdampfer und im Dunkel des Abends die Kapitänskajüte.“
    „Warum aber beobachtest du das?“
    „Weiß es selbst nicht. Kann die Kerls nicht leiden.“
    Landola hatte nicht geahnt, daß der gute Peters einen solchen instinktiven Scharfsinn besitzen könne, sonst hätte er sich anders benommen. Als sie in die Kajüte traten, saß Wagner bei einem Glas Wein. Er empfing sie mit freundlicher Miene und sagte:
    „Noch einmal willkommen an Bord, Señores! Lassen Sie uns zunächst die unlieben Formalitäten beseitigen. Ich habe es Ihnen nicht extra sagen lassen, aber ich denke, daß Sie Ihre Papiere bei sich haben.“
    „Wir haben daran gedacht, Señor Capitano“, meinte Cortejo, indem er die beiden Pässe hervorzog.
    Wagner nahm sie, ging sie durch und gab sie ihm wieder zurück.
    „Eigentlich bin ich angehalten, die Legitimationen unter meinen Verschluß zu nehmen“, sagte er. „Aber ich glaube, heute nicht so penibel sein zu brauchen. Hier nehmen Sie und setzen Sie sich nieder!“
    Die beiden Männer nahmen mit einer Verbeugung Platz. Es entspann sich ein Gespräch, welches, wie es zwischen Leuten, die sich zum erstenmal sehen, herzugehen pflegt, zunächst einen langsamen Schritt hatte, dann aber, als der Koch das Abendmahl schickte und der Wein seine erheiternde Wirkung ausübte, animierter wurde.
    Sowohl Cortejo als auch Landola sehnten den Augenblick herbei, in welchem der Kapitän das Gespräch auf Rodriganda bringen werde. Er kam lange nicht, aber endlich doch.
    „Sie sagten, als ich Sie empfing, Don Antonio, daß Sie der Sachwalter des Grafen Rodriganda seien“, begann Wagner. „Habe ich so recht verstanden?“
    „Sie haben richtig verstanden, Señor“, antwortete der Gefragte.
    „Sie kennen also die Familie des Grafen Rodriganda?“
    „Sehr gut.“
    „Ich habe Veranlassung, einiges Interesse an dieser Familie zu nehmen. Können Sie mir sagen, aus welchen Gliedern dieselbe jetzt besteht?“
    „Ich gebe Ihnen mit großem Vergnügen Auskunft. Es sind heute leider nur noch zwei Glieder zu nennen.“
    „Ah! Nicht mehr?“
    „Nein, wie ich mit ‚leider‘ bemerkte.“
    „Wer sind diese Glieder?“
    „Graf Alfonzo, welcher sich jetzt in Madrid aufhält, und Komteß Rosa, welche in Deutschland lebt.“
    „In Deutschland? Wo da?“
    „Auf Schloß Rheinswalden bei Mainz.“
    „Wie kommt es, daß sie nach Deutschland gegangen ist?“
    „Sie ist einer Liebe dorthin gefolgt.“
    „Ah! Sie ist dort verheiratet?“
    „Ja.“
    „Mit wem?“
    „Mit einem Arzt namens Sternau.“
    „Eine Mesalliance also.“
    Cortejo zuckte die Achsel.
    „Hm, es fragt sich, was man unter Mesalliance versteht. Die Kenntnisse und der Ruf dieses Arztes wiegen einen Fürstentitel auf.“
    „So kennen Sie diesen Sternau?“ fragte Wagner erfreut.
    „Ja.“
    „Ich habe von ihm gehört. Können Sie ihn mir beschreiben?“
    „Gewiß. Er ist ein langer, breiter, athletisch gebauter, aber schöner Mann, ein wahrer Riese. Aber er besitzt das Herz und Gemüt eines Kindes.“
    „Das stimmt. Wo lernten Sie ihn kennen?“
    „In Rodriganda.“
    „Er war dort?“
    „Ja. Er operierte den Grafen Emanuel von einem ebenso schweren wie schmerzhaften Leiden.“
    „So lernte er wohl damals die Komteß kennen?“
    „Ja.“
    „Und auch Sie kannten den Grafen Emanuel?“
    „Schon seit längerer Zeit.“
    „Ich denke, sein Sachwalter war damals ein gewisser Cortejo?“
    Cortejo zog eine Miene, als ob er einen sehr verhaßten oder verachteten Namen gehört habe und antwortete:
    „Ja, Cortejo hatte die laufenden Geschäfte zu besorgen, die Kleinigkeiten, sozusagen. Bei wichtigeren Veranlassungen aber hatte ich die Ehre, den Grafen bei mir in Barcelona zu empfangen.“
    „Ach so also! Sie kannten Cortejo ganz genau?“
    „Sehr genau, genauer als mir lieb war und ist.“
    „Das klingt ja recht unsympathisch!“
    „Soll es auch sein.“
    „Sie hatten ihn nicht lieb?“
    „Ganz und gar nicht. Ich will nicht sagen, daß ich ihn haßte, aber ich verachtete ihn.“
    „Warum?“
    „Warum? Lassen sich Gefühle erklären?“
    „Wohl schwerlich; aber Veranlassungen gibt es doch.“
    „Das war hier allerdings der Fall. Ich hielt und halte diesen Cortejo für jede Schandtat fähig.“
    Der Kapitän nickte.
    „Das habe ich auch gehört“, sagte er.
    „Wirklich? Wo?“
    „Das erzähle ich Ihnen später. Erlauben Sie mir vorher erst noch einige
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